Ein Traktor fährt über einen Acker und wirbelt eine Staubwolke auf.

Reaktion auf Copernicus-Bericht Rückschritte statt Fortschritte beim Klimaschutz

Stand: 15.04.2025 14:05 Uhr

2024 war das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in Europa. Angesichts des Copernicus-Klimareports kritisieren EU-Parlamentarier die Politik der Brüsseler Kommission.

"Alarmierend" nennt Peter Liese, umweltpolitischer Sprecher der Christdemokraten im EU-Parlament, die Erkenntnisse von Copernicus. Europa habe ein echtes Problem mit dem Klimawandel, und das sei auch in diesem Frühjahr deutlich zu spüren. Nicht nur in Deutschland sei es außergewöhnlich trocken, in Osteuropa sei das noch schlimmer.

Simon Plentinger, BR, zum aktuellen Klimazustandsbericht für Europa

tagesschau24, 15.04.2025 14:00 Uhr

Und doch scheint der Kampf gegen den Klimawandel auf europäischer Ebene zuletzt in den Hintergrund gerückt zu sein. Der Krieg in der Ukraine, Sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit, das sind die prägenden Debatten, während wichtige Elemente des Green Deals von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen unter die Räder geraten sind. Die Emissionsziele für Neuwagen zum Beispiel wurden gestreckt, die so genannten Flottengrenzwerte, Kontrollen in der Agrarwirtschaft gelockert. Nicht alle Beschlüsse des Green Deals waren wirksamer Klimaschutz, erklärt Liese.

Seiner Ansicht nach hat die EU viel unnötigen Ballast. Wenn die Gemeinschaft dauerhaft erfolgreich sein wolle und auch ein Vorbild für andere Länder, dann müsse dieser Ballast jetzt abgeworfen werden. Die Klimaziele sollten aber unbedingt erreicht werden.

Wettbewerbsfähigkeit nicht gegen Klimaschutz ausspielen

Das sei schon richtig, stimmt Timo Wölken von der SPD zu. Da, wo Europa zu streng gewesen sei und die eigene Industrie zerstört werde, müsse man nachjustieren. Aber, so kritisiert er, die Wettbewerbsfähigkeit dürfe nicht als Totschlagargument benutzt werden. "Wenn ich jetzt immer wieder höre, wir dürfen die Wettbewerbsfähigkeit nicht verlieren, dann bedeutet das für mich, dass da eins gegen das andere ausgespielt wird", so Wölken. Das sei falsch, denn seiner Ansicht nach liegt in einer dekarbonisierten Wirtschaft auch ein wahnsinniges Potential für die europäische Industrie.

In vielen Bereichen würden auf europäischer Ebene gerade mehr Rückschritte als Fortschritte gemacht, findet Wölken. Dabei geht es für den Sozialdemokraten auch um eine weltweite Vorreiterrolle Europas im Klimaschutz. Europa müsse international glaubwürdig bleiben, denn es sei klar, dass die internationale Gemeinschaft diese Menschheitsaufgabe nur gemeinsam lösen könne.

Klimaziel für 2040 weiter unklar

Immer noch offen ist zum Beispiel, welches konkrete Klimaziel sich die EU für 2040 setzt. Bis 2050 soll die Klimaneutralität erreicht sein, bis 2030 die Treibhausgasemissionen auf 55 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 sinken. Aber der Zwischenschritt für 2040 ist umstritten: 90 Prozent? Etwas mehr, etwas weniger? Auf jeden Fall müsse es jetzt schnell gehen damit, fordert Christdemokrat Liese, die Welt warte auf Europa.

"China und Indien werden sich nicht bewegen, wenn wir uns nicht festlegen." Da ist sich Liese sicher. Und da kommt es seiner Einschätzung nach nicht darauf an, ob die EU zwei oder drei Prozent mehr auf den Tisch legt. Europa sollte ambitioniert sein, aber auch gleichzeitig realistisch. Wichtig ist: "Wir müssen jetzt deutlich vor der Klimakonferenz in Belém in Brasilien ein Ziel auf den Tisch legen."

Grüne sehen Rückschritt in der Klimapolitik

Für Michael Bloss von den Grünen ist der Copernicus-Bericht ein Beleg dafür, dass Europa noch nicht das Tempo aufgenommen hat, das es braucht. Der Bericht zeige, dass Europa sich beeilen müsse. Es müsse mehr Tempo her, nicht weniger. Der Politik stellt er ein Armutszeugnis aus, weil sie nicht genügend darauf reagiere.

Er sieht sowohl in Europa wie auch im Koalitionsvertrag der mutmaßlichen neuen Bundesregierung Rückschritte in der Klimapolitik. Vor dem Hintergrund des Copernicus-Berichts sei das geradezu absurd, so Bloss.

Thomas Spickhofen, ARD Brüssel, tagesschau, 15.04.2025 12:35 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 15. April 2025 um 15:00 Uhr.