Ein Fieberthermometer, Medikamente und eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Krankmeldung) liegen auf einem Nachttisch.

Baden-Württemberg Krankenstand: Am wenigsten Krankschreibungen in Baden-Württemberg

Stand: 02.06.2025 13:52 Uhr

Eine Analyse zeigt: In keinem Bundesland sind die Menschen so selten krankgeschrieben wie in Baden-Württemberg. Einen Anstieg gibt es nur bei einer bestimmten Diagnose.

Von SWR


Obwohl Anfang des Jahres viele Menschen von Husten, Schnupfen und Heiserkeit geplagt waren, ist der Krankenstand in Baden-Württemberg nach einer Auswertung der Krankenkasse DAK im ersten Quartal 2025 im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Das geht aus einer Krankenstands-Analyse der Kasse hervor, für die ein Forschungsinstitut Daten von rund 244.000 Versicherten in Baden-Württemberg ausgewertet hat.

Krankenstand bundesweit höher als im Vorjahr

Den Daten der Krankenkasse zufolge waren in den ersten drei Monaten des Jahres im Schnitt jeden Tag 50 von 1.000 Beschäftigten krankgeschrieben, das ergibt einen Krankenstand von 5,0 Prozent. Im Vorjahreszeitraum hatte der Wert noch bei 52 Krankgeschriebenen je 1.000 Beschäftigten (5,2 Prozent) gelegen. Das ist der Kasse zufolge der bundesweit niedrigste Wert. Deutschlandweit lag der Krankenstand im ersten Quartal laut DAK bei 6,0 Prozent und damit leicht höher als im Vorjahreszeitraum. 

Diagnosen in BW: Psychische Erkrankungen auf dem zweiten Platz

Am häufigsten fehlten die Menschen im Land wegen Atemwegserkrankungen bei der Arbeit. Bronchitis, Schnupfen und andere Infekte verursachten der Auswertung zufolge im ersten Quartal 141,2 Fehltage pro 100 Beschäftigte. Das ist ein Anstieg um knapp 14 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Die zweithäufigste Ursache für Krankschreibungen waren demnach psychische Erkrankungen. Auf dem dritten Platz lagen Muskel-Skelett-Erkrankungen wie etwa Rückenschmerzen. Den Rückgang der Krankschreibungen erklärt sich die Krankenkasse mit leichten Rückgängen in fast allen Bereichen - außer bei den Atemwegserkrankungen.

Dass die Menschen in Baden-Württemberg im Bundesvergleich seltener krankgeschrieben sind, ist aus Sicht der Krankenkasse eine positive Entwicklung. "Angesichts der anhaltenden Wirtschaftsschwäche in Deutschland kommt den Fehlzeiten der Beschäftigten auch hierzulande eine besondere Bedeutung zu", sagte DAK-Landeschef Siegfried Euerle.

Gründe: Schwäbische Schaffer-Kultur und Homeoffice?

Über die Gründe für die geringste Ausfallquote im Bundesvergleich hat sich die DAK in Baden-Württemberg ihre Gedanken gemacht. Zur Frage, ob die Menschen hier gesünder seien, sagte ein DAK-Sprecher: "Nicht unbedingt, aber vielleicht pflichtbewusster - die schwäbische Schaffer-Kultur kann da schon eine Rolle spielen."

Ansonsten gebe es viele Faktoren für den vergleichsweise niedrigen Krankenstand. In erster Linie liege es an der Struktur der Arbeitsplätze: Baden-Württemberg habe viele akademisch geprägte Jobs und Fachkräfte in mittelständischen Unternehmen und Großkonzernen. Das seien häufig Arbeitsplätze, bei denen man beispielsweise im Homeoffice arbeiten kann. Dadurch würden sich manche Arbeitnehmer, die sich früher krank gemeldet hätten, jetzt trotz Husten oder Bänderriss nicht mehr krank schreiben lassen, vermutet die DAK Baden-Württemberg.

Ein höherer Bildungsstand sorge außerdem dafür, dass Menschen mehr für ihre Gesundheit tun, sagte ein Sprecher der Krankenkassen. Auch präventiv würden gut ausgebildete Berufstätige mehr tun, teilweise auch weil sie es sich finanziell leisten könnten. Dazu komme noch, dass die Gesundheitsversorgung in Ballungsräumen wie Stuttgart oder Karlsruhe besser sei als in strukturschwachen Regionen.

Krankschreibung auf elektronischem Wege läuft "stabil"

Mittlerweile läuft die Krankschreibung üblicherweise über die sogenannte elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, kurz eAU. Dabei erhalten die Patientinnen und Patienten keinen Ausdruck der Krankschreibung mehr, sondern die Arztpraxen übermitteln die Bescheinigung elektronisch an die Krankenkasse. Die Arbeitgeber rufen dann bei der Kasse die eAU für Mitarbeitende ab, die sich bei ihnen krankgemeldet haben.

Die eAU ist laut DAK in Baden-Württemberg inzwischen flächendeckend im Einsatz. "Das Verfahren hat sich weitgehend eingespielt", teilte die Krankenkasse auf SWR-Anfrage mit. Die Rückmeldungen aus der Praxis zeigten: "Bei den meisten Arbeitgebern funktioniert die digitale Abrufroutine stabil." Vereinzelt gebe es technische Rückfragen, etwa bei neuen Mitarbeitenden oder komplexen Beschäftigungsverhältnissen. Alles in allem habe sich die eAU aber bewährt und trage zur Entlastung administrativer Prozesse bei, so das Fazit der DAK.

IGES: Deutschland beim Krankenstand im Mittelfeld

Nach Daten der OECD und der DAK liegt Deutschland beim Krankenstand in Europa im oberen Mittelfeld. Das zeigen Analysen des IGES Instituts für die DAK-Gesundheit vom Januar 2025.

Schlüssige Erklärungen für die länderspezifischen Unterschiede seien allerdings schwer zu finden, so die IGES-Experten. Sie weisen auch auf die "kritisch zu bewertende Vergleichbarkeit der OECD-Daten hin". Es gebe in den Ländern unterschiedliche Meldeverfahren beim Arbeitsausfall.

Sendung am Mo., 2.6.2025 6:00 Uhr, SWR Aktuell am Morgen, SWR Aktuell

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