Ein Symbolbild zeigt zwei Polizisten von hinten.

Nordrhein-Westfalen Anschlagspläne vereitelt: Festnahmen wegen russischer Spionage

Stand: 14.05.2025 15:49 Uhr

Drei Ukrainer sind festgenommen worden, einer von ihnen in Köln. Der Vorwurf: Anschlagspläne im russischen Auftrag.

Von Sabine Tenta

Nach der Festnahme von drei Agenten, einer von ihnen lebte in Köln, die im Auftrag Russlands Sprengvorrichtungen in die Ukraine senden sollten, hat sich NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU), besorgt gezeigt. In Düsseldorf sprach er von einer "neuen Qualität hybrider Bedrohung" in NRW und Deutschland. "Das ist eine riesenhafte neue Baustelle, die wir da haben." Die russischen Geheimdienste würden risikobereiter vorgehen und sogenannte "Low-Level-Agenten für kleines Geld" anwerben. Deren Tätigkeit richte sich dann gegen staatliche Institutionen, Privatunternehmen und einzelne Personen.

Veröffentlichungen aus dem Kreml zeigten, dass Deutschland dabei besonders im Fokus stehe. Weitere Details wollte Herbert Reul mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen nicht nennen. "Ich bin mir auch nicht sicher, ob das schon alles ist", sagte er und betonte, die Gefahr sei sehr ernst gewesen.

Testpakete brachte Ermittler auf die Spur

Herbert Reul gestikuliert

NRW-Innenminister Reul

Reul äußerte sich auch zum Ablauf der Ermittlungen. Er bestätigte, dass von Deutschland aus Pakete in die Ukraine geschickt werden sollten, mit dem Ziel, diese zur Explosion zu bringen. Ob diese Sprengung auf deutschem oder ukrainischem Gebiet geplant war, konnte Reul nicht sagen. Es habe bereits zwei Testpakete mit GPS-Trackern gegeben.

Über diese Test-Sendung seien Polizei und Verfassungsschutz in NRW auf die mutmaßlichen Täter aufmerksam geworden. Wegen der besonderen Bedeutung sei das Verfahren an die Bundesanwaltschaft übergeben worden. Ausdrücklich lobte der Landes-Innenminister die Zusammenarbeit der Ermittlungsbehörden "zwischen Bund und Ländern, aber auch mit dem Ausland", denn einer der Verdächtigen wurde in der Schweiz festgenommen.

Sicherheitsexperte Schmidt-Eenboom: "Neue Stufe der Eskalation"

Ein Mann mit Bart schaut in eine Kamera, hinter ihm ist ein Bücherregal

Erich Schmidt-Eenboom

Auch der Sicherheitsexperte Erich Schmidt-Eenboom sieht "eine neue Stufe der Eskalation". Er zählt vorherige Bedrohungen auf: Die Sabotagevorbereitungen in Bayern auf die Lieferrouten militärischer Hilfsgüter für die Ukraine, die "zahllosen Drohnenangriffen auf zivile und militärische Infrastruktur in Deutschland" und die "Paketbombe bei DHL in Leipzig".

Für Schmidt-Eenboom handelt es sich um "einen großen Abwehrerfolg unserer Behörden". Er schätzt, dass die Telekommunikation der Verdächtigen erfolgreich überwacht wurde. "Mindestens bei dem in Köln Ansässigen dürfte man Observationskapazitäten angesetzt haben", so habe man die Pakete mit GPS-Trackern finden können.

Schwachstelle in der Schweiz?

Die Festnahme in der Schweiz ist für den Sicherheitsexperten Erich Schmidt-Eenboom ein Indiz dafür, dass die Gefahr bestehe, dass sich die Schweiz "in eine operative Drehscheibe für russische" Interventionen entwickelt. Offensichtlich sei in diesem Fall "der schlecht bewachte Grenzübergang zwischen Konstanz und Kreuzlingen" genutzt worden. Die deutsche Bundesregierung müsse Druck auf Bern ausüben, "damit die Schweiz russische Scheindiplomaten ausweist". Das hätten andere europäische Staaten im Gegensatz zur Schweiz durchaus getan.

FDP fordert bessere Ausstattung der Sicherheitsbehörden

Der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Marc Lürbke forderte im WDR "eine bessere Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden". Die Behörden müssten "optimal ausgestattet werden, um auf diese Bedrohungen reagieren zu können", der Verfassungsschutz brauche mehr Ressourcen.

Die sicherheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Christina Kampmann, betonte den Ernst der Lage und forderte, "dass die Landesregierung endlich Schutzkonzepte entwickelt und die Bürgerinnen und Bürger stärker für die Risiken einer Störung unserer kritischen Infrastruktur sensibilisiert". Bislang sei zu wenig geschehen.

Die bislang bekannten Fakten zu den Festnahmen

Einer der Verdächtigten, Vladyslav T., wurde laut Bundesanwaltschaft am vergangenen Freitag in Köln festgenommen, er sei noch am Abend dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt worden. Ein zweiter Verdächtiger, Daniil B., wurde den Angaben zufolge am Samstag in Konstanz festgenommen. Eine weitere Festnahme sei am Dienstag in der Schweiz, im Kanton Thurgau erfolgt. Yvhen B. hat, ebenso wie die beiden anderen Festgenommenen, die ukrainische Staatsbürgerschaft. Er befindet sich noch in der Schweiz.

Die konkreten Vorwürfe gegen die Festgenommenen

Laut Bundesanwaltschaft besteht gegen die Beschuldigten der dringende Verdacht der Agententätigkeit zu Sabotagezwecken. In diesem Zusammenhang werde ihnen auch vorgeworfen, sich zur Begehung einer schweren Brandstiftung sowie der Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion bereit erklärt zu haben. Die genauen Paragrafen des Strafgesetzbuches lassen sich der Pressemitteilung der Bundesanwaltschaft entnehmen.

Sprengstoffanschläge per Paketfracht geplant

Die Bundesanwaltschaft führt auch die konkreten Vorwürfe näher aus, die den Verdächtigen laut Haftbefehl zur Last gelegt werden und wer dabei jeweils welche Tätigkeit übernommen habe.

Demnach erklärten sich Yevhen B., Daniil B. und Vladyslav T. "spätestens Ende März 2025 gegenüber einer oder mehreren mutmaßlich im Auftrag russischer staatlichen Stellen handelnden Personen" bereit, "Brand- und Sprengstoffanschläge auf den Gütertransport in der Bundesrepublik Deutschland zu begehen".

Dazu sollten die drei Pakete von Deutschland aus an Empfänger in der Ukraine mit Spreng- oder Brandvorrichtungen versenden, die sich während des Transports entzünden sollten. Um geeignete Transportwege auszukundschaften, habe Vladyslav T. Ende März 2025 in Köln zwei Testpakete aufgegeben, in denen sich unter anderem GPS-Tracker befanden. Den Auftrag dazu habe Yevhen B erteilt. Er habe dann über Daniil B. auch die Paketinhalte zur Verfügung gestellt.

Die Bundesanwaltschaft führt das Verfahren nach eigenen Angaben wegen der "besonderen Bedeutung". Die Ermittlungen führt das Bundeskriminalamt.

Darüber berichten am Mittwoch auch die WDR-Hörfunknachrichten.

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