Han Duck Soo verlässt eine Pressekonferenz, auf der er seinen Rücktritt als Präsident Südkoreas bekanntgab

Vor Neuwahl Südkoreas Übergangspräsident Han tritt zurück

Stand: 01.05.2025 16:41 Uhr

Anfang Juni steht in Südkorea die vorgezogene Wahl eines neuen Staatsoberhauptes an. Mit seinem Rücktritt dürfte sich Übergangspräsident Han für die Abstimmung in Stellung bringen. Oppositionsführer Lee droht derweil ein Ausschluss.

Einen Monat vor der Präsidentenwahl in Südkorea ist Übergangspräsident Han Duck Soo von seinem Amt zurückgetreten. Damit übernimmt nun Finanzminister Choi Sang Mok für die kommenden Wochen die Amtsgeschäfte. 

Wie der 75-jährige Han bei einer live im Fernsehen übertragenen Rede mitteilte, möchte er in Zukunft eine "noch größere Verantwortung übernehmen". In südkoreanischen Medien wird dies als Andeutung interpretiert, dass er bei den Neuwahlen als Präsidentschaftskandidat antreten könnte. Han hat dies noch nicht direkt bestätigt. 

Der langjährige Politiker hat in seiner Laufbahn sowohl unter konservativen als auch linksliberalen Präsidenten als Minister gedient. Zwischenzeitlich war er auch als Diplomat tätig, unter anderem als Botschafter in den USA.

Oppositionsführer könnte von Wahl ausgeschlossen werden

Die Wahl eines neuen Staatsoberhauptes soll am 3. Juni stattfinden. In den Umfragen führte zuletzt Oppositionsführer Lee Jae Myung, der bereits zum zweiten Mal als Präsidentschaftskandidat antritt. Ihm droht jedoch der Ausschluss von der vorgezogenen Abstimmung, da der Oberste Gerichtshof seine Eignung für das höchste Staatsamt infrage stellt.

Das Gericht befand, dass Lee 2022 mit "falschen Aussagen" die Wählerschaft in die Irre geführt und somit gegen Wahlgesetze verstoßen habe. Die Richter gelangten damit zu einer anderen Auffassung als eine niedere Instanz, die Lee von den Vorwürfen freigesprochen hatte. Der Fall wurde zurück an ein Berufungsgericht verwiesen, das nun entscheiden muss, ob Lee von der Wahl am 03. Juni disqualifiziert wird.

Lee hat die Vorwürfe zurückgewiesen. Er erklärte, dass er nicht mit dieser Entscheidung des Obersten Gerichts gerechnet habe. Er bleibe aber zuversichtlich.

Irreversibler Schaden für Demokratische Partei?

Ob das Berufungsgericht noch vor der Wahl ein Urteil fällt, ist unklar. Doch so oder so dürfte der Fall nach Auffassung von Beobachtern Lee schaden. Der Politikwissenschaftler Shin Yul sprach von einem Schlag für Lee und dessen liberal ausgerichtete Demokratische Partei. "Das Berufungsgericht wird entscheiden, ob er für ein Amt kandidieren darf oder nicht, aber das Oberste Gericht hat ihn im Grunde für schuldig befunden. Moderate Wähler, zehn Prozent der Gesamtzahl, werden von dieser Nachricht beeinflusst werden", sagte er.

Sollte das Berufungsgericht ein Schuldurteil im Einklang mit der Entscheidung des Obersten Gerichts fällen, würde Lee für mindestens fünf Jahre von Wahlen ausgeschlossen. Die Entscheidung könnte auch die Gräben in der südkoreanischen Gesellschaft weiter aufreißen. Für viele Südkoreaner ist Lee, der im Januar 2024 einen Anschlag überlebte, eine Art Hoffnungsträger.

Ex-Präsident Yoon Suk Yeol droht lebenslange Haftstrafe

Das Land steckt seit Monaten in einer tiefen politischen Krise, nachdem Yoon Suk Yeol als Präsident des Amtes enthoben wurde, weil er kurzzeitig im Dezember das Kriegsrecht ausgerufen hatte. Der 64-Jährige wurde in dem Zusammenhang wegen Amtsmissbrauchs angeklagt. Zudem muss er sich wegen des Vorwurfs des Hochverrats strafrechtlich verantworten. Im Falle eines Schuldspruchs droht Yoon eine lebenslange Haftstrafe, theoretisch wäre auch die Todesstrafe möglich.

Der konservative Politiker hatte das Kriegsrecht im Zuge eines Haushaltsstreits mit der Opposition ausgerufen und dies unter anderem damit begründet, dass die linke Opposition von kommunistischen und staatsfeindlichen Kräften unterwandert sei. Beweise für diese Anschuldigungen legte Yoon nicht vor. 

Laut Aussagen mehrerer Militärs hatte Yoon im Zuge seines Kriegsrechtsdekrets angeordnet, die Abgeordneten der Nationalversammlung mit Hilfe des Militärs davon abzuhalten, das Kriegsrecht per Abstimmung für ungültig zu erklären. Anfang April wurde Yoon endgültig vom Verfassungsgericht des Amtes enthoben.

Die von ihm ausgelöste Staatskrise hat das Wirtschaftswachstum des Landes deutlich abgebremst und auch internationale Investoren stark verunsichert. 

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 01. Mai 2025 um 18:00 Uhr.