
Bericht des Innenministeriums Hohe Hürden für Asylverfahren in Drittstaaten
Rechtlich und praktisch schwierig, dazu noch teuer: Asylverfahren in Länder außerhalb der EU zu verlagern, dürfte kaum helfen im Kampf gegen irreguläre Migration. Das geht aus einem Bericht des Innenministeriums hervor.
Das Bundesinnenministerium hält die Verlagerung von Asylverfahren in Drittstaaten außerhalb der Europäischen Union für grundsätzlich denkbar, sieht aber sehr hohe rechtliche Hürden und praktische Schwierigkeiten. Dies geht aus dem vom Ministerium veröffentlichten Abschlussbericht hervor, mit dem die Ministerpräsidentenkonferenz das Ministerium beauftragt hatte.
Darin hatten sich Expertinnen und Experten aus den Bereichen Migration und Recht mit verschiedenen Modellen beschäftigt. Das waren die - inzwischen aufgegebenen - Pläne Großbritanniens für Asylverfahren im ostafrikanischen Ruanda, Italiens Vereinbarung zu Asylverfahren in Albanien sowie das sogenannte Hinwegmodell, bei dem die Prüfung des Schutzstatus vor Erreichen europäischen Bodens in einem Transitstaat erfolgt. Zusätzlich fanden Gespräche unter anderem mit der EU-Kommission und dem UN-Flüchtlingshilfswerk statt.
Warnendes Beispiel Großbritannien
"Kooperationen mit Drittstaaten können ein weiterer Baustein sein, um irreguläre Migration zu begrenzen", erklärte die scheidende Innenministerin Nancy Faeser (SPD), deren Amt in wenigen Tagen der CSU-Politiker Alexander Dobrindt übernehmen soll. "Die Erfahrungen in Großbritannien zeigen aber auch, dass solche Versuche auch immense Kosten verursachen und auf ganzer Linie scheitern können", warnte Faeser.
Im Streit über die Begrenzung der Migration war immer wieder die Forderung aufgekommen, Asylanträge bereits außerhalb der Europäischen Union zu prüfen. Eine Umsetzung verschiedener Drittstaatenmodelle wäre dem Prüfbericht zufolge nur bei teils wesentlichen Änderungen des deutschen und des EU-Rechts möglich. "Zugleich bestehen gewisse rechtliche Risiken, und die Steuerungswirkung dieser Modelle erscheint ungewiss", heißt es in dem 37-seitigen Bericht. "Darüber hinaus ergeben sich teils erhebliche praktische Herausforderungen und Hürden."
"Allenfalls ein Baustein von vielen"
Über mögliche politische Schlussfolgerungen aus dem Bericht werde die künftige Bundesregierung zu entscheiden haben, teilte das Innenministerium mit.
In dem Bericht wird auch hervorgehoben, dass eine Verlagerung in Drittstaaten auf bestimmte Personengruppen beschränkt werden müsste. Und dass derzeit keine sicheren Drittstaaten zu entsprechenden Kooperationen bereit seien. "Die Erfahrungen anderer Staaten sowie die im Bericht (...)ausführlich dargelegten Herausforderungen und Schwierigkeiten führen dazu, dass die Anwendung des Drittstaatenkonzepts nicht als Massenverfahren taugt", heißt es in dem Bericht. "Es kann allenfalls einen Baustein von vielen zur Migrationssteuerung darstellen.
Hierfür wäre es notwendig, seine Anwendung auf bestimmte Fall- oder Personengruppen zu beschränken." Eine Umsetzung sicherer Drittstaatenkonzepte könne allenfalls auf europäischer Ebene gelingen. "Auch Dänemark hat nationale Pläne zur Durchführung von Asylverfahren in Ruanda Anfang 2023 auf Eis gelegt und setzt sich seitdem für eine europäische Lösung ein", heißt es im Bericht. "Absehbar scheint nur eine relativ kleine Anzahl von Staaten in relevanten Regionen überhaupt für ein Drittstaatenmodell (...) infrage zu kommen. (...) Allerdings gibt es bisher keine Hinweise darauf, dass diese Drittstaaten bereit wären, über eine entsprechende Kooperation zu verhandeln."