Ein Acker vor einem Gewerbegebiet

Niedersachsen Wenn sich die Landwirtschaft Ackerland nicht mehr leisten kann

Stand: 21.04.2025 08:00 Uhr

Die Preise für Ackerflächen haben sich in den vergangenen zehn Jahren fast verdoppelt. Für Landwirte in Niedersachsen wird das ein immer größeres Problem. Gerade Berufseinsteiger haben es schwer, denn die Konkurrenz ist riesig.

Ottmar Ilchmann, Milchbauer und Vorstand der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, ist eigentlich ein ruhiger Typ. Aber beim Thema Bodenpreise kann er sich in Rage reden. "Da zahlen Landwirte teilweise deutlich über 1.000 Euro Pacht pro Hektar im Jahr", so Ilchmann. "Aber auf einem Hektar lässt sich nur ein Ertrag von rund 500 Euro jährlich erwirtschaften." Mit anderen Worten: Der Landwirt zahlt drauf. Es sei denn, er baut Kulturen an, die einen höheren Ertrag versprechen, Kartoffeln zum Beispiel oder Kräuter. Der Landwirt aus Ostfriesland kann über die Preise, die mittlerweile für landwirtschaftliche Flächen aufgerufen werden, nur noch den Kopf schütteln. Aus Südoldenburg und dem Emsland hört er von 1.400 bis 1.500 Euro je Hektar.

Niedersachsen ist bei den Preisen vorn

Gerade im Nordwesten der Republik kennen die Preise nur eine Richtung: nach oben. Das bestätigt auch das niedersächsische Landwirtschaftsministerium. In den vergangenen zehn Jahren sind die Pachtpreise für Ackerland in Niedersachsen um mehr als 80 Prozent gestiegen. Auch beim Kaufpreis lag Niedersachsen 2023 mit mehr als 48.000 Euro pro Hektar deutlich über dem Bundesschnitt.

Ackerland kaufen - davon kann Kai Blankemeyer aus der Gemeinde Ganderkesee (Landkreis Oldenburg) nur träumen. Vor zwei Jahren hat er den Ackerbaubetrieb seines Vaters übernommen. Er baut Kartoffeln und Getreide auf gepachteten Flächen an, hat kaum eigenes Land. Das wird zunehmend zum Problem. "Land lässt sich nun einmal nicht vermehren", sagt Blankemeyer. "Ich konkurriere nicht nur mit anderen Landwirten um die Flächen, sondern wir merken auch den Druck der Gemeinde, die Gewerbegebiete ausweisen will."

Vieles geht unter der Hand

Der Landwirt Kai Blankemeyer steht auf einem Acker.

Landwirt Kai Blankemeyer aus der Gemeinde Ganderkesee hat bereits etliche Hektar Land verloren.

Blankemeyer hat bereits etliche Hektar Land verloren. Dort, wo der Boden besonders ertragreich gewesen ist, steht jetzt ein großes Zentrallager. Und die Gemeinde plant ein weiteres Gewerbegebiet. "Ich kann die Verkäufer auch verstehen, die wollen mit ihrem Land natürlich den besten Preis erzielen", gibt Landwirt Blankemeyer zu. Aber das Problem verschärfe sich von Jahr zu Jahr.

Auch der Solar-Boom trägt dazu bei. Flächen entlang der Autobahn sind besonders begehrt. Solaranlagen-Betreiber bieten ein Vielfaches der Pachtpreise, die Landwirte bezahlen können. Gleiches gilt für Windkraftanlagen. Wenn Flächen auf den Markt kommen, sagt Blankemeyer, seien die sofort vergriffen. "Da kommt man gar nicht dahinter, vieles geht unter der Hand weg."

Gerade für Berufseinsteiger sei das ein Problem, bestätigt Ottmar Ilchmann. Diese hätten keine Chance, an geeignete Flächen zum Wirtschaften zu kommen. Er ist sich sicher: Wenn es so weitergeht, müssten noch mehr Betriebe aufgeben als ohnehin schon.

Kann ein Gesetz helfen?

Eine Gesetzesinitiative soll nun Abhilfe schaffen: das Agrarstrukturierungsgesetz. Land- und forstwirtschaftlicher Grund und Boden soll vorwiegend den Land- und Forstwirten, die ihn selbst bewirtschaften, zugutekommen und vorbehalten bleiben. "Gleichzeitig wollen wir den landwirtschaftlichen Boden vor Spekulationen und branchenfremden Investoren schützen", heißt es aus dem Landwirtschaftsministerium. Die landwirtschaftlichen Flächen müssten jetzt und auch in Zukunft bezahlbar bleiben. Außerdem sollen die Gründung oder Übernahme von Betrieben und vor allem der Flächenzugang künftig erleichtert werden. Wann das Gesetz in Kraft treten könnte, steht noch nicht fest. 

Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | Hallo Niedersachsen | 21.04.2025 | 19:30 Uhr