
Bayern Erste Cannabisclubs genehmigt: Euphorie und Kritik
Drei Cannabisclubs dürfen in Bayern offiziell starten – ein Jahr nach der bundesweiten Teil-Legalisierung. Doch der Freistaat würde diese lieber einkassieren. Zwischen Genehmigungszwang und Rückzugswunsch: Die Legalisierung spaltet.
Eigentlich hätte der nicht-kommerzielle Eigenanbau von Cannabis in sogenannten Anbauvereinen schon seit Juli 2024 möglich sein sollen. Während andere Bundesländer frühzeitig Genehmigungen erteilten, ließ Bayern auf sich warten. Nun hat das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) erstmals drei Vereinen grünes Licht gegeben: dem "CSC Inntal Raubling" im Landkreis Rosenheim, dem "Exotic Kingdom CSC Fulda" (Landkreis Bad Kissingen) und "The Marihuana Club Kirchdorf" im Landkreis Freising.
Politisch bleibt der Schritt jedoch umstritten. Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) betonte: "Die Erteilung von Erlaubnisbescheiden ändert nichts an dem Ziel Bayerns, dass die Legalisierung von Cannabis zu Konsumzwecken wieder zurückgenommen wird." Man habe "wegen unausweichlicher rechtlicher Zwänge" handeln müssen.
Zwischen Euphorie und Unsicherheit
Einer der ersten, der mit dem Anbau starten könnte, ist Alex Schrödl. Die Halle in Kirchdorf steht schon bereit und ist fast fertig ausgestattet für den Anbau. In wenigen Wochen schon könnte dort der erste Cannabis-Samen gepflanzt werden.
Alex Schrödl vom Cannabisclub TMC Kirchdorf sieht die Legalisierung als Chance, Konsum in kontrollierte Bahnen zu lenken und qualitativ sichere Produkte fernab des Schwarzmarkts bereitzustellen. Trotz rechtlicher Hürden und Bedenken will er mit seinem Verein dazu beitragen, Cannabis aus der Illegalität zu holen – mit klarem Fokus auf Qualität, Kontrolle und Aufklärung.
Das Ministerium stellt klar: Bevor mit dem Anbau begonnen werden darf, müssen Sicherheitsvorkehrungen und Schutzkonzepte vom LGL geprüft und abgenommen werden. Auch baurechtliche Anforderungen könnten den Start verzögern. So ist ein offizieller Anbaubeginn frühestens nach Erfüllung aller Auflagen möglich.
Rückgang bei Drogendelikten
Trotz Kritik an der Teil-Legalisierung zeigen aktuelle Zahlen einen deutlichen Rückgang bei Rauschgiftdelikten. Laut Kriminalstatistik sank 2024 die Zahl der registrierten Drogendelikte in Bayern um rund 39 Prozent, bei Cannabis sogar um 56 Prozent – auf 15.270 Fälle.
Fachleute sehen hier erste Effekte der neuen Rechtslage. Der Besitz kleiner Mengen Cannabis wird durch das neue Gesetz nicht mehr automatisch verfolgt – das entlastet Polizei und Justiz. Gleichzeitig sollte eine Entkriminalisierung mit Prävention und Aufklärung einhergehen. Die Legalisierung allein senkt nicht automatisch die Risiken. Gerade bei jungen Menschen sei das Risiko von Abhängigkeit oder psychischen Erkrankungen durch regelmäßigen Konsum nicht zu unterschätzen.
Strenge Auflagen – und viele offene Fragen
Ministerin Gerlach kündigte an, die Einhaltung der gesetzlichen Regeln durch das LGL "engmaschig" kontrollieren zu lassen. Wie genau diese Kontrollen aussehen und wer sie personell umsetzen soll, bleibt jedoch offen.
Clubs müssen unter anderem Sicherheitskonzepte vorlegen, Zutrittsregeln umsetzen und dürfen Cannabis ausschließlich an Mitglieder ausgeben.
Gleichzeitig gelten in Bayern weiterhin strengere Verbotszonen als im Bundesgesetz vorgesehen – etwa auf Volksfesten, in Biergärten und bestimmten Parks.
Der Andrang ist dennoch spürbar: Beim Club in Raubling haben sich nach eigenen Angaben bereits rund 40 neue Interessenten um eine Mitgliedschaft beworben.
Sonderweg in Bayern?
Bayerns Gesundheitsministerin Gerlach kündigte an, dass der Freistaat im Rahmen der für den Herbst geplanten Evaluierung des Gesetzes auf eine Rücknahme der Legalisierung hinwirken will. Was das für die Zukunft der neu genehmigten Clubs bedeutet, bleibt ungewiss. Rechtssicherheit besteht kaum – weder für Räumlichkeiten noch für geplante Ernten oder Mitgliederstrukturen.
Für CSU-Gesundheitspolitiker Bernhard Seidenath ist das Gesetz ein gescheiterter Versuch, der weder den Jugendschutz effektiv gewährleiste noch den Schwarzmarkt eindämme. Die Legalisierung habe aus seiner Sicht zu mehr Unsicherheit geführt – auch für Polizei und Schulen.
Geteilte Meinungen: Zwischen Hoffnung und Kritik
Die ersten Genehmigungen sind erteilt – doch in der Gesellschaft läuft die Diskussion weiter. BR24-User "Kommentierer1" begrüßt den Schritt des Landesamts für Gesundheit. "Wenn alle Voraussetzungen vorliegen, dann gibt es in einem Rechtsstaat auch keine andere Möglichkeit!" Für ihn ist die Genehmigung eine Frage der rechtsstaatlichen Konsequenz – nicht der politischen Haltung.
Ganz anders sieht es "charly2", der kurz und klar kommentiert: "Keine Unterstützung für Drogen." Eine Haltung, die nicht nur in Teilen der Bevölkerung, sondern auch in der bayerischen Politik fest verankert ist.
Zwischen diesen beiden Polen – rechtlicher Umsetzung und moralischer Ablehnung – bewegt sich die Debatte weiter. Wie es nach der geplanten Evaluierung im Herbst bundesweit weitergeht, bleibt offen. Klar ist nur: Das Thema Cannabis wird Bayern auch künftig beschäftigen.
Mit Informationen von dpa
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Quelle: BR24live 25.04.2025 - 16:00 Uhr