Ein Rettungswagen steht an dem Ort, wo zwei Mitarbeiter der israelischen Botschaft in Washington erschossen wurden.

Schüsse in Washington Einer der Getöteten hatte auch deutschen Pass

Stand: 22.05.2025 12:52 Uhr

Bei einem Attentat auf Mitarbeiter der israelischen Botschaft in den USA ist ein Mann getötet worden, der auch den deutschen Pass hatte. Das FBI untersucht ein Hass-Verbrechen. Die Tat sorgt für Entsetzen.

Einer der in Washington getöteten israelischen Botschaftsmitarbeiter hatte neben der israelischen auch die deutsche Staatsangehörigkeit. Das berichten Medien unter Berufung auf deutsche Diplomatenkreise.

In Bayern geboren und aufgewachsen

Nach Angaben der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) handelt es sich bei dem Erschossenen um Yaron Lischinsky, der in Bayern geboren und dort aufgewachsen war. Er sei zudem Gründungsmitglied des Jugendforums der DIG gewesen und habe sich für den Austausch zwischen jungen Israelis und Deutschen eingesetzt, teilte DIG-Präsident Volker Beck mit. Lischinsky habe fließend Deutsch gesprochen.

"Wir erinnern an ihn als aufgeschlossenen, klugen und tief engagierten Menschen, dessen Interesse an den deutsch-israelischen Beziehungen und an Wegen zu friedlicher Koexistenz im Nahen Osten auf sein gesamtes Umfeld ausstrahlte", so Beck. Er sei "tief erschüttert über diesen antisemitischen Doppelmord."

Frau war Amerikanerin

Beim zweiten Opfer, einer Frau namens Sarah Lynn Milgrim, handelt es sich nach Angaben des früheren Botschafters Israels in den USA, Mike Herzog, um eine Amerikanerin. Wie Medien berichten, waren sie und Lischinsky ein Paar.

Am Mittwochabend waren die beiden Mitarbeiter der israelischen Botschaft in Washington in der Nähe des Jüdischen Museums in der US-Hauptstadt erschossen worden. Sie hätten gerade eine Veranstaltung im Jüdischen Museum verlassen, als ein Mann sich genähert und das Feuer eröffnet habe.

"Die beiden waren ein Liebespaar, das demnächst heiraten wollte", Torben Börgers, ARD Washington, zu getöteten Mitarbeitern der israelischen Botschaft in Washington

tagesschau24, 22.05.2025 09:00 Uhr

Trump und Rubio gehen von antisemitischem Hintergrund aus

Ein 30-jähriger Verdächtiger aus Chicago wurde gefasst. Er sei beobachtet worden, wie er vor dem Schussangriff vor dem Museum umherlief und dieses auch nach den Schüssen betreten wollte. Dort sei er vom Sicherheitspersonal des Museums festgehalten worden. Nach der Festnahme soll er den pro-palästinensischen Slogan "Free Palestine" skandiert haben. Wie Medien unter Berufung auf die Hilfsorganisation IsraAID berichten, soll es bei der Veranstaltung im Jüdischen Museum unter anderem um Möglichkeiten zur Ausweitung der humanitären Hilfe für Gaza gegangen sein.

Die Bundespolizei FBI untersucht den Fall als ein mögliches Hass-Verbrechen. Sowohl US-Präsident Donald Trump als auch Außenminister Marco Rubio schrieben in sozialen Medien von einem antisemitischen Hintergrund. "Diese schrecklichen Tötungen in Washington, die offensichtlich auf Antisemitismus beruhen, müssen aufhören, jetzt!", schrieb Trump auf der Online-Plattform Truth Social. Hass und Radikalismus hätten in den USA keinen Platz.

Der Leiter des American Jewish Committee (AJC), Ted Deutch, zeigte sich erschüttert über den Doppelmord. "Dies ist ein schockierender Akt der Gewalt, und unsere Gemeinschaft rückt heute Nacht enger zusammen", so Deutch. Er forderte, den Abschluss der polizeilichen Ermittlungen abzuwarten. Es deute aber vieles darauf hin, "dass es sich um einen von Hass gegen das jüdische Volk und den jüdischen Staat motivierten Angriff handelt".

Sicherheit für israelische Vertretungen wird verstärkt

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zeigte sich entsetzt über den Vorfall. Er sei "schockiert" von der "grausamen, antisemitischen" Tat, teilte Netanjahus Büro mit. "Wir erleben den schrecklichen Preis von Antisemitismus und wilder Hetze gegen Israel", wurde der Regierungschef zitiert. Er habe die israelischen Vertretungen weltweit aufgefordert, ihre Sicherheitsmaßnahmen zu verschärfen.

Auch Israels Staatspräsident Izchak Herzog reagierte schockiert und sprach von einem "verabscheuungswürdigen Akt des Hasses, des Antisemitismus". "Amerika und Israel werden in der Verteidigung unseres Volkes und unserer gemeinsamen Werte zusammenstehen. Terror und Hass werden uns nicht brechen", so Herzog.

Außenminister Gideon Saar machte europäische Länder für die Tat mitverantwortlich. "Es gibt eine direkte Verbindung zwischen antisemitischer und antiisraelischer Aufstachelung und diesem Mord", sagte er bei einer Pressekonferenz. Diese "Aufwiegelung" komme auch von Verantwortlichen vieler Länder und internationaler Organisationen, insbesondere aus Europa, so Saar.

Wegen Israels neuer Offensive im Gazastreifen sowie der fast dreimonatigen Blockade von Hilfslieferungen für das Gebiet gab es zuletzt viel internationale Kritik an dem Land.

Reaktionen aus Europa

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron verurteilte den "antisemitischen Anschlag" und sprach seinem Amtskollegen Herzog und den Angehörigen der Opfer sein Mitgefühl aus. Außenminister Jean-Noël Barrot sprach von einem "schrecklichen Akt antisemitischer Barbarei". 

Der französische Innenminister Bruno Retailleau ordnete eine verschärfte Überwachung jüdischer Stätten an. Die Sicherheit von Synagogen, Schulen, Geschäften, aber auch von Medien und kulturellen Veranstaltungen der jüdischen Gemeinde solle verstärkt werden. Daran werde auch die Anti-Terror-Einheit Opération Sentinelle der Armee beteiligt.

EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas äußerte sich schockiert: "Es gibt und es sollte in unseren Gesellschaften keinen Platz für Hass, Extremismus oder Antisemitismus geben", erklärte sie auf X.

Bundeskanzler Friedrich Merz zeigte sich ebenfalls bestürzt. "Derzeit müssen wir von einem antisemitischen Motiv ausgehen", schrieb der CDU-Politiker auf X. "Diese abscheuliche Tat verurteile ich auf das Schärfste."

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sagte der Nachrichtenagentur dpa: "Die Morde von Washington zerreißen mir das Herz." Er komme gerade aus Israel, wo Vertreter jüdischer Organisationen aus aller Welt davon berichtet hätten, wie stark sich Hass gegen Juden und Israel ausbreiteten. "Nur einen Tag später wird das auf tragischste Weise bestätigt", meinte Schuster. In Gedanken sei er bei den Familien der Opfer.

Samuel Jackisch, ARD Washington, tagesschau, 22.05.2025 06:48 Uhr