
Hamburg Bullenhuser Damm: Hamburg gedenkt getöteter jüdischer Kinder
Im Hamburger Thalia Theater wird heute der 20 jüdischen Kinder gedacht, die in der ehemaligen Schule am Bullenhuser Damm in Rothenburgsort kurz vor Kriegsende 1945 von der SS ("Schutzstaffel") ermordet wurden. NDR.de überträgt die Gedenkstunde in einem Livestream.
Die Gedenkfeier für die Kinder vom Bullenhuser Damm findet heute um 11 Uhr im Thalia Theater (Alstertor) statt. Zu Gast sind Andra und Tatiana, die 1944 nach Auschwitz Birkenau deportiert wurden, als sie vier und sechs Jahre alt waren. Ihr Cousin Sergio gehörte zu den 20 Kindern, die im Bullenhuser Damm umgebracht wurden. Gemeinsam mit anderen Angehörigen weiterer Opfer sprechen sie über ihre Erfahrungen.
Im Publikum sind rund 700 Schülerinnen und Schüler aus Hamburger Oberstufen, die auch Fragen an die Zeitzeugen stellen können. Moderiert wird die Veranstaltung von NDR Moderator Ingo Zamperoni. Die Veranstaltung wird von der Vereinigung Kinder vom Bullenhuser Damm e.V organisiert und findet im Rahmen der Woche des Gedenkens Hamburg-Mitte statt.
Ausstellung in der Zentralbibliothek
Schon seit dem 2. April gibt es in der Zentralbibliothek der Bücherhallen am Hüherposten in der Innenstadt die Ausstellung "Erinnern. Die Kinder vom Bullenhuser Damm". Sie zeigt die Geschichte der zehn Jungen und zehn Mädchen, die in den Kellerräumen am Bullenhuser Damm getötet wurden. In der Gedenkstätte Kinder vom Bullenhuser Damm (Bullenhuser Damm 92 bis 94) fand zudem am 20. April eine Gedenkstunde mit musikalischer Begleitung und einer Führung durch die Gedenkstätte statt.
Am 23. April ab 18 Uhr gab es darüber hinaus in der Hauptkirche St. Jacobi ein Konzert der Berliner Band Folkadu und eine Vorstellung des Films "One picture and a song". In dem Film porträtiert der israelische Filmemacher Gilad Reichenbaum seinen Vater, den Shoah-Überlebenden Yitzhak Reichenbaum, dessen Bruder Eduard mit zehn Jahren am Bullenhuser Damm ermordet wurde.
SS missbrauchte Kinder für medizinische Experimente
Ein Arzt der SS hatte Kinder im Konzentrationslager Neuengamme zu medizinischen Experimenten missbraucht. Die SS war die militärische Organisation, die den Völkermord an den europäischen Jüdinnen und Juden maßgeblich organisierte und durchführte. Kurz vor der Einnahme Hamburgs durch die Briten wollten die Hamburger SS-Leute die Spuren ihrer Verbrechen verwischen.
Auch Mediziner und Häftlinge umgebracht
In der Nacht zum 21. April 1945 brachten sie die Jungen und Mädchen aus Polen, Italien, Frankreich, den Niederlanden und der Slowakei in das Schulgebäude und ermordeten sie im Keller. Neben den fünf bis zwölf Jahre alten Kindern töteten die SS-Männer zwei inhaftierte französische Mediziner, zwei niederländische Krankenpfleger und 24 sowjetische Häftlinge. Das Gebäude diente damals in dem zerbombten Stadtteil Rothenburgsort als Außenstelle des KZ Neuengamme. Nach dem Krieg wurden sechs der Täter von einem britischen Militärgericht zum Tode verurteilt und hingerichtet. Der SS-Arzt wurde 1966 in der DDR zu lebenslanger Haft verurteilt. Ein weiterer SS-Mann musste nie für das Verbrechen büßen, saß allerdings wegen anderer Morde im KZ Buchenwald viele Jahre im Gefängnis.

Eine historische Aufnahme des Schulgebäudes am Bullenhuser Damm. In der Schule findet seit 1987 kein Unterricht mehr statt.
Gedenkstätte seit 1987
Die Gedenkstätte in der seit 1987 geschlossenen Schule geht maßgeblich auf die Vereinigung "Kinder vom Bullenhuser Damm" zurück. Inzwischen gehört der Gedenkort mit Ausstellung zur städtischen KZ-Gedenkstätte Neuengamme.
Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | Hamburg Journal | 24.04.2025 | 19:30 Uhr