Friedrich Merz
analyse

Merz in Finnland Klare Ansagen in Nordeuropa

Stand: 27.05.2025 16:09 Uhr

Für Bundeskanzler Merz ist klar: Deutschland und andere Länder müssen sich auf eine längere Unterstützung der Ukraine einstellen. Seine Finnlandreise scheint zumindest rhetorisch zu einer Veränderung geführt zu haben.

Von Uli Hauck, ARD-Hauptstadtstudio, zzt. Turku

Im Seefahrtsmuseum "Forum Marinum" von Turku geht es vorbei an Torpedos und ehemaligen Marinebooten zur Pressekonferenz am Ende der zweitägigen Kanzlerreise nach Finnland. Schon der Weg macht klar, was dabei im Mittelpunkt steht - nämlich die Sicherheit in und rund um die Ostsee, und die Lage in der Ukraine. In diesem Punkt wirkt Bundeskanzler Merz klar und gleichzeitig resigniert: Er glaubt aktuell nicht mehr an eine schnelle Friedenslösung.

Die Bemühungen in den letzten drei Wochen auf den russischen Präsidenten Putin einzuwirken, hätten zu keinem Ergebnis geführt. Dass die russische Seite nicht bereit sei, eine Vermittlung des Vatikans anzunehmen, zeige, dass Russland kein Interesse an einem Waffenstillstand habe, so Merz bei der Pressekonferenz mit dem finnischen Regierungschef Petteri Orpo heute Vormittag. Und Merz geht noch weiter: Normalerweise würden Kriege mit einer militärischen oder ökonomischen Erschöpfung einer oder beider Seiten enden, doch davon sei man noch weit entfernt.

Die Konsequenz für Friedrich Merz: Die europäische Unterstützung der Ukraine müsse noch verstärkt werden, zumal das Trump-Amerika ein unsicherer Kantonist ist, was Sanktionen und Ukraine-Unterstützung angeht.

Was Merz hier aber konkret machen will, ließ er offen. Allerdings hat er am Mittwoch die Möglichkeit, Details mit dem ukrainischen Staatspräsidenten Selenskyj zu besprechen. Dessen Besuch in Berlin ist zwar aus Sicherheitsgründen noch nicht offiziell bestätigt, dürfte aber stattfinden.

Neue Rhetorik im Umgang mit Russland

In Finnland betont Merz erneut, dass es keine Reichweitenbeschränkung für gelieferte Waffensysteme geben soll. Für deutsche Lieferungen ist das praktisch unerheblich, weil sie in den meisten Fällen gar nicht über die notwendige Reichweite verfügen, um auf russischem Gebiet einzuschlagen. Und für die Marschflugkörper aus Frankreich und Großbritannien gibt es schon länger keine Reichweitenbeschränkung.

Insofern hat Friedrich Merz vor allem die zögerliche Rhetorik seines Amtsvorgängers Olaf Scholz geändert. Der hatte nur beschränkt einem Einsatz bestimmter Waffen in der Region Charkiw zugestimmt. Merz will mit seinen Aussagen Russlands Präsident Putin gegenüber verbal offensiver auftreten. Auch weil die Nordeuropäer offenbar klar gemacht haben, was an hybriden Attacken passiert.

Nordische Staaten hoffen auf Unterstützung

Der Kanzler-Besuch in Finnland dauert insgesamt keine 24 Stunden und dennoch reicht die Zeit aus, damit sich Merz ein Bild der Sicherheitslage in Skandinavien machen kann.

Bei einem gemeinsamen Abendessen auf der Burg in Turku und in Einzelgesprächen schildern die nordischen Regierungschefs und -chefinnen offenbar eindrücklich, was es tagtäglich an russischen Störaktionen gibt: Auf der Ostsee mit Tankern der russischen Schattenflotte, die Unterseekabel beschädigen. Am Himmel, wo russische Kampfjets immer wieder den finnischen Luftraum verletzen oder an der über 1.300 Kilometer langen russisch-finnischen Grenze. Dort hatte es zuletzt Berichte und Satellitenbilder über zunehmende Aktivitäten der russischen Armee gegeben.

Die nordischen Staaten fühlen sich von Russland bedroht und hoffen auf deutsche Unterstützung. Petteri Orpo, finnischer Ministerpräsident, kommt aus derselben Parteienfamilie wie Merz. Er lobt den deutschen Kanzler: Der zeige den Willen, dass sich Deutschland seiner Verantwortung als großes EU-Land stelle.

"Wir müssen uns gemeinsam verteidigen"

Was das aber praktisch militärisch für die NATO-Partner im Ostseeraum heißt, ist bei der heute zu Ende gegangenen Stippvisite offen geblieben, beispielsweise was einen erweiterten Einsatz der deutschen Marine zur Überwachung der Ostsee angeht.

Man habe ausführlich über die russische Schattenflotte gesprochen, sagt Merz. Er verwies auf das 17. Sanktionspaket der EU, das auf die russische Schattenflotte abziele. Mit den maroden Tankern halte Russland den Ölhandel aufrecht und finanziere den Krieg gegen die Ukraine, so Merz.

Für ihn ist es längst nicht mehr nur der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. Denn Russland bedrohe "den gesamten Raum und die politische Ordnung, und deshalb müssen wir uns gemeinsam verteidigen." Die Finnlandreise hat bei Friedrich Merz zumindest rhetorisch zu einer Veränderung im Umgang mit Russland geführt.