Rheinland-Pfalz Aus Wüste soll Wald werden: Startschuss für Sahara-Begrünung
Einen gigantischen Wald mitten in der Wüste pflanzen – das klingt nach Science-Fiction. Aber genau das ist die Idee hinter dem Projekt "Sahara Renaissance“.
Die Sahara – endlose Weiten. Mit neun Millionen Quadratkilometern ist sie die größte Trockenwüste der Welt und etwa 26 Mal so groß wie Deutschland. Und es ist ausgerechnet dieses gigantische afrikanische Ödland, in dem der Wissenschaftler Peter Heck eine ebenso gigantische Chance für den Klimaschutz sieht.
Auf einer Fläche – so groß wie Rheinland-Pfalz – will er in der Wüste von Mauretanien einen Wald anpflanzen. Das Wasser dafür will er aus dem Atlantik pumpen und in riesigen Anlagen entsalzen lassen. Der Name des Projektes "Sahara Renaissance", auf deutsch: die Wiederauferstehung der Wüste. Es klingt nach einer Träumerei, fast schon nach Größenwahnsinn.
Wald soll ein Drittel des deutschen CO²-Ausstoßes aus der Luft filtern
Dabei sind die Pläne durchaus realistisch, sagt der Professor vom Umwelt-Campus Birkenfeld: "Fahren Sie nach Dubai oder Abu Dhabi. Vor 40 Jahren sah es da genauso aus wie in Mauretanien. Heute haben Sie dort Wälder und Parks, die mit entsalztem Meerwasser angelegt wurden."

Die Sahara ist die größte Trockenwüste der Welt. In Mauretanien grenzt sie an den Atlantik.
Heck geht es aber nicht darum, Luxus-Städte zu begrünen, sondern um den Kampf gegen den Klimawandel. Denn der neue Wald in der Wüste könnte nach seinen Berechnungen rund ein Drittel der deutschen CO²-Ausstöße binden.
Forscher wollen Miniaturversion in diesem Jahr realisieren
Auf den ersten 50 Hektar soll es damit schon im Herbst losgehen. Das wurde heute bei einer Konferenz auf dem Umwelt-Campus bekanntgegeben. Eine Baumschule und ein kleines Hotel mit Showroom werden gebaut. Eine Art Miniaturversion des eigentlichen großen Projektes. Damit Investoren und Banker sich schon mal davon überzeugen können, dass ihr Geld in der Sahara gut angelegt ist.
"Wir brauchen sehr viel Geld und das kommt nur nach Mauretanien, wenn Sie zeigen, dass Sie auf einer Sanddüne im Nichts Pfanzen anbauen können", sagt Peter Heck: "Dann kriegen Sie von Banken und Geldgebern das nötige Kapital, um die große Anlage zu bauen."

Erstmal will Peter Heck eine kleinere Version des Projektes realisieren. Das könnte dann so aussehen.
Luxemburgische Firma investiert sieben Millionen Euro
Und irgendwann könnten die Investoren dann am Verkauf von CO²-Zertifikaten verdienen. Siebeneinhalb Millionen Euro sind bereits für das Projekt zusammengekommen. Sie stammen von dem Unternehmen "Darkgreen Impact Energy" aus Luxemburg. Deren CEO Philippe Gruber ist der Klimaschutz nach eigenen Angaben wichtig: "Ich habe drei kleine Kinder und will ihnen eine Welt hinterlassen, in der man leben kann."

Philippe Gruber ist der Geschäftsführer der luxemburgischen Firma, die das Startkapital für "Sahara Renaissance" bereitgestellt hat.
Er weiß aber auch: Das Projekt funktioniert nur dann, wenn Unternehmen darin auch ein gutes Geschäft sehen. "Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass wir jetzt dieses Risiko nehmen und ein gewisses Startkapital investieren, damit diese Vision auch Realität wird."
Mauretanische Regierung sieht große Chancen in dem Projekt
In zweieinhalb Jahren dann – wenn es richtig losgeht – brauchen Peter Heck und sein Team dann geschätzt sechs Milliarden Euro und irgendwann dann sogar bis zu 120 Milliarden. Das Geld wird gebraucht für die Entsalzungsanlagen an der Atlantikküste. Für die Pipelines, die das Wasser ins Landesinnere schwemmen sollen. Für die Solar- und Windkraftanlagen, die den Strom für diese Anlagen produzieren sollen. Und für den Kauf der Grundstücke und der Nutzungsrechte für Häfen, Straßen und die Ressourcen aus dem Meer.
Mit der mauretanischen Regierung soll in den nächsten Wochen ein erster Vertrag unterzeichnet werden. Taghiya Abeiderrahmane vom dortigen Energieministerium verspricht sich davon einiges für ihre Region: "Die Gemeinden in der Region werden sehr stark profitieren. Sie bekommen durch das Projekt Wasser, Lebensmittel und eine bessere Energieversorgung und Infrastruktur."

