Eine Labormaus sitzt auf einer behandschuhten Hand.

Baden-Württemberg Warum die Uniklinik Freiburg für ihre Forschung auf Tierversuche setzt

Stand: 22.04.2025 15:17 Uhr

Schafen Löcher in den Kopf bohren, um Implantate zu testen - Tierversuche wie diese sind erlaubt aber umstritten. Welche gesetzlichen Vorschriften sie erfüllen müssen und welche Rolle sie an der Uniklinik Freiburg spielen.

In Wissenschaft und Forschung gehören Tierversuche immer noch zum Alltag. Befürworter finden, dass solche Versuche später Menschenleben retten können. Gegner bemängeln, dass sich Menschen und Tiere zu stark unterscheiden. Auch in Freiburg werden Tierversuche durchgeführt, wie jüngst an der Uniklinik Freiburg. Aber wann sind Tierversuche erlaubt, wozu braucht es sie und wieso gibt es sie überhaupt noch? Ein Überblick:

Der Mehrwert: Welche Rolle spielen Tierversuche in der Forschung?
Die Kritik: Wie argumentieren Tierschützer?
Der rechtliche Rahmen: Wann sind Tierversuche erlaubt?
Das 3R-Prinzip: Wie kann das Leiden von Tieren eingedämmt werden?  

Der Mehrwert: Welche Rolle spielen Tierversuche in der Forschung?

Tierversuche sind auch an der Uniklinik Freiburg Teil des Forschungsbetriebs. Nach jetzigem Stand der Wissenschaft könne auf sie "nicht vollständig verzichtet werden", so die Uniklinik auf ihrer Homepage. Erst kürzlich hatte sie Tierversuche mit Ratten und Schafen durchgeführt.

Mit den Transplantationen der Rattenbeine sei laut Uniklinik gezeigt worden, dass ein bestimmtes Entzündungsprotein eine zentrale Rolle bei der Abstoßung von Gewebetransplantaten spiele, beispielsweise nach einer Handtransplantation. Im Versuch sei deutlich geworden, dass eine Stabilisierung dieses Proteins die Entzündung verhindere. Das könne künftig helfen, Abstoßungsreaktionen gezielter zu verhindern und besser vor Gewebeverlust schützen.

Ein echter Hoffnungsschimmer, gerade für Menschen, die auf eine solche Transplantation angewiesen sind. Benjamin Waschow, Pressesprecher der Uniklinik Freiburg

In einem anderen Versuch hatten Forscher Löcher in die Schädel von Schafen gebohrt. Dabei sei es laut der Uniklinik Freiburg darum gegangen, Gesichtsverletzungen beim Menschen zu imitieren, etwa nach Unfällen oder Tumoroperationen. Solche Verletzungen seien oft mit Schäden am Knochen verbunden, die sich nur schwer rekonstruieren ließen. An den Schafen wurde getestet, inwiefern Implantate beschädigte Knochen wiederherstellen können. Das Knochenwachstum der Schafe sei sehr gut mit dem des Menschen vergleichbar. Nur durch die Tests an den Tieren sei abzuschätzen, welche Materialien auch bei menschlichen Knochen Wirkung zeigen könnten.

Laborantin hält einen Tierkäfig mit Mäusen in den Händen.

Mäuse teilen über 80 Prozent der Gene mit dem Menschen und werden deshalb oft bei Tierversuchen eingesetzt.

Die Kritik: Wie argumentieren Tierschützer?

Erst vor kurzem hat der Verein "Ärzte gegen Tierversuche" die Uniklinik Freiburg für ihre Tierversuche öffentlich kritisiert. Als "grausam, absurd und zweckfrei" bezeichnete er die Forschung, die an der Universität Freiburg und anderen Instituten durchgeführt werde. Tiere würden künstlich krank gemacht und wie Messgeräte benutzt, so die Tierschützer.

Auch Immunsystem und Wundheilung sind bei Ratten ganz anders als beim Menschen. Corina Gericke, Ärzte gegen Tierversuche

Wie viele Tierschutzorganisationen vertritt er die Position, dass Experimente mit Tieren nicht auf den Menschen übertragbar seien. Die Vizevorsitzende von "Ärzte gegen Tierversuche", Corina Gericke, verurteilte das Vorgehen der Freiburger Forschenden scharf. Sie argumentiert, dass Immunsystem und Wundheilung bei Ratten ganz anders ablaufen würden, als beim Menschen. Daher hätten die Transplantationsversuche keinen Wert für kranke Menschen. Auch bei den Implantat-Tests am Schaf sei die Vergleichbarkeit von Mensch und Tier nicht gegeben. Es mache keinen Sinn, Knochenheilung am Schaf zu untersuchen, so Gericke.

Der rechtliche Rahmen: Wann sind Tierversuche erlaubt?

Laut dem deutschen Tierschutzgesetz sind Tierversuche moralisch vertretbar, solange es sich um Grundlagenforschung, Vorbeugung, Erkennung oder Behandlung von Krankheiten im Interesse der Gesundheit von Mensch und Tier handelt. Ohne diese und weitere Kriterien zu erfüllen, starten in Deutschland gar keine Forschungsprojekte.

Das Gesetz sieht außerdem vor, dass Tierversuche nur dann erfolgen dürfen, wenn alle anderen Forschungsmethoden ausgeschöpft sind. Jede Studie müsse ethisch begründet und von den zuständigen Behörden genehmigt werden. In manchen Fällen sind Tierversuche sogar gesetzlich vorgeschrieben. Etwa bei der Erforschung von Krankheiten und zur Entwicklung neuer Therapien und der Prüfung von Medikamenten.

Das 3R-Prinzip: Wie kann das Leiden von Tieren eingedämmt werden?

Das Universitätsklinikum Freiburg gibt an, den Einsatz von Tieren zu Forschungszwecken so gering wie möglich zu halten und hat sich dem 3R-Prinzip verschrieben. Die drei "R" stehen für "Reduction, Refinement und Replacement" - Reduktion, Verfeinerung und Ersatz. Das heißt: Die Anzahl der für die Forschung verwendeten Tiere soll reduziert werden (Reduction). Dann sollen die Methoden fortlaufend verbessert werden, um die Belastung der Tiere zu minimieren (Refinement). Zudem sollen Methoden entwickelt werden, um Tierversuche zu vermeiden (Replacement).

Das Land Baden-Württemberg fördert seit 2020 sogenannte Zentren zur Entwicklung von Ersatzmethoden für Tierversuche. Dafür seien bisher fast sieben Millionen Euro investiert worden. Anfang 2025 kamen drei Zentren in Furtwangen, Heidelberg und Ulm dazu. Dennoch heißt es auch hier: Forschende können noch nicht vollständig auf Tierversuche verzichten.

Sendung am Sa., 12.4.2025 7:30 Uhr, SWR4 BW Studio Südbaden - Regionalnachrichten

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