
Ein Jahr MeToo-Kampagne Ein Hashtag bricht ein Tabu
#MeToo - vor einem Jahr ging die Kampagne um die Welt, die mittlerweile für die Erfahrungen Tausender Frauen mit Belästigung und Missbrauch steht. Doch was hat der Bruch mit den Tabuthemen bislang bewirkt? Von Georg Schwarte.
#MeToo - vor einem Jahr ging die Kampagne um die Welt, die mittlerweile für die Erfahrungen Tausender Frauen mit Belästigung und Missbrauch steht. Doch was hat der Bruch mit den Tabuthemen bislang bewirkt?
"Schauen Sie mich an, wenn ich mit Ihnen rede. Sie sagen mir, meine Missbrauchsgeschichte sei nichts wert." Es war wieder einer dieser #MeToo-Momente. Ein republikanischer Senator steht im Aufzug, im Kapitol - der Zentrale der Macht. Und ein mutmaßliches Missbrauchsopfer schreit ihn, der gerade den wegen sexueller Nötigung beschuldigten Richterkandidaten Brett Kavanaugh bestätigen soll, an. Maria Gallagher heißt die Frau, 23 Jahre alt. Das jüngste Gesicht von #MeToo. Einer Bewegung, die vor einem Jahr Fahrt aufnahm.
Der Hashtag MeToo, sagt Sonia Osorio, Präsidentin der Nationalen Organisation für Frauen, sei der Beginn eines Dialogs gewesen.
Der Fall Weinstein machte Kampagne bekannt
#MeToo: Tausende Frauen, immer neue Geschichten. Aber vor einem Jahr war es die eine Geschichte, die vom Filmproduzenten Harvey Weinstein, die das Land erschütterte.
Ronan Farrow schrieb sie damals für den "New Yorker": Ein Jahr später sagt Farrow, Weinstein sei nur das Gesicht eines üblen Symptoms, das überall zu sein scheint:
Es ging nicht um das Individuum Weinstein oder Hollywood. Als ich recherchierte, merkte ich, dass es überall passiert. Männern und Frauen. In so vielen Branchen.

Ronan Farrow berichtete für den "New Yorker" über den Fall Weinstein.
Echtes Verständnis wird noch Zeit brauchen
Die Frau, die die Bewegung, lange bevor sie berühmt wurde, gründete, war Tarana Burke. Auch sie saß in der Anhörung des Kandidaten für den Obersten Gerichtshof, Kavanaugh. Und sie hörte zu, wie die Glaubwürdigkeit des mutmaßlichen Opfers dort hinterfragt und bezweifelt wurde.
Das Land habe noch einen weiten Weg vor sich, sagt Burke: "Ich bin aus dem Saal gegangen - mit der Erkenntnis, dass die Mächtigen im Land noch lange brauchen, bis sie verstehen, wie tief die Wunden von Missbrauchsopfern sind, wie lange es dauert."
Harvey Weinstein, Bill Cosby - beim ersten 80 mutmaßliche Opfer, beim zweiten 60. Brauchen wir wirklich erst 60 mögliche Opfer, bevor die Welt den Täter zur Rechenschaft zieht, fragt sich Osorio.
Sie widerspricht übrigens, dass MeToo erst ein Jahr lang existiert. Es habe früher begonnen: In der Nacht, als der Mann, der ebenfalls wegen Missbrauchs beschuldigt wird und offen darüber redete, Frauen überall anfassen zu können - als dieser Mann Präsident der Vereinigten Staaten wurde.
Wut, Ehrgeiz, Mut
Für sie hat #MeToo viel geschafft. Wütende Frauen hervorgebracht, die sagen: Es reicht! Frauen, die jetzt selbst in öffentliche Ämter streben und Abgeordnete, Senatorin oder Gouverneurin werden wollen.
Journalist Farrow sagt, langsam aber sicher trauten sich viele, viele Frauen an die Öffentlichkeit. Weil sie trotz aller Angst sehen: Endlich hört uns jemand zu.