Ausgebrannte Autos sind in Ashrafiyat Sahnaya im syrischen Gouvernement Rif Dimashq zu sehen

Neue Angriffe auf Drusen Zahlreiche Tote bei Gewalt in Syrien

Stand: 01.05.2025 17:43 Uhr

Seit Tagen gibt es in Syrien Gefechte zwischen sunnitischen Milizen und Drusen. Mindestens 100 Menschen wurden dabei getötet. Ein Anführer der drusischen Minderheit spricht von Völkermord.

Angesichts von Gefechten zwischen regierungsnahen Truppen und drusischen Kämpfern in Syrien hat der religiöse Anführer der syrischen Drusen die internationale Gemeinschaft zum Eingreifen aufgefordert. In einer Stellungnahme sprach Hikamt al-Hidschri von "Massakern als Werkzeugen des Terrors" und einer "Völkermordkampagne". Diese sei "durch nichts zu rechtfertigen". Eine Regierung dürfe ihr eigenes Volk nicht mit ideologisch motivierten Milizen bekämpfen, so al-Hidschri.

In Syrien kommt es seit Tagen zu tödlichen Auseinandersetzungen. Dabei wurden an verschiedenen Orten nach Angaben der in Großbritannien ansässigen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mehr als 100 Personen getötet.

Die Kämpfe hatten in der Nacht zum Dienstag im Damaszener Vorort Dscharamana begonnen. Auslöser war eine Tonaufnahme, in der der Prophet Mohammed beleidigt worden sein soll. Sie wurde zunächst einem Drusen zugeschrieben. Das Innenministerium erklärte jedoch, die beschuldigte Person stehe nicht mit der Aufnahme in Verbindung.

Gefecht in mehreren Landesteilen

In den südlichen Vororten von Damaskus wurden der Beobachtungsstelle zufolge in den vergangenen zwei Tagen 30 Mitglieder der Sicherheitskräfte und an das Verteidigungsministerium angegliederte Kämpfer getötet, außerdem 21 Kämpfer der drusischen Minderheit sowie zehn Zivilisten.

In der südlichen Provinz Sweida wurden 40 drusische Kämpfer getötet, 35 von ihnen am Mittwoch an der Straße zwischen Suweida und Damaskus. Hinter dem Angriff sollen syrische Sicherheitskräfte und Mitglieder regierungsnaher Milizen stehen.

Neun der Opfer seien bei dem Angriff auf der Straße zwischen Suweida im Süden und der Hauptstadt Damaskus sofort erschossen worden. Einige Leichen seien verbrannt worden. Die Beobachtungsstelle bezieht ihre Informationen aus einem Netz von Informanten und Aktivisten vor Ort. Drusische Quellen in Suweida bestätigten der Nachrichtenagentur dpa zufolge den Angriff.

Israel warnt Syrien vor weiteren Angriffen

Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz warnte die syrische Führung vor neuen Angriffen auf die drusische Minderheit. "Wenn die Angriffe auf die Drusen in Syrien nicht aufhören, werden wir mit großer Härte reagieren", sagte er nach Angaben seines Sprechers. "Wir sind dem Schutz der Drusen verpflichtet und beobachten die Lage genau."

Gestern hatte die israelische Luftwaffe schon mehrmals Ziele in Syrien angegriffen. Nach israelischen Militärangaben wurden nahe Damaskus eine "extremistische Gruppe" angegriffen, die angeblich einen Anschlag auf Drusen geplant hatte.

Die Drusen sind eine religiöse Minderheit, die heute vor allem in Syrien, im Libanon, Israel und Jordanien angesiedelt ist. Die Religionsgemeinschaft ist im 11. Jahrhundert aus dem schiitischen Islam hervorgegangen.

Neue syrische Regierung auf dem Prüfstand

Die erneute Gewaltwelle stellt die Regierung in Damaskus auf die Probe. Sie will das Land nach Jahren des Bürgerkriegs einen. Die Gefahr weiterer Konflikte bleibt hoch. Beobachter gehen zudem davon aus, dass viele Milizen weiter auf eigene Faust handeln.

Während der Herrschaft des gestürzten Präsidenten Baschar al-Assad standen viele der etwa 700.000 Drusen in Syrien der Regierung nahe. Ein Teil von ihnen steht der neuen von Islamisten geführten Führung in Damaskus kritisch gegenüber. Andere kooperieren schon mit der neuen Regierung. Diese versicherte mehrmals, die Minderheiten im Land schützen zu wollen.

Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa gibt sich seit dem Sturz von Assad Anfang im Dezember durch seine islamistische HTS-Miliz betont gemäßigt und hat wiederholt versichert, die Minderheiten im Land schützen zu wollen. Im März war es jedoch in vorwiegend von Angehörigen der religiösen Minderheit der Alawiten bewohnten Regionen zu Massakern an Zivilisten gekommen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 01. Mai 2025 um 12:07 Uhr.