Busse stehten auf dem KVG Betriebsgelände in Lüneburg.

Niedersachsen Warnstreik im ÖPNV Niedersachsen: Viele Busse bleiben im Depot

Stand: 22.04.2025 15:59 Uhr

Im öffentlichen Nahverkehr bleiben heute viele Busse im Depot. Die Gewerkschaft ver.di hat Beschäftigte mehrerer Verkehrsbetriebe in Niedersachsen zu Warnstreiks aufgerufen - auch Kundgebungen finden statt.

Ver.di zieht eigenen Angaben zufolge eine erste positive Bilanz zum Warnstreik. "In den betroffenen Regionen sind am Dienstag so gut wie keine Busse der bestreikten Unternehmen aus den Depots gefahren“, sagte Sprecher Marian Drews heute Nachmittag. Der Ausstand wird bis Betriebsende dauern, wie die Gewerkschaft dem NDR Niedersachsen vorab mitgeteilt hatte. Auf den Betriebshöfen gab es heute Versammlungen, unter anderem in Lüneburg. Allein in Nordhorn haben sich nach NDR Informationen rund 50 Busfahrerinnen und Busfahrer am Ausstand beteiligt.

Kritik am Warnstreik durch Arbeitgeber

Der Arbeitgeberverband Nahverkehr Niedersachsen (AVN) kritisierte den heutigen Warnstreik als unverständlich. Es habe bislang nur einen Verhandlungstermin gegeben, die Arbeitgeberseite sei konstruktiv mit einem Angebot eingestiegen, sagte Verhandlungsführer Uwe Gaßmann. Es sei nicht nachvollziehbar, dass danach zu einem Warnstreik aufgerufen wurde. "Es ist ein normaler Prozess, dass man sich aufeinander zubewegt", sagte Gaßmann.

Vom Warnstreik betroffen sind:

  • KVG Braunschweig - betroffen sind Salzgitter, Wolfenbüttel, Helmstedt
  • KVG Stade - betroffen sind Stade, Cuxhaven, Buxtehude
  • KVG Lüneburg
  • Nutzfahrzeuge Nordhorn GmbH - betroffen ist die Grafschaft Bentheim
  • Omnibusbetriebe von Ahrendtschild in Zeven
  • Regionalverkehr Hildesheim
  • Verkehrsbetriebe Grafschaft Hoya
  • Öffis Hameln-Pyrmont GmbH
  • Verdener Verkehrsgesellschaft
  • VLG Gifhorn

In Salzgitter, Wolfenbüttel, Helmstedt und Bad Harzburg ist laut Verkehrsgesellschaft KVG Braunschweig auch der Schülerverkehr betroffen. Ebenso in der Grafschaft Bentheim: Wie der Verkehrsverbund auf Anfrage von NDR Niedersachsen mitteilt, fährt heute kein Schulbus. Das Unternehmen versuche, die Haupt-Buslinien aufrechtzuerhalten. Außerdem fahre der Zug zwischen Bad Bentheim und Nordhorn. Bei der KVG Stade sind Schulfahrten teilweise vom Warnstreik ausgenommen, da diese Touren an andere Unternehmen vergeben seien, teilte das Unternehmen mit. Informationen sind meist auf den Webseiten der Verkehrsbetriebe zu finden.

Ver.di will Druck auf Arbeitgeber erhöhen

Laut ver.di wurde der Termin des Warnstreiks bewusst gewählt: "Noch vor Beginn der Abiturprüfungen und mit langer Vorlaufzeit angekündigt, um den Druck auf die Arbeitgeber vor der nächsten Verhandlungsrunde am 28. April zu erhöhen - ohne die Fahrgäste über Gebühr zu belasten." Das zuletzt von der Arbeitgeberseite vorgelegte Angebot reicht aus Sicht von ver.di nicht aus. Die Gewerkschaft fordere ein besseres Angebot der Arbeitgeberseite am 28. April, "so dass wir auf dieser Grundlage in der dritten Runde am 05. Mai, ohne weitere vorherige Arbeitskampfmaßnahmen zu einem Abschluss kommen können", sagte ver.di-Sprecher Drews. Sollte das allerdings nicht der Fall sein, kündigte ver.di einen erneuten Warnstreik für Dienstag, den 29. April, an. "Die Arbeitgeber haben es jetzt in der Hand", sagte Drews. "Wir hoffen aber, dass ein weiterer Streik nicht notwendig sein wird."

Beschäftigte fordern Lohnanpassung

Hintergrund des Warnstreiks sind die Verhandlungen um einen neuen Tarifvertrag im Tarifbereich "Verkehrsbetriebe Niedersachsen". Der Vertrag gilt laut dem ver.di-Sprecher für rund 2.500 Beschäftigte. Nach Angaben der Gewerkschaft erhalten die Beschäftigten im Tarifbereich "Verkehrsbetriebe Niedersachsen" weniger Lohn als ihre Kolleginnen und Kollegen im Tarifvertrag Nahverkehr (TV-N). Die Differenz im Fahrdienst betrage bis zu 3,30 Euro pro Stunde. Ver.di fordert unter anderem, den Lohn auf das Niveau des TV-N anzuheben. Dieser Tarifvertrag biete mehr Entwicklungspotential für die Angestellten, sagte der Betriebsratsvorsitzende der KVG Lüneburg, Detlef Liepold, dem NDR Niedersachsen.

ÖPNV-Warnstreiks im Februar - anderer Tarifkonflikt

Bereits zu Beginn des Jahres hatten Warnstreiks in vielen Städten Niedersachsens den öffentlichen Nahverkehr lahmgelegt - damals waren Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen ausschlaggebend. Zu einer Einigung in dem Tarifstreit kam es Anfang April, bis 9. Mai läuft noch eine ver.di-Mitgliederbefragung über den Abschlussvorschlag.

Was ist der Unterschied zwischen Warnstreik und Streik?
Bei Warnstreiks handelt es sich laut dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) vorwiegend um kurzfristige Arbeitsniederlegungen. Diese umfassen etwa wenige Arbeitsstunden oder einzelne Schichten und können wiederholt werden. Das Ziel: Mitglieder und Beschäftigte zu mobilisieren und Kampfbereitschaft zu signalisieren. In der Praxis ziehen sich Warnstreiks auch mal über mehrere Tage, die Grenzen zu einem Streik sind somit fließend. Juristisch gibt es nach Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) keine Unterscheidung. Für einen regulären Streik gibt es aus Sicht des DGB jedoch zwei Voraussetzungen: Die Verhandlungen zwischen Gewerkschaft und Arbeitgeber müssen formal für gescheitert erklärt werden. Und die Gewerkschaftsmitglieder unter den Beschäftigten müssen sich in einer Urabstimmung für einen Streik aussprechen.

Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Niedersachsen | Regional Oldenburg | 22.04.2025 | 15:00 Uhr