
Ministerien vor dem Regierungswechsel Was passiert, wenn die Neuen kommen?
Es gibt viele Spekulationen, wer die neuen Ministerinnen und Minister sein werden. Aber was ändert sich in den Bundesministerien, wenn die neuen Chefs anfangen? Und wie arbeiten Bundesministerien eigentlich?
Es sind mehr als 20.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die die Bundesministerien am Laufen halten. Einer davon war Luca Zerhusen. Er hat nach seinem ersten Jura-Staatsexamen im Arbeitsministerium angefangen. "Ich bin mit dem Gedanken reingekommen, dass ich in eine Amtsstube reinlaufe, wie man sie sich vorstellt: Mit Faxgeräten und alter technischer Ausstattung. Aber dann war ich überrascht, wie jung, dynamisch und modern die Menschen dort gearbeitet haben."
Einen Regierungswechsel hat Zerhusen in seiner Zeit beim Arbeitsministerium nicht erlebt. Michael Hauck hat dagegen schon einige Ministerinnen und Minister kommen und gehen sehen. Er arbeitet seit 2009 im Landwirtschaftsministerium - zuletzt unter Julia Klöckner und Cem Özdemir. Hauck weiß, dass die neuen Minister einen Schritt auf die Mitarbeitenden zugehen müssen: "Letztendlich ist es so wie in anderen Firmen auch. Es kommt auf einen respektvollen Umgang miteinander an."
Nicht immer einer Meinung mit Minister
Einige arbeiten schon seit 25 oder 30 Jahren in demselben Ministerium, sagt Hauck. Die Beamten in den Ministerien sind per Gesetz verpflichtet, ihren Job unparteiisch zu erledigen. Trotzdem sind die Mitarbeitenden nicht immer einer Meinung mit dem Minister oder der Ministerin.
Das hat auch die Grünen-Politikerin Renate Künast erlebt. "Es gab Leute, die versucht haben, mich zu linken. Dann muss ich auch ins Haus zeigen, dass ich das merke. Das kann man sich nicht gefallen lassen", erzählt die ehemalige Landwirtschaftsministerin über ihre Anfangszeit im Zeit-Podcast "Alles gesagt".
Für die Ministerinnen und Minister, die Michael Hauck erlebt hat, sei die Fachebene immer sehr wichtig gewesen. "Die wissenschaftlichen Erkenntnisse sind letztendlich auch die Basis für die Entscheidungen der Ministerinnen oder Minister", sagt er.
Juristinnen und Juristen entwerfen vor allem Gesetze und arbeiten an deren Umsetzung, während Referentinnen und Referenten Informationen sammeln und aufbereiten. Sie informieren den Minister oder die Ministerin über ihren Fachbereich. Neben Verwaltungskräften arbeiten in Ministerien auch Fachleute wie Ingenieurinnen oder Mediziner, die spezielles Know-how einbringen.
Personalwechsel in den Ministerien
Es ist gängige Praxis, dass die neuen Ministerinnen und Minister ihre eigenen Mitarbeitenden mitbringen. Zumindest für die politisch besetzten Positionen. Darunter fallen Staatssekretäre und Abteilungsleiter.
Aber auch Büroleitungen oder persönliche Referenten werden mit engen Vertrauten besetzt, die meist auch das gleiche Parteibuch haben. "Da werden Mitarbeiter mitgebracht, mit denen man schon einen großen Teil seines Berufslebens verbracht hat, denen man vertraut", erzählt Hauck. "Und das ist auch wichtig, weil es, glaube ich, schwierig wäre, in dem Job auf dem Level Mitarbeitende einzustellen, die man noch nie gesehen hat."
Verträge von Staatssekretären oder Abteilungsleitern sind oft auf die Zeit des jeweiligen Ministers befristet. Minister können politische Beamte, zum Beispiel Staatssekretäre, außerdem in den einstweiligen Ruhestand versetzen - diese behalten so lange Zeit ihren Beamtenstatus und bekommen eine Art Pension, müssen aber damit rechnen, wieder reaktiviert zu werden. Die Ministerinnen und Minister der Ampel-Regierung haben das bis vergangenen November 64 Mal gemacht. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine CDU-Abgeordneten-Anfrage hervor.
Fachbereiche kommen und gehen
Die Personalwechsel sind wohl die sichtbarsten Veränderungen, wenn die neuen Kabinettsmitglieder kommen. Aber auch Strukturen verändern sich: Die Zuständigkeit für das Thema Klima wird beispielsweise vom Wirtschafts- zurück ins Umweltministerium wechseln. Das bedeutet, dass ganze Fachabteilungen in einem anderen Ministerium arbeiten werden.
Hauck erinnert sich an so eine Situation 2013, als der Verbraucherschutz zum Justizministerium wechselte. "Das waren schätze ich 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die von einem auf den anderen Tag in einem anderen Ministerium waren. Das ist eine Situation, die kommt nicht so häufig vor." Auch Themenbereiche verschwinden zum Teil aus dem Arbeitsalltag. Die politische Leitlinie gibt vor, um welche Themen es vorrangig gehen soll. "Das ist nicht immer schön, aber das ist Teil des Jobs", erklärt Hauck.
Warten auf den neuen Chef
Die Mitarbeitenden bereiten sich aktuell auf die neuen Hausleitungen vor. Viele lesen den Koalitionsvertrag und schreiben Dossiers, wo aus ihrer fachlichen Sicht angesetzt werden sollte. Ob die Ministerinnen und Minister diese Hinweise aufgreifen, bleibt ihnen überlassen. Bis dahin wird in den Kaffeepausen weiter spekuliert, wer als nächstes in das eigene Bundesministerium kommt - und was das dann bedeutet.