Ein Junge steht in einem Zimmer und schaut aus dem Fenster.

Junge Geflüchtete kämpfen mit Familientrennung und Rassismus

Stand: 20.06.2025 14:28 Uhr

Junge geflüchtete Menschen in Deutschland - auch in Niedersachsen - sehen sich im Alltag mit vielfältigen Herausforderungen konfrontiert. Das zeigt eine Umfrage Bundesfachverband Minderjährigkeit und Flucht (BuMF).

Von Atiena Abednia

Rund 700 Fachkräfte aus Jugendhilfe, Flüchtlingsarbeit, Schule, Gesundheitswesen und Ehrenamt haben daran teilgenommen. Die Erhebung wurde - wie in den Vorjahren - online und anonym durchgeführt. Die Ergebnisse zeichnen ein differenziertes Bild: Zwar berichten die befragten Fachkräfte von engagierter Unterstützung vor Ort, gleichzeitig weisen sie aber auf strukturelle Hürden hin, die Teilhabe erschweren. So sehen 92 Prozent der Befragten die Trennung von der Familie als zentrale Belastung für die jungen Menschen. Besonders in ländlichen Regionen sei das häufig der Fall. Jugendliche, die mit ihren Familien leben können, fänden nach Einschätzung vieler Fachkräfte deutlich leichter Zugang zu Schule, Ausbildung und sozialer Integration.

Jugendliche Geflüchtete belastet Erfahrungen aus Herkunftsland

Ein weiteres zentrales Thema ist die psychische Gesundheit. Viele der jungen Menschen bringen belastende Erfahrungen aus Herkunftsland und Flucht mit. Das berichten rund 80 Prozent der Befragten. Gleichzeitig mangelt es oft an passenden Therapieangeboten. Der Zugang zu Gesundheitsleistungen ist nicht nur regional sehr unterschiedlich, sondern häufig auch vom Aufenthaltsstatus abhängig. Besonders für junge Volljährige fehlen vielerorts niedrigschwellige und kultursensible Unterstützungsangebote.

Niedersachsen: 20 Prozent der geflüchteten Kinder gehen nicht zur Schule

Auch im Bildungsbereich zeigen sich Herausforderungen. Fachkräfte berichten von langen Wartezeiten auf einen Schulplatz, insbesondere bei Jugendlichen über 16 Jahren. Eigentlich müssten schulpflichtige Geflüchtete laut Gesetzgeber nach maximal drei Monaten in die Schule. In Niedersachsen haben laut der Befragung rund 20 Prozent der geflüchteten Kinder keinen Zugang zum regulären Schulunterricht - der Anteil liegt in Berlin sogar bei über 50 Prozent. Während der Schulzugang bundesweit für unter 16-Jährige überwiegend als gut bewertet wird (76 Prozent), sinkt dieser Wert bei den 16- bis 18-Jährigen auf 61 Prozent. Besonders schwierig ist die Lage für junge Volljährige: Nur 29 Prozent der Fachkräfte sehen hier einen ausreichenden Zugang zu Bildungs- und Sprachförderangeboten.

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Rassismus besonders in Städten ein Problem

Neben strukturellen Hürden werden auch Diskriminierungserfahrungen in der Umfrage thematisiert. Bundesweit berichten 55 Prozent der Befragten von alltäglichem Rassismus, in größeren Städten liegt dieser Wert noch höher. Schutzkonzepte in Schulen, Unterkünften und Einrichtungen der Jugendhilfe seien nicht flächendeckend vorhanden. Die Unterbringung in Sammelunterkünften könne das Risiko von Rückzug und psychischer Belastung erhöhen.

Verlässliche Strukturen könnten Jugendlichen helfen

Der Bericht des BuMF macht deutlich: Die Rahmenbedingungen für junge Geflüchtete sind sehr unterschiedlich - je nach Region, Alter und Aufenthaltsstatus. Die befragten Fachkräfte wünschen sich verlässlichere Strukturen, mehr Ressourcen in Bildung, Jugendhilfe und Gesundheit sowie eine langfristige Perspektive für die jungen Menschen. Ziel müsse es sein, nicht nur Schutz zu gewährleisten, sondern auch reale Teilhabe zu ermöglichen - unabhängig von Herkunft oder Aufenthaltsstatus.