Ein Elektriker installiert einen Smartmeter, einen intelligenten Stromzähler, in einem Zählerschrank.

Baden-Württemberg Flexible Stromnutzung: Wie nachts Waschen die Energiewende voranbringt

Stand: 08.06.2025 16:37 Uhr

Trockner, E-Auto, Waschmaschine: So lässt sich mit flexiblem Stromverbrauch die Energiewende voranbringen

Von Janina Schreiber

Wer sich in Baden-Württemberg umsieht, entdeckt immer mehr Photovoltaik-Anlagen auf den Hausdächern und E-Autos auf den Straßen: Die Energiewende geht voran. Dabei ginge es noch effizienter und kostengünstiger, wenn die Verbraucherinnen und Verbraucher bereit wären, zum Beispiel nachts zu waschen. Zu dem Ergebnis kommt eine neue Studie, die der Energieversorger E.ON zusammen mit der Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE) vorgestellt hat. Das sind die Hintergründe.

Wie soll das funktionieren?
Auf welches Potenzial kommt die Studie?
Wie groß ist das Potenzial in Baden-Württemberg?
Wie geht die Studie vor?
Wie verbreitet sind ?
Welche Interessen hat ein Stromanbieter wie E.ON?

Wie soll das funktionieren?

Häufig braucht man Strom auf Knopfdruck, zum Beispiel, um zu kochen oder Abends Licht zu machen. Aber es gibt Haushaltsarbeiten, die flexibler gehandhabt werden können, beispielsweise Wäsche waschen, die Spülmaschine anstellen oder E-Autos laden. Die Studie versucht zu bemessen, welches Potenzial diese flexiblen Anwendungen haben. Denn die Grundidee dabei ist: Wenn viel Sonne scheint oder viel Wind weht, erzeugen Solaranlagen und Windräder viel erneuerbaren Strom, den sie ins Netz einspeisen. Das erhöht das Angebot. Dann zu waschen könnte günstiger werden. Die andere Möglichkeit: Nachts das E-Auto zu laden oder zu spülen, also in Zeiten, in denen die Strom-Nachfrage niedriger ist. Auch dann ist der Preis in der Regel günstiger. Unterm Strich könnte sich Flexibilität also auszahlen.

Auf welches Potenzial kommt die Studie?

In ganz Deutschland könnten wir laut Studie schon in diesem Jahr potenziell bis zu 15,6 Terawattstunden (TWh) Stromverbrauch verschieben, also flexibel gestalten. Zum Vergleich: Das entspricht laut E.ON ungefähr dem doppelten jährlichen Stromverbrauch der Stadt München. Die Prognose des Analyseteams für 2030, also für in 5 Jahren, geht von der doppelten Flexibilitätsmenge aus. Vor allem in Baden-Württemberg, aber auch in Rheinland-Pfalz gibt es laut Studie dafür großes Potenzial.

Wie groß ist das Potenzial in Baden-Württemberg?

Für die Analyse hat das Team auch Umfragen gemacht. Demnach sind in Baden-Württemberg schon heute 72 Prozent der Befragten bereit, größere Stromverbräuche in bestimmte, günstigere Zeiten zu verschieben. Außerdem sind in die Potenzialanalyse auch Zahlen eingeflossen, wie viele dieser Energiewende-Technologien schon genutzt werden. Es könnte also dabei positiv ins Gewicht fallen, dass es in Baden-Württemberg schon viele Heimspeicher und E-Autos gibt. Daraus errechnete sich in der Studie für einen Haushalt in Baden-Württemberg eine potenziell verschiebbare Menge Strom von 416 Kilowattstunden pro Jahr.

Wie geht die Studie vor?

Die Studie basiert vor allem für die Prognose auf Annahmen. Sie rechnet zum Beispiel damit, dass in nur fünf Jahren mehr als dreimal so viele E-Autos fahren werden. Auch Batteriespeicher für zuhause und Wärmepumpen wird es demnach mehr geben. Ob das wirklich eintritt, ist aber unklar. Außerdem macht die Studie darauf aufmerksam, dass sich das errechnete Potenzial nur erheben lässt, wenn jeder einen Smart Meter zuhause hat, also einen intelligenten, digitalen Stromzähler. Dieser misst den Stromverbrauch eines Haushalts und sendet die Daten regelmäßig an den Netzbetreiber oder Energielieferanten. 

Wie verbreitet sind Smart Meter

Seit einem halben Jahr muss in einigen Fällen verpflichtend ein Smart Meter verbaut werden. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn im zurückliegenden Jahr eine neue Wärmepumpe oder eine steuerbare Wallbox zum E-Auto-Laden verbaut wurde. Bis alle Haushalte damit ausgestattet sind, wird es wohl dauern. In Deutschland soll das bis 2032 der Fall sein. Mit der Studie will E.ON unter anderem auch zeigen, dass Potenzial verloren geht, je länger dies dauert. Denn andere Länder wie zum Beispiel Italien seien da schon sehr viel weiter. Spezifische Zahlen zu Baden-Württemberg fehlen. Zahlen der Bundesnetzagentur zeigen: Bis Ende vergangenen Jahres waren gerade mal zwei Prozent der Zähler in Deutschland smart.

Welche Interessen hat ein Stromanbieter wie E.ON?

Die Energiewende verändert unser Stromsystem. Früher gab es wenige große Kohle- und Gaskraftwerke, die unseren Strom aus der Steckdose produziert haben. Heute wächst die Anzahl der Windräder im Land und Photovoltaik-Anlagen auf unseren Dächer und Balkonen. Immer mehr Menschen nutzen diesen Strom auch selbst, indem sie Batteriespeicher installieren oder direkt ihr E-Auto aufladen. Alternativ wird der Strom eingespeist in die Netze. Bedeutet: Nun produzieren zusätzlich viele kleine Kraftwerke im Land erneuerbaren Strom.

Auch Energieerzeuger müssen sich darauf einstellen. Die Studie hilft zu verstehen, wo sich neue Marktchancen ergeben. Damit mehr Menschen den Strom flexibel nutzen, können flexible und dynamische Stromtarife helfen – also Stromtarife, die variieren, je nach dem, wie viel Uhr es ist - und wie viel erneuerbarer Strom im System ist. Und natürlich verkaufen Strom-Anbieter wie E.On eben auch Komplett-Lösungen mit Smart Meter und Smart Home.

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