
Parlamentswahl in Kanada Abstimmung im Schatten Trumps
Kanada, das zweitgrößte Land der Erde, stimmt über sein Parlament ab. Der Wahlkampf stand ganz im Zeichen der Attacken von US-Präsident Trump. Für die kanadischen Liberalen sorgte das für Aufwind.
Den letzten Tag vor der Wahl haben sich Kanadas Spitzenkandidaten sicherlich anders vorgestellt. Nachdem ein Mann in Vancouver mit seinem SUV in die Menge auf einem philippinischen Straßenfest gerast war, sitzt der Schock im Land tief. Elf Menschen wurden dabei getötet, viele liegen immer noch schwer verletzt im Krankenhaus.
Premierminister Mark Carney richtet sich an die betroffenen Familien. Diese erlebten gerade den Alptraum aller Familien. "Ihnen allen und der philippinischen Community möchte ich mein tiefstes Beileid aussprechen."
Carney in Umfragen knapp vor Poilievre
Einige der letzten Wahlkampftermine haben sich verschoben, andere wurden ganz abgesagt. Aber nicht alle. Der konservative Spitzenkandidat Piere Poilievre von den Konservativen tritt nochmal vor tausenden Anhängern in Oakville Ontario auf.
Er kämpft nach fast zehn Jahren liberaler Regierung für einen Machtwechsel in Kanada und liegt in den Umfragen nur ein paar Prozentpunkte hinter Mark Carney: "Wer wählt Veränderung für Kanada? Wer wählt zur Abwechslung mal bezahlbare Wohnungen und Essen? Wer wählt sichere Straßen?"
Trump beflügelt die Liberalen
Tatsächlich lag Piere Poilivre mit seinen Themen noch bis Januar sehr weit vorne. Über 20 Prozentpunkte Vorsprung hatte er vor Justin Trudeau. Doch dann kam Donald Trump ins Amt und veränderte alles. Thema Nummer eins wurden Trumps Strafzölle auf kanadische Exporte in die USA und seine Annexionsdrohung, Kanada zum 51. US-Bundesstaat zu machen.
"Wir sind besorgt über das, was in den USA passiert. Es ist offensichtlich, dass wir jemanden brauchen, der damit richtig umgehen kann", erklärt ein Wähler in Kanadas Hauptstadt Ottawa. Er glaubt, dass es nur einen Kandidaten gibt, der Trump mit solidem Know-How die Stirn bieten kann: der liberale Spitzenkandidat Mark Carney.
So sehen das auch viele andere Kanadier. Sie setzen auf die Wirtschaftskompetenz des ehemaligen Zentralbankchefs, der den zurückgetretenen Justin Trudeau erst vor kurzem ersetzt hat und immer wieder ruhig und sachlich seine Strategie erklärt: "Das werden schwierige Verhandlungen, und deshalb müssen wir Kanada jetzt stark machen, um eine bessere Verhandlungsposition zu haben. Wir können uns selbst mehr geben, als die Amerikaner uns nehmen können."
Einige wünschen sich weniger USA im Wahlkampf
Es gibt aber auch Wählerinnen, die skeptisch sind. Sie hätten sich im Wahlkampf einen größeren Fokus auf die Probleme im eigenen Land gewünscht, erzählt eine: "Ich finde, dass die Konservativen und die Liberalen sich hinter dem, was in den Staaten passiert, verstecken und die eigentlichen Probleme nicht mehr ansprechen."
Knapp 30 Millionen wahlberechtigte Kanadierinnen und Kanadier sind aufgerufen, ihre Stimme abzugeben und ein neues Parlament zu wählen. Wer der nächste Premierminister Kanadas wird, steht erst am Dienstagmorgen deutscher Zeit fest.