
Hessen Mordserie? Anklage gegen Palliativarzt in 15 Fällen
Ein Palliativarzt, der auch in Frankfurt praktizierte, ist angeklagt worden: Er soll 15 Patienten ermordet haben. Der Fall könnte noch viel größer werden, in mehr als 70 Fällen laufen noch Ermittlungen.
Die Vorwürfe gegen einen 40-jährigen Palliativarzt, der auch in Frankfurt praktizierte, wiegen schwer: Die Staatsanwaltschaft Berlin hat in 15 Fällen Anklage wegen Mordes erhoben. Der Mann soll Patienten, die bei sich zuhause durch ein Palliativteam betreut wurden, getötet haben. Einige Taten soll er vertuscht haben, indem er anschließend Feuer legte.
Und der Fall könnte sich noch ausweiten: Wie die Staatsanwaltschaft am Mittwoch mitteilte, laufen in weiteren 75 Fällen noch Ermittlungen. Insgesamt seien 395 Fälle geprüft worden, bei insgesamt 95 habe sich ein Anfangsverdacht ergeben. Es habe bereits zwölf Exhumierungen von Verstorbenen gegeben, weitere sind geplant.
Doktorarbeit über Tötungsdelikte
Gebürtig stammt der mutmaßliche Todesarzt aus Frankfurt, wo er auch zwischen 2004 und 2013 an der Goethe-Universität studierte und promovierte. Seine Doktorarbeit schrieb er ausgerechnet über Tötungsdelikte bei älteren Menschen und die hohe Dunkelziffer bei Aufklärung dieser Taten.
Der 40-Jährige arbeitete in Berlin für den Palliativpflegedienst. In der Palliativpflege geht es um Kranke, bei denen es kaum oder keine Hoffnung mehr auf Heilung gibt. Dabei werden Menschen auch im Sterbeprozess begleitet, indem etwa Schmerzen gelindert werden.
Staatsanwaltschaft: Besondere Schwere der Schuld
Zunächst hatte die Staatsanwaltschaft "Mordlust" als Hintergrund für die Taten genannt. Davon rückte sie ab, da der Arzt ausschließlich Patienten getötet haben soll und nicht willkürlich andere Opfer aussuchte, wie ein Sprecher am Mittwoch sagte.
Weiterhin erfüllt sieht die Staatsanwaltschaft die Mordmerkmale der Heimtücke und der sonstigen niedrigen Beweggründe. Die Anklage will außerdem eine Verurteilung mit der Feststellung der besonderen Schwere der Schuld erreichen, ein lebenslanges Berufsverbot und Sicherungsverwahrung für den Angeklagten. Der Angeklagte habe bisher keine Aussage zu den Vorwürfen gemacht.
Alle 15 Fälle, die die Staatsanwaltschaft aktuell angeklagt hat, waren in Berlin in den Jahren 2021 bis 2024. Die Opfer waren demnach im Alter von 25 bis 94 Jahren. Zum Töten soll der Arzt seinen Patienten und Patientinnen ohne deren Wissen und ohne medizinische Notwendigkeit Narkosemittel und Muskelrelaxanzien verabreicht haben. Die Opfer seien innerhalb weniger Minuten durch Atemstillstand gestorben.
Vertuschung der Taten
In einem Fall soll der Arzt nach der Tötung die Rettungskräfte verständigt und fälschlicherweise behauptet haben, er habe selbst bereits mit der Reanimation begonnen. Die Frau starb nach einer erfolgreichen Reanimation durch den Rettungsdienst in der Klinik.
In weiteren fünf Fällen soll der 40-Jährige nach Ansicht der Staatsanwaltschaft nach dem Mord Feuer in der Wohnung der Opfer gelegt haben, um seine Taten zu vertuschen.