Mal Geschichte, mal Orientierung

Warum es in ganz Deutschland Straßennamen aus der Pfalz gibt

Stand

Von Autor/in Jürgen Rademacher

Dass es in Kaiserslautern eine Pirmasenser Straße gibt, erscheint logisch: Beide Städte liegen eng beieinander. Aber warum auch in Berlin, München oder Stuttgart?

Die meisten Straßen in Deutschland, die pfälzische Namen tragen, wurden in den 50er und 60er Jahren so benannt. Das hat zwei Gründe: Erstens den Bauboom damals - überall entstanden neue Stadtviertel, die Straßen dort brauchten Namen. Also schauten die Stadtväter und -mütter auf Landkarten und wählten Namen aus der Pfalz. Nicht nur, aber häufig.

Deshalb finden sich in vielen Städten gleich mehrere Pfälzer Straßennamen in einem Viertel: In Nürnberg sind zum Beispiel die Pirmasenser Straße, die Annweilerstraße, die Germersheimer und die Deidesheimer Straße in einem Stadtbezirk - alle wurden 1957 benannt.

Straßennamen aus der Westpfalz sind nach dem Krieg unverfänglich

Ein zweiter Grund für Straßennamen aus der Pfalz: Nach dem Ende des Dritten Reichs gab es in vielen Städten Straßen, die nach Menschen benannt waren, an die man lieber nicht mehr erinnern wollte. Also suchte man unverfänglichere Namen - und fand Städte. So wurde in Nürnberg zum Beispiel aus der Papestraße die Kaiserslauterer Straße und aus der Rickmersstraße die Zweibrücker Straße.

Manche Benennungen sind aber noch älter: Im Berliner Bezirk Spandau gab es eine "Straße E". Das war den Verantwortlichen schon 1928 zu einfallslos, deshalb wurde sie am 3. Oktober des Jahres in Pirmasenser Straße umbenannt. Warum es Pirmasens wurde, kann der Bezirksstadtrat von Spandau heute nicht mehr nachvollziehen.

Apropos Berlin - dort gibt es auch einen Darsteiner Weg. Eine Straße in der Hauptstadt, benannt nach einem 200-Seelen-Dorf in der Südwestpfalz? Ja - und das hat einen geschichtlichen Hintergrund. Bei den (damals noch freien) Reichstagswahlen 1930 erreichte die NSDAP 100 Prozent der Stimmen. Es war damit die erste Kommune im Deutschen Reich, die komplett für Hitler stimmte. Darstein wurden 1936 zum "Ehrenmitglied" der NSDAP ernannt - und der Berliner Magistrat benannte eine rund 200 Meter lange Straße nach dem Ort. Und so heißt sie bis heute.

Meistens mehrere pfälzische Straßennamen in einem Stadtteil

In Frankfurt am Main gibt es den Grundsatz, sogenannte Namensgebiete zu bilden, wenn man neue Straßen benennt. Das erleichtert die Orientierung, sagt die Stadtverwaltung. Deshalb gibt es seit 1994 im Stadtteil Schwanheim nicht nur eine Pirmasenser Straße, sondern gleich 19 Straßen, die nach Städten aus dem Rheingau, Rheinhessen, der Pfalz und der Eifel benannt wurden.

Ähnlich verhält es sich in Stuttgart. Dort beschloss der Gemeinderat schon 1922, dass sogenannte Namensgruppen für die verschiedenen Stadtteile gebildet werden. Im Stadtteil Weilimdorf gibt es seit den 30er-Jahren deshalb eine Pirmasenser, eine Zweibrücker und eine Kaiserslauterer Straße. 1957 kam als Nachzügler noch die Landstuhler Straße hinzu.

Auch in Köln und Karlsruhe finden sich viele pfläzische Straßennamen

Auch in Köln und Karlsruhe hat man die pfälzischen Straßennamen in einzelnen Vierteln konzentriert: Im Kölner Stadtteil Bilderstöckchen findet man also eine Kaiserslauterer, Zweibrücker und auch eine Kuseler Straße - neben vielen anderen Straßennamen aus Rheinland-Pfalz.

In Karlsruhe gibt es eine Dahner, eine Pirmasenser und eine Kaiserslauterer Straße. Eine Ausnahme bildet die Zweibrücker Straße: Die wurde 1972 nicht nach der Stadt benannt, sondern nach den Herren von Zweibrücken. Ihnen gehörte von 1262 bis 1281 der halbe Anteil am heutigen Stadtteil Hohenwettersbach.

In München spielt Geschichte eine Rolle

Geschichtliche Hintergründe hat auch die Straßenbenennung in München. Die Pirmasenser Straße wurde dort 1973 so benannt, weil die Stadt bis 1945 bayerisch war. Nur die Donnersbergerstraße ist nicht nach dem höchsten Punkt der Pfalz benannt, sondern nach der Münchener Patrizierfamilie Donnersberger. Deren berühmtester Vertreter Joachim Freiherr von Donnersberger war von 1599 bis 1650 Oberstkanzler des bayerischen Kurfürsten Maximilian des Ersten. Der ist übrigens auch der Grund dafür, dass es in der oberbayerischen Gemeinde Igling eine Donnersberger Straße gibt - schließlich hat er dort 1620 das Schloss bauen lassen.

Besonderheit in Halle/Saale: Ehrung für Kaiserslautern

Eine ganz besondere Geschichte hat die Stadt Halle/Saale vorzuweisen. Nach dem Bau der Mauer 1961 hatte sich eine "Vereinigung der Exil-Hallenser" gegründet - also Menschen, die aus Halle in der damaligen DDR in den Westen geflüchtet waren. Diese Vereinigung hatte bis 1991 ihren Sitz in Kaiserslautern. Um das zu würdigen, beschloss man in Halle 1996, eine Kaiserslauterer Straße einzurichten. Übrigens - damals gab es in Halle eine große Diskussion, ob es nicht eher "Kaiserslauterner Straße" (also mit "n") heißen sollte. Die Stadt berief sich daraufhin auf den Duden und den ADAC-Reiseführer - seitdem heißt sie richtigerweise Kaiserslauterer Straße ohne "n".

Und auch in Saalfeld in Thüringen gibt es eine Pirmasenser Straße - völlig allein gelassen von anderen Straßen mit Städtenamen aus der Westpfalz. Drumherum ist nämlich eher das Komponistenviertel mit Namen wie Bruckner oder Mozart. Nach Auskunft der Stadtverwaltung wurde die Pirmasenser Straße 1940 so benannt, weil damals wegen des zweiten Weltkrieges viele Menschen aus Pirmasens nach Saalfeld evakuiert wurden.

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