
Fünf junge Männer festgenommen Razzia gegen mutmaßliche rechte Terrorzelle
Der Generalbundesanwalt hat Mitglieder der mutmaßlichen rechtsextremistischen Terrorgruppe "Letzte Verteidigungswelle" festnehmen lassen. Sie sind zum Teil noch Teenager - umso erschreckender ist ihre Entschlossenheit.
Insgesamt fünf junge Männer ließ die Bundesanwaltschaft heute in den frühen Morgenstunden festnehmen. Maßnahmen finden in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Hessen, Sachsen und Thüringen statt, zum Teil wird an den Einsatzorten lediglich durchsucht.
Den Beschuldigten - der jüngste von ihnen ist 14 Jahre alt - wird vorgeworfen, Mitglieder einer Gruppe namens "Letzte Verteidigungswelle" zu sein, die aktuell wohl radikalste der rechtsextremistischen Jugendgruppen, die seit einer Weile schon wie Pilze aus dem Boden schießen.
Dabei klingt Jugendgruppe unangemessen harmlos, denn es geht um schwere Straftaten: Nach Einschätzung der Bundesanwaltschaft handelt es sich um eine rechtsextremistische terroristische Vereinigung.
Verdächtige in Untersuchungshaft
Drei Mitglieder der Gruppe sitzen bereits in Untersuchungshaft, weitere Mitglieder waren zwischenzeitlich inhaftiert. Bereits in Haft sind ein 21-Jähriger aus Sachsen, sowie zwei Thüringer, einer davon ist 18 Jahre alt.
Zwei 15-jährige Jugendliche aus Brandenburg waren zwischenzeitlich in Haft, aufgrund ihres jungen Alters aber zuletzt wieder auf freiem Fuß und wurden heute Morgen erneut festgenommen. Allen wird vorgeworfen, Anschläge verübt oder geplant zu haben.
Vorwurf: Anschlag mit Kugelbomben geplant
Die beiden 15-jährigen Brandenburger, zwei Gymnasiasten, werden beschuldigt, in einer Nacht im Oktober ein Kulturhaus in Altdöbern im Landkreis Oberspreewald-Lausitz in Brand gesetzt zu haben. Die beiden Thüringer sollen einen Anschlag auf eine Geflüchteten-Unterkunft in Schmölln im Landkreis Altenburger Land verübt haben. Anfang Januar wurden Scheiben eingeschlagen und das Gebäude mit Feuerwerkskörpern beschossen.
Der 21-Jährige aus Sachsen soll einen Anschlag auf eine Asylbewerber-Unterkunft in Senftenberg geplant haben. Dafür soll er Kugelbomben beschafft haben, die eine große Sprengwirkung haben. Mit den fünf heute Festgenommenen haben die Ermittler acht Personen als maßgebliche Akteure identifiziert. Alle gelten als Beschuldigte. Zwei leben in Mecklenburg-Vorpommern, einer in Hessen.
Organisation über Chatgruppen
Die "Letzte Verteidigungswelle" organisiert sich nach dem Eindruck der Ermittler vor allem über Chatgruppen. Neben einem Generalchat gibt es Unterchats nach Ländern oder auch "Gauen". Wer dabei sein will, muss nachweislich eine Straftat begangen haben, wie zum Beispiel einen Migranten verprügelt, Hakenkreuze hingeschmiert oder eine Brandstiftung begangen haben.
Als Beweis muss die Tat gefilmt werden. In den Chats wird der Nationalsozialismus verherrlicht und massive Gewalt propagiert. Darüber hinaus geht es auch um sogenanntes "Pedo-Hunting", wie Rechtsextremisten es nennen. Ziel ist das Outen von angeblichen Pädophilen, mit dem Ziel, sie durch die Veröffentlichung ihrer Namen und Adressen zum Ziel von Gewaltaktionen zu machen. Tatsächlich sind aber auch queere Menschen im Fokus, die beispielsweise mit Hilfe von Fake-Profilen in sozialen Netzwerken kontaktiert werden, um sie in der Realwelt zu treffen und dann demütigen oder misshandeln zu können.
Noch nicht alle Mitglieder identifziert
Bundesweit sind nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden rund 200 Personen in den Chats der "Letzten Verteidigungswelle", von denen aber wohl längst nicht alle identifiziert sind. Der Generalbundesanwalt zog das Verfahren Ende April an sich und bewertet die Gruppe als terroristische Vereinigung. Beim Bundeskriminalamt laufen die Ermittlungen in den einzelnen Ländern in der Ermittlungsgruppe "Deich" zusammen.
Nicht die einzige Gruppe dieser Art
Es ist nicht die einzige Gruppe dieser Art, wenn auch aktuell wohl die übelste. Rechtsextremistische Jugendgruppen haben sich in den vergangenen Jahren zuhauf gebildet, darunter Gruppen wie "Deutsche Jugend voran", "Störtrupp", "Elblandrevolte" oder "Deutscher Sturmtrupp". Die Mitglieder sind oftmals noch Teenager.
Gestern präsentierte das Bundesinnenministerium die neuesten Zahlen zum Thema politisch motivierte Kriminalität: Die Zahlen spiegeln das gesellschaftliche Klima wider, in dem diese Gruppen sich bilden. In allen Bereichen haben die politisch motivierten Straftaten deutlich zugenommen, am meisten jedoch im Bereich Rechtsextremismus.
In einer früheren Version waren die Altersangaben der Verdächtigen zum Teil nicht richtig. Wir haben das korrigiert.
Mehr zum Hintergrund dieser und anderer Korrekturen finden Sie hier: tagesschau.de/korrekturen