Baden-Württemberg Die Reise ihres Lebens: Zwei Stuttgarter Muslime pilgern nach Mekka

Stand: 04.06.2025 19:54 Uhr

Einmal im Leben sollte jeder Muslim, der es sich leisten kann, nach Mekka pilgern. In diesem Jahr sind auch Gül-Meryem und Bayram Çalışkan aus Neuhausen bei Stuttgart dabei.

Von Sabine Brütting

Es ist ein religiöses Mega-Event mit bis zu zwei Millionen Besuchern: Die islamische Pilgerreise Hadsch. Für fünf Tage kommen Muslime aus aller Welt im saudi-arabischen Mekka zusammen. Bis zu zwei Millionen Menschen versammeln sich dann in und um die große Moschee, in der sich die Kaaba befindet, das wichtigste Heiligtum des Islam.

Zwei Stuttgartern dient Religion als mentaler Anker

In diesem Jahr sind auch Gül-Meryem und Bayram Çalışkan aus Neuhausen bei Stuttgart in Mekka dabei. Für die Beiden ist die Reise, die eine der fünf Säulen des Islam darstellt, aber viel mehr als eine religiöse Verpflichtung. Sie ist eine spirituelle Erfüllung: "Wir haben uns letztes Jahr im November angemeldet. Wir wollten uns gerne resetten und die Nähe zu Gott wieder aktiv spüren. Und so haben wir zum einen die religiöse Pflicht erfüllt und finden unseren mentalen Anker wieder."

Lauf-Training als Vorbereitung

Schon Wochen vor Beginn ihrer Reise haben die Beiden angefangen sich vorzubereiten. Und zwar nicht nur mental, sondern auch körperlich. Nach jeder Mahlzeit haben Gül-Meryem und Bayram einen ausgedehnten Spaziergang eingeplant. Und sie haben sich bequeme Schuhe gekauft. Denn die Hadsch verlangt den Pilgerinnen und Pilgern viel ab. Im Juni ist es in Saudi-Arabien extrem heiß - bis zu 50 Grad Celsius zeigt das Thermometer an manchen Tagen an. Bei einigen Ritualen der Hadsch muss man weite Wege zu Fuß zurücklegen. Deshalb haben Gül-Meryem und Bayram mindestens einen ausgedehnten Spaziergang pro Tag zur Vorbereitung eingeplant. Für Gül-Meryem sind auch die vielen Menschen eine Herausforderung, denn seit der Corona-Pandemie meidet sie eigentlich große Menschenansammlungen. Doch trotz aller Herausforderungen überwiegt die Vorfreude.

Sicherheit geht vor: Wer einen Schuh verliert, soll weiterlaufen

Die Beiden haben außerdem Vorbereitungs-Seminare in der Moschee besucht. Dabei haben sie noch einmal gelernt, welche unterschiedlichen Stationen die Hadsch umfasst. Dazu gehört zum Beispiel das siebenmalige Umrunden der Kaaba gegen den Uhrzeigersinn zu Beginn und zum Ende der Pilgerreise. Weil sich direkt vor der Kaaba während der Pilgerfahrt oft viele Menschen drängen, hat Gül-Meryem eine Sicherheitsregel besonders verinnerlicht: "Wenn Du einen Schuh verlierst, lauf einfach weiter. Bleib nicht stehen, sondern lauf einfach weiter - weil die Menschenmenge dort nicht kontrollierbar ist." Mit ihrem Reiseleiter, der Mekka schon häufig besucht hat, vereinbaren sie außerdem Treffpunkte, falls sie sich verlieren sollten und über einen kleinen Kopfhörer können sie stets Kontakt mit ihm halten.

In einem Notizbuch wollen sie ihre Erinnerungen festhalten

Bayram und Gül-Meryem Caliskan zeigen die Literatur, mit der sie sich auf die Hadsch vorbereitet haben.

Bayram und Gül-Meryem Caliskan haben sich auf die Hadsch in Mekka vorbereitet. Dafür haben sie einen Kurs an einer Moschee besucht.

Um die Erinnerungen an diese wichtige Reise festzuhalten, haben sich Gül-Meryem und Bayram ein Bullet Journal gekauft. Denn neben den Gebeten und Ritualen wollen die Beiden auch einfach in der großen Moschee verweilen und die Eindrücke auf sich wirken lassen: Die spirituelle Atmosphäre und das Gefühl, Teil einer großen, globalen muslimischen Familien zu sein.

Das Ziel der Stuttgarter: Den Alltag hinter sich lassen

Für Gül-Meryem ist das der eigentliche Sinn der Pilgerreise. Dort einen Moment innezuhalten und zu sagen: "Hey, ich steh hier neben Menschen, ich weiß nicht, welchen Job sie haben, aber es interessiert mich auch nicht. Ich weiß nicht, welche Ideologie sie haben, aber es interessiert mich auch nicht. Ich weiß nicht, was ihre Nationalität ist und was ihre religiösen Hintergründe, welche beruflichen Hintergründe - es ist mir alles egal. Ich bin hier nur für mich da, ich habe eine Verantwortung für mir gegenüber und ich habe eine Verantwortung Gott gegenüber und deshalb finde ich es wichtig, dass auch mal alles auf der Welt einfach egal ist."

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