
Hessen Eintracht Frankfurt: Santos-Drama macht Trapp zum Sieger im Torwart-Duell
Der Höhenflug von Kaua Santos bei Eintracht Frankfurt endet gegen Tottenham Hotspur auf die bitterste Art und Weise: Erst ein Patzer, dann ein Kreuzbandriss, nun eine monatelange Pause. Der schon abgeschriebene Kevin Trapp ist plötzlich wieder wichtig.
Für die Schock-Nachricht benötigte Eintracht Frankfurt am Freitagabend gerade einmal etwas mehr als drei Zeilen. Torhüter Kaua Santos habe sich eine Knieverletzung zugezogen, teilten die Hessen nüchtern mit. Das Ergebnis der Untersuchungen sei ein Kreuzbandriss, "eine längere Pause" die Folge. Klingt nach business as usual und einer Nebensächlichkeit. Genau das ist es aber nicht.
Santos-Bruchlandung nach Höhenflug
Der 22 Jahre alte Santos, der in den vergangenen Wochen vom Vertreter von Kevin Trapp erst zum Herausforderer aufgestiegen war und bis zum Donnerstagabend schon als Sieger des vereinsinternen Torwart-Duells galt, wird mehrere Monate fehlen. Diese Saison ist ohnehin gelaufen, selbst in der kommenden Spielzeit wird er spätestens in der Rückrunde wieder angreifen können. Der Traum vom dauerhaften Stammplatz ist geplatzt.
Der Brasilianer, der am Tag nach dem 1:1-Remis in Tottenham in der vergangenen Woche Geburtstag hatte und abends mit großen Luftballons, Frau und Baby überglücklich durch die Frankfurter Innenstadt spazierte, wird den Kinderwagen vorerst gegen Krücken tauschen müssen. An Fußball ist in diesem Jahr sowieso nicht mehr zu denken.
Eben noch der kommende Star am Frankfurter Torhüter-Himmel, nun unverschuldet tief gefallen und hart aufgeschlagen. So einen Rückschlag muss man erst einmal verkraften, für Santos ist die Diagnose nicht weniger als ein Drama. "Es tut mir leid, mein Freund. Du wirst stärker zurückkommen", baute Trapp seinen Kollegen via Instagram auf. Ob's hilft?
Trapp ist wieder die Nummer eins
Klar ist nun natürlich auch, dass das Torwart-Duell bei Eintracht Frankfurt erst einmal keins mehr ist. Trapp, der dem Vernehmen nach auch intern in der Hierarchie hinter Santos zurückgefallen war, ist plötzlich wieder wichtig. Ob der Ex-Nationalspieler schon gegen den FC Augsburg am Sonntag (15.30 Uhr) wieder zwischen den Pfosten steht, entscheidet sich kurzfristig und hängt von den noch immer nicht ganz abgeklungenen Schmerzen am Schienbein ab. Spannender ist aber ohnehin die Frage nach der Zukunft.
Dass Trainer Dino Toppmöller in den vergangenen Wochen – anders noch als in der Hinrunde – ein klares Bekenntnis zu seinem Kapitän vermied, war aus Kommunikations-Sicht verständlich. Toppmöller, so ist eine Interpretation der Dinge, wollte mit der Nicht-Beantwortung der Frankfurter T-Frage schlicht Santos den Rücken stärken. Ob sich Trapp im Sommer tatsächlich einem offenen Duell mit seinem deutlich jüngeren Nebenmann gestellt und sich der Gefahr ausgesetzt hätte, sein letztes Vertragsjahr auf der Bank zu verbringen, darf aber bezweifelt werden.
Diese Frage ist nun natürlich nicht nur reine Spekulation und im Grunde hinfällig. Dass sich der noch immer enorm ehrgeizige Trapp nun aber womöglich mehr denn je Gedanken über die letzten Jahre seiner Karriere macht, wäre nur allzu verständlich. Immerhin: Da Trapp in einem DAZN-Interview beim Spiel gegen Heidenheim öffentlich seinen Anspruch auf seinen Stammplatz zurücknahm, hat er sein Gesicht gewahrt und kann sich moralisch absolut nichts vorwerfen. Selbst wenn er sich bei seinen Aussagen selbst auf die Lippen beißen musste: So verhält sich ein Sportsmann.
Verletzung ausgerechnet beim Patzer zugezogen
Fast schon Ironie des Schicksals ist es zudem, dass sich Santos ausgerechnet bei seiner ohnehin völlig verhunzten Rettungsaktion gegen James Maddison, die zum Elfmeter und letztlich dem Europa-League-Aus führte, verletzte. Der hochveranlagte Keeper hat großes Potenzial und alle Anlagen für eine große Karriere. Dass er aufgrund seines risikoreichen Spiels aber auch zu Fehlern neigt, wurde in den vergangenen Wochen an vielen Stellen oft vergessen. Santos zeigte teils überragende Auftritte, die Überhöhung seiner Leistungen war aber auffällig und nicht nur hilfreich.
Umgekehrt verhält und verhielt sich die Sache bei Trapp. Der nun wieder zur Frankfurter Nummer eins aufgestiegene Schlussmann strahlte vielleicht nicht mehr durchgehend die Souveränität früherer Tage aus. Wieso er von einem Großteil der Fans und dem Boulevard derart an den Pranger gestellt wurde, ist nur schwer zu verstehen. Dass Trapp nun von einer schweren Verletzung profitiert, ist der traurige Höhepunkt eines seltsamen und auf mehreren Ebenen ausgetragenen Kräftemessens.
Für die Eintracht geht es in den kommenden Wochen darum, die Tottenham-Enttäuschung abzuschütteln und das große Ziel Champions League zu erreichen. Ob das klappt, wird sich zeigen. Spannend wird es vor allem in der Torhüter-Frage aber auch nach der Saison.