Taghiya Abeiderrahmane arbeitet für das mauretanische Energieministerium. Sie hat einen Vortrag bei der Konferenz auf dem Umwelt-Campus Birkenfeld gehalten.
Mauretanien hat Sonne, Wind und Meer für Energieproduktion
Hinzu kommt: Das Projekt könnte Arbeitsplätze in der strukturschwachen Region schaffen. In der ersten Phase werden zwölf Mauretanier für das Pflanzen und Pflegen der Bäume angestellt. Irgendwann könnten nach Hecks Berechnungen bis zu 400.000 Menschen in den Plantagen arbeiten.

Die Welt zu Gast im Hunsrück: Bei der Konferenz auf dem Umwelt-Campus in Birkenfeld waren viele internationale Besucher.
Und dafür hat Mauretanien den Wissenschaftlern durchaus auch etwas zu bieten: nahezu perfekte Bedingungen, um erneuerbare Energie zu produzieren. Hier gibt es Windgeschwindigkeiten, die in Europa nicht zu finden sind. "Außerdem scheint die Sonne bei uns durchgehend und wir haben eine 750 Kilometer lange Atlantikküste - also auch einen perfekten Zugang zum Wasser, um daraus grünen Wasserstoff herzustellen", sagt Taghiya Abeiderrahmane.
Experte: Entsalzung braucht viel Energie
Klingt nach einem Gewinn für alle. Die Wissenschaft blickt aber mit geteilter Meinung auf das Projekt. Grundsätzlich halten Experten wie Frithjof Kuepper von der Universität im schottischen Aberdeen die Pläne für umsetzbar: "Und ich glaube, wir müssen auch so groß denken, angesichts der Gefahren durch den Klimawandel. Aber das Ganze macht nur Sinn, wenn es tatsächlich gelingt, diese Entsalzungsanlagen komplett klimaneutral zu betreiben."

Frithjof Kuepper befasst sich an der Universität Aberdeen als einer von wenigen Experten weltweit mit der Umweltverträglichkeit von Entsalzungsanlagen.
Und da meldet der Experte Zweifel an. Denn einerseits fressen die Anlagen viel Energie und andererseits müsse die auch stabil fließen. Und das sei mit Windrädern und Solaranlagen nur schwer zu machen. "Das geht rauf und runter. Die Sonne scheint nicht gleich stark und der Wind bläst auch nicht gleich stark. Es fehlt die Netzstabilität", meint Kuepper. Also brauche es Speicher und eine gute Netzinfrastruktur - beides müsse in Mauretanien, einem der ärmsten Länder der Welt, erst aufgebaut werden.
Salzlauge soll mit Schiffen ins offene Meer gebracht werden
Und es gibt noch weitere Schattenseiten der Entsalzungsanlagen. Zum Beispiel die konzentrierte Salzlauge, die dort als Abfallprodukt anfällt. Wenn diese Brühe wieder zurück ins Meer geleitet wird, sinkt dort der Sauerstoffgehalt.
Im schlimmsten Fall können sogenannte Todeszonen an den Küsten entstehen, sagt Frithjof Kuepper: "Wenn Sie dort tauchen gehen, sehen Sie einen richtigen Nebel, der das Wasser trübt und Ökosysteme stresst."
Zumindest diese Bedenken kann Peter Heck ausräumen. Die Salzlauge, die anfällt, soll mit Schiffen auf den offenen Atlantik transportiert und dort abgelassen werden. "Wenn das weit genug draußen im Meer passiert, sehe ich kein Problem", sagt Frithjof Kuepper: "Dann wird das Salz in der Strömung verwirbelt."
Derzeit wird noch geprüft, wie sich die Renaissance der Sahara mit der Umwelt verträgt. Und zugegeben: Mehrere Milliarden aufzutreiben – das könnte für Peter Heck und seine Kollegen ein noch größeres Problem werden. Der Professor ist aber guter Dinge, dass es gelingen kann, um die Sahara wiederzubeleben.
Sendung am Mi., 14.5.2025 19:30 Uhr, SWR Aktuell Rheinland-Pfalz, SWR RP