
Bremen Immer mehr Bremer können sich ihre Haustiere nicht mehr leisten
Futter, Tierarzt, Ausstattung – wegen steigender Kosten kommen immer mehr Tierhalter an ihre Grenzen. Viele gehen zur Tiertafel oder geben ihre Tiere im Tierheim ab.
Für viele Menschen sind Haustiere feste Familienmitglieder – sie schenken Nähe, brauchen aber auch viel Fürsorge. Doch genau diese wird für immer mehr Halter zur Herausforderung. Steigende Lebenshaltungskosten, teures Futter und höhere Tierarztgebühren bringen mittlerweile viele Halterinnen und Halter an ihre Grenzen.
In Deutschland lebten 2024 laut dem Industrieverband Heimtierbedarf 15,9 Millionen Katzen und 10,5 Millionen Hunde. Kleintiere wie Meerschweinchen und Kaninchen kommen auf Platz drei mit 4,3 Millionen Tieren.
Tierheim Bremen: 50 Hunde und bis zu 250 Katzen
Dass es deutlich mehr Katzen gibt, spiegelt sich auch im Bremer Tierheim wider: "Wir haben im Tierheim im Durchschnitt so um die 50 Hunde und 200 bis 250 Katzen. Danach kommen die Kleintiere wie Kaninchen und Meerschweinchen sowie Vögel", sagt die Sprecherin des Bremer Tierschutzvereins Gaby Schwab.
Wegen der Hundesteuer ist die Zahl der Hunde in Bremen konkreter. Ende letzten Jahres waren 17.835 Hunde in der Stadt Bremen registriert.
So viel kosten Tiere im Laufe ihres Lebens
Schwab sagt, dass immer mehr Bremer ihre Tiere aus finanziellen Gründen im Tierheim abgeben müssen. "Es stehen immer wieder Menschen weinend bei uns und sagen, dass sie sich ihre Tiere nicht mehr leisten können."
Auch bei der Bremer Tiertafel ist der finanzielle Druck anhand steigender Kundenzahlen spürbar. Die Tafel gibt Tierhaltern, die in finanzielle Not geraten sind, alle zwei Wochen Futter für fünf Tage. "Wir stellen fest, dass immer mehr Tierhalter in finanzielle Schwierigkeiten geraten", sagt der Kassenwart Stefan Evers. Viele Kunden würden lieber bei sich selbst sparen als an ihrem Tier.
Der Satz 'Ich esse weniger, damit es meinem Tier gut geht' fällt oft in jedem Gespräch und leider ist er oft bittere Realität.
(Stefan Evers, Kassenwart der Bremer Tiertafel)
In einer Umfrage des Deutschen Tierschutzbundes aus dem letzten Jahr war der Hauptgrund für die Abgabe des eigenen Tieres neben Überforderung, fehlender Zeit und Beißvorfällen die gestiegenen Tierarztkosten.
Für den Tierarzt reicht das Geld oft nicht mehr
Evers von der Tiertafel kann das bestätigen. Ein Satz, den er oft hört, lautet: "Das Futter bekomme ich gerade noch hin, aber für den Tierarzt reicht es nicht mehr."
Die erhöhten Tierarztkosten sind auf eine Anpassung der Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) im Jahr 2022 zurückzuführen. Diese wurde damals zum ersten Mal seit 1999 erhöht und stieg dementsprechend kräftig an. "Eine Behandlung, die früher vielleicht 30 Euro gekostet hat, liegt heute schnell bei über 70 Euro", sagt Evers.
Gestiegene Kosten auch für die Tierärzte selbst
"Erhöht wurden eigentlich fast alle Kosten", weiß der Präsident der Bremer Tierärztekammer Andreas Seide. In seiner Praxis bemerkt auch er die erhöhte finanzielle Belastung der Tierhalter: "In der Tat nehmen die Anfragen nach Preisen für Behandlungen im Vorfeld deutlich zu."
