Frau mit Sonnenhut sitzt auf der Wiese und trägt Sonnenschutz auf

Nordrhein-Westfalen Blass statt braun: Sonnenanbeter haben ein Image-Problem

Stand: 14.05.2025 13:25 Uhr

Stundenlang in der Sonne braten und dann mit der Bräune glänzen? Das war einmal. Noble Blässe wird immer mehr zum Idealbild.

Stabile Temperaturen über 25 Grad, kaum Wolken am Himmel, viel Sonnenschein: Das aktuell frühsommerliche Wetter kommt gut an. Vor ein paar Jahren wäre es keine Frage gewesen, was das für die meisten bedeutet: Ab auf die Wiese, möglichst viel Haut auspacken und dann schön braun werden.

Gebräunte Haut wird als attraktiv empfunden, weil sie besonders ist, sagte der Düsseldorfer Soziologe Ulrich Rosar dem WDR: "In Zeiten, in denen die Menschen in Büros und Fabriken arbeiten und daher selten in die Sonne kommen, ist gebräunte Haut schwierig zu erreichen." Zudem diene sie als "Statussymbol", so Rosar. Die Botschaft: Ich kann es mir leisten, in den Urlaub zu fahren und in der Sonne zu liegen.

Allerdings befinde sich dieses Schönheitsideal derzeit im Wandel, glaubt Rosar festzustellen:

Das Wissen um die gesundheitsschädliche Wirkung des UV-Lichts hat das Verhalten der Menschen beeinflusst.

Ulrich Rosar, Düsseldorfer Soziologe

Konkrete Forschungen und Statistiken zu dem Thema gebe es derzeit leider noch nicht. Aber eben Alltagsbeobachtungen. Und die zeigten ganz klar: Menschen mit ledergegerbter Haut und extremer Bräune hätten inzwischen Seltenheitswert, so Rosar.

Fast doppelt so viele Menschen wegen Hautkrebs im Krankenhaus als vor 20 Jahren

Kein Wunder, dass die Menschen vorsichtiger geworden sind, wenn man sich aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamtes ansieht. Demnach hat die Zahl der Deutschen, die in Krankenhäusern wegen Hautkrebs behandelt werden mussten, innerhalb von zwei Jahrzehnten um 88 Prozent zugenommen. 2003 waren es 62.000 Personen, 2023 schon 116.900.

Eine spontane WDR-Umfrage in Bielefeld zeigt: Das Problembewusstsein ist vorhanden. "Ich finde es zwar schön, aber es ist auch ungesund", sagt Steffi. Sophie liegt hingegen lieber im Halbschatten - mit voller Absicht. Dass sie dort nicht braun wird, stört sie nicht. "Das war mal ein Trend", sagt sie. Jetzt laute die Devise: "Creme dich lieber noch dreimal ein, bevor irgendetwas passiert."

Hautkrebs-Vorsorge: Australien ist Vorbild

In Australien ist das Thema Hautkrebs und Sonneneinstrahlung schon viel länger präsent. Aufklärungskampagnen, Presseberichte und mobile Haut-Screening-Trucks, die auch in abgelegene Gegenden fahren, haben dort eine Wirkung hinterlassen, die das Land zu einem der weltweiten Vorbilder in der Hautkrebsprävention macht. Das berichtet beispielsweise der Schwimmlehrer John Boyskill aus dem westaustralischen Margaret River. Er hat bereits drei Hautkrebs-Erkrankungen hinter sich. "Alle wurden rechtzeitig erkannt, sodass es keine bleibenden Schäden gab", sagte er dem WDR.

Ein Arzt untersucht in der Praxis die Hautpartie eines Patienten

Australien: dreimal im Jahr zum Hautkrebs-Screening

Boyskill trägt immer Hut oder Mütze, cremt sich regelmäßig ein, vermeidet die pralle Mittagssonne und geht zwei bis drei Mal im Jahr zur Vorsorge. Damit sei er nicht allein im Land, sagt er. Wenn er anderen Australiern von seinen Krebserkrankungen erzählt, sei die typische Reaktion nicht Mitleid, sondern meist ein wissendes Nicken: "Ja ja, das hatte ich auch."

UV-Belastung: Nicht erst am Strand, sondern im Alltag vorhanden

Auch die Dermatologin Emilia Loewe aus Göttingen plädiert für noch mehr Sonnenschutz und Bewusstsein mit Blick auf die Gefährlichkeit von UV-Strahlen. "Die Belastung beginnt nicht erst am Strand im Urlaub, sondern bereits im Alltag", sagte sie dem WDR. Den Menschen sei die UV-Gefahr zwar meist bewusst, der Schutz davor werde aber dennoch oft vernachlässigt.

Sonnencreme: Welche Menge soll man auftragen?

Eine junge Frau verteilt Sonnencreme auf ihrem Arm

Cremen, Cremen, Cremen: Das raten Hautärzte

Loewe empfiehlt eine Routine, bei der man sich regelmäßig, ausreichend und mit einem hohen Lichtschutzfaktor von 50 oder mehr eincreme. Und zwar nicht nur einmal. "Gerade nachdem man geschwitzt hat, im Wasser war und sich abgetrocknet hat, nimmt der Schutz schnell ab", sagte die Dermatologin: "Also immer fleißig nachcremen." Zusätzlich zur Sonnencreme seien Kopfbedeckung und Sonnenbrille genauso zu empfehlen wie der regelmäßige Aufenthalt im Schatten.

Bei intensiver Sonneneinstrahlung rät sie zudem zu langer, luftiger Kleidung. Und auch der jährliche Gang zur Vorsorge sollte nicht vergessen werden. Konsequenter Schutz, so Loewe, sei für alle wichtig, bei Kindern aber besonders: "Die Haut vergisst nicht. Sonnenbrände in jungen Jahren erhöhen das Hautkrebsrisiko im Erwachsenenalter deutlich."

Bleibt zum Schluss die Frage, was denn eine "ausreichende Menge" an Sonnencreme überhaupt ist. Loewe empfiehlt dabei, den Körper in verschiedene Bereiche wie Arm, Bein, Gesicht, Hals, Brust oder Rücken einzuteilen. Auf jeden dieser Bereiche solle man zwei fingerlange Streifen auftragen: "Das ist die ideale Menge."

Unsere Quellen:

  • Interview mit Dermatologin Emilia Loewe im WDR 5 Morgenecho
  • Interview mit Soziologe Ulrich Rosar im WDR 5 Morgenecho
  • Nachrichtenagenturen dpa, AP
  • Statistisches Bundesamt