Blick auf den Balkon des Petersdoms

Erwartungen deutscher Katholiken Wie sollte der neue Papst sein?

Stand: 07.05.2025 20:42 Uhr

Papst Franziskus war in vielem das Gegenteil seines Vorgängers: volksnah, spontan und ökosozial orientiert. Das kam in Deutschland gut an. Wie ein Nachfolger sein soll, sorgt für Diskussionen.

Von Birgit Rätsch, BR

In den deutschen Pfarreien und Pfarrverbänden wird derzeit nichts so heiß diskutiert wie die Personalie Papst. Wie der Neue sein soll, wie er nicht sein darf, was er können muss und was er lassen sollte. Auch junge Leute diskutieren eifrig mit, und das nicht nur in Sozialen Medien, sondern auch am Rande der Sonntagsmesse. 

"Der Papst soll für Frieden auf der ganzen Welt sorgen. Das wäre mein Wunsch", sagt Rüdiger Schärtl, der zum Gottesdienst in die Pasinger Pfarrkirche Maria Schutz gekommen ist. Das junge Ehepaar Johanna und Florian Ehmann will, dass der neue Papst "die Kirche wieder mehr aufleben lässt". Pfarrer Alois Emslander hofft auf Kontinuität beim neuen Pontifex: "Ich denke mir, er soll das fortführen, was Papst Franziskus uns mitgegeben hat auf den Weg: die Liebe zu den Menschen, auch die Sehnsucht nach den Menschen, das glaube ich, tut unserem neuen Papst sehr, sehr gut."

Christine Pfitzner erwartet "Aufarbeitung der ganzen unseligen Dinge, die passiert sind", also mehr Offenheit im Umgang mit Missbrauchsfällen. Rosi Müller, fast 91 Jahre alt, hat einen besonderen Wunsch: "Dass die Frauen ein bisschen mehr Mitspracherecht haben. Dass die nicht immer so abgeschoben werden, sondern mitreden können, dass sie vielleicht auch Diakon werden können. Das wäre natürlich wunderbar." 

Konservative für Machtwort aus Rom

Völlig anders sieht das Clara Steinbrecher aus Bad Reichenhall von der konservativen Initiative Maria 1.0. Sie lehnt Reformideen wie das Diakonat der Frau, eine Aufhebung des Pflichtzölibats und Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften vehement ab, wie sie der Synodale Weg fordert, die gemeinsame Reformbewegung aus Laien und katholischen Bischöfen.

Steinbrecher wünscht sich eine andere Kirche. Eine wie früher. Die Heilige Messe sei von den Gesängen bis hin zur Kleidung der Priester viel zu beliebig geworden. Vom neuen Papst erhofft sich die 27-Jährige Klarheit und ein Machtwort, etwa bezüglich der Rolle der Frau in der katholischen Kirche: "Der Papst hat auf jeden Fall die Aufgabe, durchzugreifen und all diese falschen Hoffnungen, die in die Welt gesetzt wurden, wieder einzusacken. Das ist natürlich ein undankbarer Job", sagt Steinbrecher. Aber er habe keine andere Wahl. 

Franziskus und die Frauen

Franziskus war kein Reformpapst. Als die Stimmen lauter wurden, die den Zugang von Frauen zu Weiheämtern in der Kirche forderten, lehnte er das ab. Aber es durfte immerhin darüber diskutiert werden, was manche schon als Quantensprung empfanden. Zum Beispiel auf der ersten Weltsynode, die 2024 endete. Da ging es um mehr Teilhabe in der katholischen Kirche. Erstmals waren 54 Frauen bei der Versammlung der Bischöfe in Rom dabei - mit Stimmrecht.

Zudem beförderte Franziskus Frauen im Vatikan in hohe Ämter. So machte er etwa Anfang 2025 die italienische Ordensschwester Simona Brambilla zur ersten weiblichen Präfektin eines Dikasteriums. Das hatte es nie zuvor gegeben. Es tat sich also im Blick auf Frauen unter Franziskus' Ägide durchaus etwas im Vatikan. 

Eine vorsichtige Öffnung hatte Franziskus auch zugelassen, als er 2016 in einer Fußnote seines Schreibens "Amoris Laetitia" geschiedenen, wiederverheirateten Katholiken in Ausnahmefällen die Teilnahme an der Kommunion erlaubte. Für Steinbrecher von Maria 1.0 ein Tabubruch: Weil derjenige "dadurch schwer sündigen würde, wenn er die Kommunion empfängt, obwohl er in schwerer Sünde lebt." Nach katholischem Verständnis ist das Sakrament der Ehe unauflöslich. Eine Scheidung erkennt die Kirche nicht an. 

Die Kirche und die Sexualmoral

Auf eine Kirche, die Reformen hingegen vorantreibt, hofft Christian Weisner von der Bewegung "Wir sind Kirche". Er hält etwa die Fixierung der katholischen Kirche auf die Sexualmoral für hochproblematisch, wie sie etwa in der "Pillen-Enzyklika" Humanae Vitae von Papst Paul VI. 1968 zum Ausdruck kam, die künstliche Empfängnisverhütung verbot, oder in der Vortragsreihe "Theologie des Leibes" von Papst Johannes Paul II.

"Die katholische Kirche ist nicht die weltweite Moralanstalt in Sexualmoral. Sie muss eine moralische Kraft werden, wie die Menschen insgesamt ihr Zusammenleben in der Frage sozialer Gerechtigkeit oder Umwelt gestalten", sagt Weisner. Diesen Wandel brauche es. 

Headhunter empfiehlt "globalen CEO"

Einen anderen Blick auf die neu zu besetzende "Stelle" hat Headhunter Dirk Müller von einem Münchner Consultingunternehmen. "Nüchtern betrachtet, wird der neue Papst sowas wie ein globaler CEO sein", sagt Müller. Was für das Anforderungsprofil des Kirchenoberhaupts bedeute: "Er muss definitiv gut führen können, ohne autoritär zu wirken. Er muss es dann auch schaffen, Menschen weltweit miteinander zu verbinden, offen für Reformen sein und auch eine sehr starke Kommunikation nach außen haben." 

Der Papst als Manager mit Soft Skills - nicht unbedingt das Bild, das ein Katholik mit seinem Oberhirten verbindet. Aber für eine Führungspersönlichkeit wie das Oberhaupt einer Weltkirche unerlässlich, meint Müller. Integrativ wirken, eine gute Außendarstellung, Fähigkeit zu Teamwork: Manchmal sind die Anforderungen an neu zu vergebende Führungspositionen doch recht ähnlich. 

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 07. Mai 2025 um 22:30 Uhr.