Studenten auf dem Harvard-Campus

Trump gegen Harvard Der Kampf um die Hoheit im Hörsaal

Stand: 24.05.2025 08:20 Uhr

Der Verbannung ausländischer Studenten aus Harvard war für die Betroffenen ein Schock. Was steckt hinter dem Angriff von US-Präsident Trump und welche Folgen hat er?

Mitten in den Semesterferien steht das Handy von Harvard-Student Michael Gritzbach plötzlich nicht mehr still. Er absolviert einen Master of Public Administrations und ist Mitglied im Studentenparlament der Harvard Kennedy School.

Die plötzliche Nachricht über das drohende Aus für ausländische Studenten, sagt er ihm Interview mit der ARD, mache ihn und seine Kommilitonen fassungslos: "Wir haben unser Leben lang gekämpft, hier sein zu können", sagt er. "Wir haben jeden Dollar gespart, Stipendien besorgt, unsere Familien entwurzelt. Und jetzt dürfen wir entweder nicht mehr kommen, müssen nach der Hälfte abbrechen oder ein 'Studium light' weitermachen." Das sei eine "schockierende Situation".

Trump geht es um Einfluss und Geld

Die Regierung von US-Präsident Donald Trump führt einen Kulturkampf. Nicht nur um die Deutungshoheit in den Hörsälen der USA, sondern auch um politische Beliebtheit bei Wählerschichten, für die das Studieren an einer Elite-Uni selbst nie erreichbar war.

Das Argument, in dieser Auseinandersetzung gehe es um den Kampf gegen Antisemitismus und die Sicherheit jüdischer Studenten, etwa bei Campus-Protesten gegen den Krieg in Gaza, hält Masterstudent Gritzbach für vorgeschoben. "Es bringt doch nichts, wenn man behauptet, man möchte israelische Studenten schützen - und dann schmeißt man sie aus dem Land. Das ist irrsinnig." Gritzbach spricht von einem Exempel, auch für die anderen Universitäten: "Beugt euch, schaut was hier passiert, und wenn ihr euch nicht daran haltet, seid ihr die Nächsten."

Dass der Streit um das Aufenthaltsrecht lediglich ein Stellvertreterkampf ist, gibt auch Trump freimütig zu. Ihm gehe es um Einfluss und Geld, stellt er am Freitagabend bei einem Pressetermin in Washington klar. Die USA zahlten Milliarden über Milliarden an Unis wie Harvard, so der US-Präsident in Anspielung auf Fördermittel, Stipendien und großzügige Steuervergünstigungen. Im Gegenzug solle sich Harvard verändern.

Strafe für Harvard betrifft die gesamten USA

Der Kollateralschaden am Wissenschaftsstandort USA, der im Wettlauf mit China ohnehin immer mehr Boden verliert, ist bereits sichtbar. Die Hong Kong University of Science and Technology zum Beispiel bietet allen, die in Harvard nicht weiterstudieren können, einen nahtlosen Wechsel an.

Die USA verspielten damit eine wichtige Ressource, warnt Ryan Enos, Politikwissenschaftler in Harvard, im Interview mit CNN: "Das ist ein unglaublicher Segen, den kein anderes Land hat." Die klügsten Köpfe der Welt kämen in die USA nicht nur zum Studieren, viele blieben anschließend im Land. Diese Strafe für Harvard betreffe deshalb die gesamten Vereinigten Staaten, denen dieses Kapital nun genommen werde.

Noch schützen die Gerichte in den USA die Freiheit der Universitäten, auch ausländische Studierende ins Land zu holen. Ob sich die Regierung Trump an diese Gerichtsurteile auch in der Praxis hält, werden die Studierenden erst bei ihrer nächsten Einreise erfahren. Im September, wenn das nächste Semester beginnt.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 24. Mai 2025 um 04:56 Uhr.