Eine Babyausstattung mit Schlafsack, Strampelanzug, Mütze und Kuscheltieren liegt in einem Wärmebett der Babyklappe im Kinderhaus Goethestraße in Hamburg-Altona

Bremen Babyklappe in Bremen: Oft letzter Ausweg für Mütter in Not

Stand: 19.04.2025 06:00 Uhr

In Bremen gibt es seit 23 Jahren die Babyklappe. Sie ermöglicht Müttern, ihr Baby anonym abzugeben. Doch das Konzept bleibt umstritten.

Von Anna-Lina Wever

Ein Kind zu bekommen, ist nicht immer mit Freude verbunden. Persönliche Gründe wie Geldnot, ein gewaltsames Umfeld oder Obdachlosigkeit können dazu führen, dass Mütter sich dieser Aufgabe nicht gewachsen fühlen. Dafür gibt es in Deutschland seit 25 Jahren ein Hilfsangebot: die sogenannte Babyklappe. Die erste wurde im Jahr 2000 in einem Hamburger Krankenhaus eingerichtet.

Babyklappe am Bremer St. Joseph Stift

In Bremen ist die Babyklappe im Krankenhaus St Joseph-Stift in Schwachhausen.

Mittlerweile gibt es deutschlandweit zwischen 70 und 100 Babyklappen – davon fünf in Niedersachsen und eine in Bremen. Im Krankenhaus St. Joseph-Stift befindet sich in einer versteckten Ecke ein kleines Schubfach in der Backsteinfassade. Ein blaues Schild zeigt die Aufschrift "Babykörbchen". Dort wurden seit 2002 insgesamt 32 Säuglinge anonym abgelegt – zuletzt noch zwei im März.

Einrichtungen mit Babyklappe in Bremen und Niedersachsen

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So funktioniert die Babyklappe

Legt jemand ein Kind in das Fach, wird auf mehreren Stationen im Krankenhaus ein Alarm ausgelöst. Innerhalb von wenigen Minuten kümmert sich dann das Personal um das Baby. Zum Schutz lässt sich die Tür nach dem Schließen von außen nicht wieder öffnen. Ist das Kind in einem guten gesundheitlichen Zustand, kann es nach wenigen Tagen das Krankenhaus in die Hände von Pflegeeltern verlassen.

Für die Mutter liegt im Fach Informationsmaterial mit Beratungsangeboten inklusive eines Gutscheins für eine anonyme und kostenfreie Untersuchung bei einer Frauenärztin bereit. Außerdem kann sie je nach Wunsch, Informationen über ihr Kind und über die Geburt hinterlassen. Ein beigelegtes Symbol gibt der Mutter die Möglichkeit, wieder Kontakt zu ihrem Kind aufzunehmen. Denn: In den ersten Monaten kann sie es noch zurückbekommen. Hierfür muss sie sich an die Adoptionsstelle wenden.

Wofür ist die Adoptionsstelle zuständig?
Die Adoptionsstelle gehört zur Dienstelle des Amtes für Soziales und ist ein zentraler Fachdienst für den gesamten Bereich Bremen einschließlich Bremen-Nord. Die Angebote umfassen Auskunft, Beratung und Unterstützung rund um das Thema Adoption von verwandten Kindern, Stiefkindern und fremden Kindern. Die Adoptionsstelle begleitet einen während des gesamten Adoptionsprozesses. Auch danach hat man weiterhin einen Rechtsanspruch auf Beratung und Unterstützung.

Babyklappe wird "nach wie vor in Anspruch genommen"

Antje Eekhoff war frühere Bereichsleiterin in der Geburtshilfe des St. Joseph-Stifts. Mittlerweile ist sie Pflegedirektorin und Mitglied im klinischen Ethikkomitee. Sie betont, wie wichtig das "Babykörbchen" als Einrichtung ist. "Es sollte aber Alternativen geben und ich glaube, dass sich da die Politik und auch die Gesellschaft Gedanken drüber machen muss", sagt Eekhoff. Denn das Konzept ist ethisch umstritten:

Jede Person hat ein Recht zu erfahren, so steht es im Gesetz, wo sie herkommt und das ist ein Punkt, wo man klar sagen muss, dass das beim Babykörbchen nicht funktioniert, außer die Mutter gibt Informationen mit und sagt, dass Kontakt aufgenommen werden kann.
(Antje Eekhoff, Pflegedirektorin und Mitglied im klinischen Ethikkomitee im St. Joseph-Stift)

Vertrauliche Geburt als Alternative?

Anders als bei einer Adoption hat das Kind also keine Möglichkeiten zu erfahren, wer seine leiblichen Eltern sind. Das verstößt gegen das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Herkunft und auf Beziehung zu seinen Eltern. Aus diesem Grund hat sich der Deutsche Ethikrat im Jahr 2009 in einer Stellungnahme dafür ausgesprochen, Babyklappen deutschlandweit abzuschaffen.

Als Alternative wird von Kritikern oft ein seit 2014 geltendes Gesetz angeführt, dass eine vertrauliche Geburt ermöglicht. Damit soll einerseits Müttern in Krisensituationen die Chance gegeben werden, anonym in einem Krankenhaus zu entbinden. Andererseits soll das Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Herkunft bewahrt werden. In Bremen muss dafür zunächst eine Beratung bei Cara, der Beratungsstelle zu Schwangerschaft und pränataler Diagnostik, stattgefunden haben.

Anzahl der Beratungen und durchgeführten vertraulichen Geburten in Bremen

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In Bremen wurden von 2021 bis 2024 bei zwei bis drei Beratungsgesprächen im Jahr immer jeweils eine vertrauliche Geburt durchgeführt. Antje Eekhoff vom St. Jospeh Stift findet es gut, dass in Bremen beides parallel läuft. Denn das eine Angebot sollte das andere nicht ersetzen, um in möglichst vielen Notsituationen eine Lösung bieten zu können. Genauso wie die vertrauliche Geburt werde das "Babykörbchen" in Bremen weiterhin genutzt.

Dieses Thema im Programm:
Bremen Zwei, Der Morgen, 8. April 2025, 10:10 Uhr