Baden-Württemberg
Häftling hat Feuer in JVA Stammheim wohl selbst gelegt
Stand: 22.04.2025 12:24 Uhr
In der Justizvollzugsanstalt in Stuttgart-Stammheim hat es am Ostersonntag gebrannt. Neun Menschen wurden dabei zum Teil schwer verletzt. Nun gibt es neue Erkenntnisse.
Nachdem am vergangenen Sonntag in einer Gefängniszelle der Justizvollzugsanstalt (JVA) Stammheim ein Feuer ausgebrochen war, vermutet die Polizei, dass der Zelleninsasse das Feuer selbst gelegt hat. Nach Angaben der Polizei soll der 35-Jährige, der bei dem Brand schwer verletzt wurde, Textilien in seiner Zelle angezündet haben. Warum, sei unklar, so die Polizei gegenüber dem SWR. Die Kriminalpolizei ermittelt weiter zur genauen Brandursache. Der Verletzte könne noch nicht vernommen werden, doch man schließe einen Suizidversuch nicht aus.
Hilfe bei Suizidgedanken
Wenn Ihre Gedanken darum kreisen, sich das Leben zu nehmen, bieten verschiedene Organisationen Hilfe und Auswege an:
Wer Hilfe braucht und die Telefonseelsorge anrufen will, der kann das unter: 0800 / 111 0 111 , 0800 / 111 0 222 oder 116 123 oder per Mail und Chat unter
online.telefonseelsorge.de
Für Kinder und Jugendliche gibt es außerdem die
"Nummer gegen Kummer" - erreichbar montags bis samstags von 14 bis 20 Uhr unter 11 6 111 oder 0800/111 0 333. Eine Mailberatung für junge Menschen gibt es auch über die Website
U25 Deutschland und über
Jugendnotmail.
Hilfe - auch in türkischer Sprache - bietet das
muslimische Seelsorge-Telefon "MuTeS" unter 030/44 35 09 821. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort sind 24 Stunden am Tag erreichbar.
Eine Übersicht weiterer Angebote hat die Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention unter suizidprophylaxe.de aufgelistet.
Neun Menschen beim Brand in Stammheim verletzt
Unter den Verletzten sind drei Mitarbeiter der Justizvollzugsanstalt und zwei Gefängnisinsassen. Sie wurden zur weiteren Versorgung ins Krankenhaus gebracht. Nach Informationen der Feuerwehr konnte der Brand in der Gefangenenzelle schnell unter Kontrolle gebracht und gelöscht werden. Es entstand ein Schaden von mehreren Tausend Euro.
Vorwurf: Rauschgifthandel im Gefängnis
Unterdessen hat am Dienstag vor dem Stuttgarter Landgericht ein Prozess begonnen, in dem es um Drogenschmuggel in der JVA Stammheim geht. Sieben Menschen sind angeklagt. Zwei von ihnen wirft die Staatsanwaltschaft vor, mit Cannabinoid getränktes Papier in die JVA geschmuggelt zu haben. Ein weiterer Gefängnisinsasse soll dabei geholfen haben. Das Rauschgift hätten sie verkauft oder gegen andere Dinge eingetauscht, so der Vorwurf. Die weiteren Angeklagten sollen die Drogenbeschaffung unterstützt haben.
Rivalisierende Gruppierungen aus Großraum Stuttgart beteiligt?
Im Juli vergangenen Jahres wurden die Angeklagten bei einer Razzia in Göppingen, Eislingen, Rechberghausen, Kirchheim unter Teck und Stuttgart verhaftet. Nach Informationen des Landeskriminalamtes ist mindestens eine Person darunter, die den rivalisierenden, gewalttätigen Gruppierungen im Großraum Stuttgart zuzuordnen ist.
Hintergrund: Schüsse in der Region Stuttgart
Seit mehr als zwei Jahren fallen immer wieder Schüsse in der Region Stuttgart - fast immer vor Shisha-Bars oder Barbershops, vorwiegend nachts. Immer wieder gibt es Verletzte, auch mindestens einen Toten. Die ersten Schüsse fielen Anfang September 2022 in Mettingen (Kreis Esslingen). Es folgten weitere Vorfälle im Frühjahr 2023 in Ostfildern, Plochingen (hier gleich zwei Mal) und Reichenbach (alle Kreis Esslingen) sowie in Eislingen an der Fils (Kreis Göppingen). Mitte März wurde in Stuttgart-Zuffenhausen geschossen. Am 8. April starb ein 18-Jähriger durch Schüsse in Asperg (Kreis Ludwigsburg). Anfang Juni 2023 wurden zehn Menschen durch den
Anschlag mit einer Handgranate in Altbach (Kreis Esslingen) verletzt.
Im Zuge der Ermittlungen sind seit Ende 2022 inzwischen mehr als 90 Tatverdächtige festgenommen worden (Stand Januar 2025). Ihnen wird unter anderem gefährliche Körperverletzung, versuchter gemeinschaftlicher Mord oder versuchter Totschlag vorgeworfen. Mehr als 300 Durchsuchungen und Kontrollen wurden im Zusammenhang mit der Schuss-Serie durchgeführt sowie mindestens eine Abschiebung. Die Polizei fand unter anderem Messer, eine Maschinenpistole, Schreckschusswaffen, Mengen an Smartphones unbekannter Herkunft, geringe Mengen Rauschgift und Testosteron - und geladene Schusswaffen in Autos. Bei einer Durchsuchung wurden sogar gefälschte Identitätspapiere sichergestellt.
Im Februar 2024 wurde die Prävention im Rahmen der Ermittlungen ausgeweitet. Ein besonderer Schwerpunkt sind laut Landeskriminalamt dabei Brennpunkteinsätze mit intensiven polizeilichen Personen-, Fahrzeug- und Fahndungskontrollmaßnahmen im öffentlichen Raum.
Sendung am Di., 22.4.2025 10:00 Uhr, SWR4 am Vormittag, SWR4
Mehr über die beiden Fälle