Er betont aber auch, dass die Erhöhung nicht grundlos erfolgte: "Wenn keine vernünftige Bezahlung da wäre, macht das ja sonst auch keiner mehr." Auch Schwab kann die Gründe für die Erhöhung nachvollziehen: "Man muss die Tierärzte da auch verstehen, auch sie haben gestiegene Kosten. Trotzdem ist die Gebührenerhöhung schon sehr drastisch und sorgt natürlich für Probleme bei vielen Tierhaltern."
Tiertafel hilft auch mit Zuschüssen zu Tierarztkosten
Diese Probleme machen sich am deutlichsten bei der Tiertafel bemerkbar. So würden laut Evers viele die Behandlung ihres Tieres aufschieben. "Wir erleben immer wieder, dass Menschen erst dann um Unterstützung bitten, wenn der Zustand ihres Tieres schon bedrohlich ist, etwa bei offenen Geschwüren oder massivem Gewichtsverlust", sagt er. In solchen Fällen hilft die Tafel auch mit Zuschüssen zu Tierarztkosten.
Es gibt zwar mittlerweile Tierkrankenversicherungen, diese unterscheiden sich jedoch massiv nach Preis und Leistungsumfang. Laut Finanztest kann man für einen jungen, kleinen Hund mit 160 bis 550 Euro rechnen, die dann aber nur Operationen abdeckt. Eine Krankenvollversicherung kostet laut der Verbraucherzentrale schon das Dreifache.
Der Preis steigt noch weiter, wenn das Tier größer oder älter ist. "Auch wenn es mittlerweile Tierkrankenversicherungen gibt, für Menschen mit sehr geringem Einkommen sind auch diese nicht bezahlbar", sagt Evers.
Immer mehr kranke Tiere im Tierheim
Dass steigende Arztkosten ein echter Faktor sind, merkt man auch daran, dass 74 Prozent der Tierheime, die vom Deutschen Tierschutzbund 2024 befragt wurden, angaben, dass vermehrt kranke Tiere bei Ihnen abgegeben werden.
Neben den Arztkosten ist auch das Futter teurer geworden. "Das Futter, das ich immer kaufe, ist in den letzten Jahren um fast 80 Prozent gestiegen", sagt Schwab. Als Grund dafür nennt sie die gestiegenen Energiekosten und die Huthi-Angriffe im Roten Meer. "Es gibt Lieferengpässe und das bekommen auch die Verbraucher zu spüren."
Kompromisse beim Futter
Allerdings könnten Tierhalter laut Schwab beim Futter wenigstens noch Kompromisse eingehen. "Beim Discounter kostet eine Dose zwischen 2,50 Euro und 3,50 Euro. Im Fachhandel können es dann auch schon mal vier oder fünf Euro sein", sagt sie. "Das gleiche gilt für Trockenfutter, hier zahlen sie für einen zehn Kilo Sack zwischen zehn und 50 Euro."
Außerdem hingen die Preise für das Futter von der Größe des Tieres ab. "Ein großer Hund braucht auch schon mal zwei Dosen, ein kleiner nur eine", sagt Schwab.
Grundausstattung für Hunde: bis zu 720 Euro
Zu guter Letzt kommen auch noch die Kosten für die Grundausstattung hinzu. Dazu zählen Näpfe, Spielzeug, Liegekissen, Katzentoiletten oder Leinen und Körbchen für Hunde.
Der Deutsche Tierschutzbund schätzt diese Kosten je nach Bedarf des Hundes und der Qualität der gekauften Produkte auf 230 bis 720 Euro. Hinzu kommt noch die Hundesteuer in Höhe von jährlich 150 Euro. Für Katzen rechnet der Verein mit 200 bis 500 Euro.
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Dieses Thema im Programm:
buten un binnen, Die Sendung aus der Straßenbahn, 21. April 2025, 19:30 Uhr