
Baden-Württemberg "Wegwerf-Agenten" im Auftrag Russlands? Ukrainer in Konstanz wegen Anschlagsplänen festgenommen
Drei Männer, darunter ein Tatverdächtiger in Konstanz, wurden wegen des Verdachts auf Agententätigkeit festgenommen. Sie sollen Brand- und Sprengstoffanschläge auf den Gütertransport in Deutschland vorbereitet haben.
Die Bundesanwaltschaft hat drei Ukrainer wegen des Verdachts der Sabotage und der Agententätigkeit festnehmen lassen. Sie sollen sich demnach gegenüber einer oder mehreren Mittelspersonen bereit erklärt haben, Anschläge auf den Gütertransport in Deutschland zu begehen - mutmaßlich im Auftrag eines russischen Geheimdienstes.
Wie die Behörde am Mittwoch mitteilte, fand der erste Zugriff am Freitag in Köln statt, am Samstag in Konstanz und am Dienstag im benachbarten Schweizer Kanton Thurgau. Die beiden in Deutschland Festgenommenen sitzen in Untersuchungshaft, der in der Schweiz festgenommene Beschuldigte soll nach Deutschland gebracht werden.
Pakete mit Sprengstoff sollten Lieferungen an Ukraine sabotieren
Den drei Ukrainern wird vom Generalbundesanwalt vorgeworfen, mutmaßlich im Auftrag russischer staatlicher Stellen gehandelt zu haben. Die Männer sollen geplant haben, Pakete mit Spreng- und Brandvorrichtungen von Deutschland aus an Empfänger in der Ukraine zu schicken, die sich beim Transport entzünden würden.
So ordnet SWR-Rechtsexperte Frank Bräutigam die Festnahmen ein:
Um die Transportwege auszukundschaften, hatte laut Bundesanwaltschaft einer der Männer bereits im März dieses Jahres zwei Testpakete in Köln aufgegeben, in denen sich unter anderem GPS-Tracker befanden. Den Auftrag hierzu soll der Ukrainer aus dem Thurgau erteilt haben. Gemeinsam mit dem Festgenommenen aus Konstanz soll er auch den Inhalt zur Verfügung gestellt haben.
Durch diese Pakete seien Polizei und Verfassungsschutz den mutmaßlichen Tätern auf die Schliche gekommen, wie Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) mitteilte. Dann habe die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe den Fall übernommen.
Strobl: Neue Gefahrenlage durch "Low-Level-Agents"
Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) hat angesichts der Festnahmen wegen mutmaßlicher Agententätigkeiten für Russland zu mehr Wachsamkeit und Sensibilisierung aufgerufen: "Wir sind nicht im Krieg, aber auch nicht mehr richtig im Frieden." Den Sicherheitsbehörden sei er sehr dankbar, "dass vermutlich ein Sprengstoffattentat verhindert werden konnte", so Strobl gegenüber dem SWR.
Der CDU-Politiker spricht in dem Zusammenhang von einer neuen Gefahrenlage, die von ausländischen Geheimdiensten ausginge: "Häufig sind das sogenannte Low-Level-Agents, also auf Deutsch will ich einmal sagen: Wegwerf-Agenten. Da sind oft junge Menschen, oft mittellose Menschen, die mit schnellem Geld angeworben werden und häufig gar nicht wissen, dass sie in Wahrheit für einen feindlichen Geheimdienst tätig sind."
ARD-Terrorismusexperte: Nicht der erste Fall von mutmaßlicher Sabotage
Auch wenn die Sicherheitsorgane laut ARD-Terrorismusexperte Michael Götschenberg früh gehandelt und dadurch eine akute Gefahrenlage verhindert haben, nehme man den Fall sehr ernst. Die Ermittlungen seien zwar in einem sehr frühen Stadium, jedoch habe es schon in der Vergangenheit vergleichbare Fälle der versuchten Sabotage gegeben, wie zum Beispiel im Juli 2024, als sich ein Paket in einem Leipziger Luftfrachtzentrum selbst entzündete und einen am Boden stehenden Container in Flammen setzte. Auch hier habe man mit ziemlicher Sicherheit rekonstruieren können, dass es sich um einen geplanten Brandanschlag auf den europäischen Luftfrachtverkehr gehandelt habe - mutmaßlich im Auftrag eines russischen Geheimdiensts, so Götschenberg.
Das zeigt ziemlich deutlich, was der Modus Operandi ist, dass es eben darum geht, Sabotageakte zu verüben und die kritische Infrastruktur zu treffen. Michael Götschenberg, ARD-Terrorismusexperte
Die ausführliche Einordnung von ARD-Terrorismusexperte Michael Götschenberg zu den Festnahmen:
Was ist über den Tatverdächtigen aus Konstanz bekannt?
Laut Generalbundesanwalt besitzt der festgenommene Mann in Konstanz die ukrainische Staatsbürgerschaft - hat aber in Konstanz gelebt. Wie der SWR aus Sicherheitskreisen erfuhr, hat er in einem Asylbewerberheim gewohnt. Weitere Angaben wolle man aus ermittlungstaktischen Gründen nicht machen.
Zusammenhang mit verdächtigem Sprinter in Steinheim
Nach SWR-Informationen hing auch der Kleintransporter, der vor etwas mehr als einer Woche in Steinheim (Kreis Heidenheim) entdeckt und durchsucht wurde, mit den aktuellen Ermittlungen zusammen. Damals hieß es, dass die Polizei einen Hinweis auf explosionsfähiges Material erhalten habe, worauf zahlreiche Einsatzkräfte in einem mehrstündigen Einsatz hunderte Pakete in besagtem Fahrzeug öffneten. Letztendlich wurde allerdings nichts Verdächtiges gefunden - wie der SWR erfuhr, hat es sich um eine falsche Spur gehandelt.
Sendung am Mi., 14.5.2025 10:30 Uhr, SWR1 BW Nachrichten