Drohnenansicht von aufsteigendem Rauch und Feuer inmitten von Unruhen in Ballymena (Nordirland).

Mehrere Nächte in Folge Rassistische Krawalle erschüttern Nordirland

Stand: 11.06.2025 14:23 Uhr

Zwei Nächte lang gab es im nordirischen Ballymena schwere Krawalle. Anlass: die Verhaftung zweier Teenager, die der Vergewaltigung verdächtigt werden. Polizei, Bewohner und Parteien sind schockiert.

Molotowcocktails und Ziegelsteine fliegen, Vermummte schießen mit ​Feuerwerkskörpern auf Polizisten. Die Polizei versucht mit Schlagstöcken und Wasserwerfern Hunderte Randalierer zu zerstreuen. Autos und Häuser brennen, Fensterscheiben gehen zu Bruch.

In der vergangenen Nacht wurden in Ballymena in der nordirischen Grafschaft Antrim 17 Beamte verletzt, fünf Randalierer wurden festgenommen. In der Nacht zuvor waren 15 Polizisten verletzt worden.

Der stellvertretende Polizeipräsident Ryan Henderson spricht von rassistisch motivierter Gewalt, die sich gegen eine ethnische Minderheit und gegen die Polizei richte: "Jeder Versuch, sie anderweitig zu bezeichnen oder zu rechtfertigen ist unangebracht. Jeder geradeaus denkende Mensch muss sie verurteilen."

Krawallmacher von außerhalb?

Die Unruhen waren zuerst am Montag ausgebrochen, nachdem zwei 14 Jahre alte Jungen vor dem Amtsgericht in Coleraine erschienen waren. Sie ließen durch einen rumänischen Dolmetscher ihre Namen und ihr Alter bestätigen. Ihnen wird versuchte Vergewaltigung eines Mädchens vorgeworfen. Sie streiten die Vorwürfe ab.

Danach hatten sich Anwohner zunächst zu einer friedlichen Mahnwache versammelt, bis die gewalttätigen Ausschreitungen begannen. Krawallmacher, die aus anderen Gegenden anreisten, hätten diese angeheizt, erklärte Paul Frew, Abgeordneter der protestantischen Democratic Unionist Party, in der BBC.

Ringen um die politische Deutungshoheit

Während Politiker aller Parteien die Gewalt verurteilen, hat ein Ringen um die politische Deutungshoheit darüber eingesetzt, ob die Zuwanderung in dem Stadtteil eine Überforderung für Integration und Miteinander darstellt. Jim Allister von der protestantischen Traditional Unionist Voice erkennt politisches Versagen: "Spannungen haben sich über eine längere Zeit dort aufgebaut, wegen der ungehemmten Einwanderung und Überkonzentration von Migranten, die nicht ordentlich integriert sind", meint er. "Aber all das rechtfertigt natürlich nicht diese Gewalt."

Vertreter der Social Democratic and Labour Party nannten Allisters Äußerungen "unverantwortlich": Seine Verurteilung der Gewalt sei "unaufrichtig" und "hinterhältig". Die katholische Sinn-Féin-Partei rief Politiker dazu auf, eine gemäßigte Sprache zu verwenden.

Anwohnerin fürchtete um ihr Leben

Während die Aufräumarbeiten angelaufen sind, sind die Menschen in den Straßen von Ballymena, in denen nun zwei Nächte hintereinander der Mob tobte, schockiert. Eine Anwohnerin erklärte, sie habe Angst um ihr Leben gehabt. Sie verstehe das Ansinnen der friedlichen Demonstranten, aber es gäbe keinen Grund für solch eine Eskalation.

Familien hatten sich auf dem Dachböden ihrer Häuser verbarrikadiert, als die Randalierer ihre Fensterscheiben einwarfen. Und um sich zu schützen, brachten einige Bewohner Schilder mit ihrer Nationalität an der Haustür an. Sie hoffen, dass die Aufschrift "Britischer Haushalt" oder eine Nationalflagge ihr Hab und Gut vor Übergriffen schützt.

Die Polizei rechnet damit, dass die Krawalle weitergehen könnten. Anwohner sollen wachsam sein und eventuell für ein paar Tage woanders übernachten.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 11. Juni 2025 um 14:00 Uhr.