
Wahlsieg von Rama in Albanien Machterhalt mit unlauteren Mitteln?
Albaniens Premier Rama steht eine vierte Amtszeit bevor. Seine Sozialistische Partei erlangte bei der Parlamentswahl die absolute Mehrheit. Dass die Wahl fair ablief, bezweifelt nicht nur die Opposition.
Edi Rama sichert sich die absolute Mehrheit im Parlament in Tirana. Mehr als 80 von 140 Sitzen dürften an die Sozialisten gehen. Geäußert hat Rama sich bisher nicht.
Umso lauter schimpft der Oppositionsführer Sali Berisha. Seine Demokratische Partei wurde zweitstärkste Kraft. Berisha spricht von Stimmenkauf durch die Regierung. Diese hatte zwei Tage vor der Wahl eine Art Bußgeld-Amnestie in großem Stil erlassen: 170.000 Menschen wurden von ausstehenden Strafen freigestellt.
Für Berisha war das ein Wahlkampf-Geschenk: "Sie haben selbst mitbekommen, dass zwei Nächte vor den Wahlen Strafzahlungen in Höhe von insgesamt 150 Millionen Euro erlassen wurden. Sie können diese Wahlen also selbst beurteilen", sagte er. Berisha rief seine Anhänger zu Protesten auf.
OSZE sieht ungleiche Bedingungen
Kritik kommt auch von den Wahlbeobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, OSZE. Ihnen zufolge waren die Bedingungen nicht für alle Parteien gleich.
Farah Karimi von der OSZE-Beobachtermission sagte, dass die Regierungspartei während des Wahlkampfs umfangreich von staatlichen Ressourcen profitiert und sich so einen unzulässigen Amtsbonus verschafft habe. Zudem gebe es Hinweise, dass auf Wähler Druck ausgeübt worden sei.
Kaum unabhängige Informationen
Besonders Beschäftigte im öffentlichen Dienst wurden demnach bedrängt, für die Regierungspartei zu stimmen. Für alle Wählerinnen und Wähler sei es zudem schwierig gewesen, sich unabhängige Informationen aus den Medien zu beschaffen, so Karimi.
"Die Konzentration im Mediensektor, die Untergrabung der Vielfalt der Nachrichtenquellen und die Selbstzensur der Journalisten sowie die Dominanz der beiden größten Parteien in der Berichterstattung schränkten die Möglichkeit der Wähler ein, eine informierte Entscheidung zu treffen", sagte Karimi.
"Gefahr für Europa-Kurs des Landes"
Die Wahlbeobachter kritisierten zudem, dass Albanien zahlreiche Vorschläge für demokratische Reformen des Wahlrechts seit Jahren ignoriere.
Der deutsche Europa-Abgeordnete Michael Gahler von der CDU sieht darin eine Gefahr für den Europa-Kurs des Landes: "Dieses Land wird der Europäischen Union nicht in dem Zustand beitreten, in dem es sich derzeit befindet. Aber man kann viel zum Guten wenden. Deshalb empfehle ich allen Beteiligten dringend, diese Empfehlungen ernst zu nehmen", sagte Gahler.
Rama will Albanien in EU führen
Dabei ist Edi Rama genau dafür gewählt worden: Sein Wahlkampfversprechen Nummer eins war es, Albanien bis 2030 in die EU zu führen. Der Journalist Frrok Ҫupi sieht darin allein den Grund für Ramas überraschend eindeutigen Wahlsieg: "Man fragt sich vielleicht, warum die Mehrheit so groß ist. Es handelt sich hier um eine bürgerliche Mehrheit, abseits von Parteipräferenz. Es geht um das größte Anliegen der albanischen Bevölkerung: jetzt nicht vom Weg abzukommen."
Rama kam allerdings auch zugute, dass die Opposition gespalten ist. Ob er seine Mehrheit nun auch nutzt, um demokratische Reformen durchzuführen, ist nicht sicher. Kritiker werfen ihm vor, die Macht im Land immer mehr an sich zu ziehen.