Babyfüße: Elternzeit ist bei Bürgermeistern nicht vorgesehen

Rheinland-Pfalz Bürgermeister dürfen keine Elternzeit nehmen: "Ein bisschen aus der Zeit gefallen"

Stand: 24.04.2025 17:10 Uhr

Bürgermeister in Rheinland-Pfalz können keine Elternzeit nehmen - und gehen, wie aktuell in Landau, dann auch mit Baby ins Büro. Warum Elternzeit nicht vorgesehen ist, erklärt Verwaltungswissenschaftlerin Constanze Janda.

Der Landauer Bürgermeister Lukas Hartmann (Grüne) wollte nach der Geburt seines Sohnes möglichst viel Zeit mit ihm verbringen. Nach vier Wochen Urlaub blieb ihm jedoch dafür als einzige Option, das Baby mit zur Arbeit zu nehmen. Ähnlich ging es Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler (SPD) aus Speyer. Auch sie nahm ihr Kind nach der gesetzlichen Mutterschutzfrist mit.

SWR Aktuell: Frau Janda, welches Gesetz müsste sich ändern, damit Elternzeit für Bürgermeisterinnen und Bürgermeister möglich wäre?

Janda: Das ist die Frage, ob man das überhaupt ändern möchte. Wenn man es ändern wollen würde, müsste man an die beamtenrechtlichen Arbeitszeit- und Urlaubsverordnungen ran, die in jedem Bundesland unterschiedlich sind. Aber die Frage ist, ob das gewollt ist.

Verwaltungswissenschaftlerin Prof. Constanze Janda

Verwaltungswissenschaftlerin Constanze Janda

SWR Aktuell: Sie meinen, weil diese Menschen gewählt sind?

Janda: Ursprünglich ist das wahrscheinlich einfach nicht vorgekommen. Als diese ganzen Gesetze gemacht wurden, hat da wahrscheinlich nie jemand drüber nachgedacht. Aber die Idee ist: Ich werde gewählt für einen begrenzten Zeitraum, und ich kann ja die Elternzeit theoretisch drei Jahre nehmen. Das heißt, es könnte dann passieren, dass ich mehr als die Hälfte meiner Amtszeit gar nicht da bin, sondern in Elternzeit. Das ist dann schon ein bisschen schwierig, dass den Wählerinnen und Wählern zu vermitteln.

Und dann könnte man ja auch sagen: Das macht ein Stellvertreter, wie im Krankheitsfall. Aber durch die Wahl ist so viel persönliches Vertrauen der Wählerinnen und Wähler in diese eine Person investiert worden, dass das auch schwierig ist.

SWR Aktuell: Wer keine Kinder hat, denkt vielleicht, dass jeder Elternzeit nehmen darf. Aber wem steht das grundsätzlich nicht zu?

Constanze Janda: Diesen Rechtsanspruch haben erst mal nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Also alle, die abhängig beschäftigt sind. Selbstständige haben keine Elternzeit. Dann haben wir noch das Beamtenrecht. Beamte im Bund und die Landesbeamten dürfen Elternzeit nehmen. Schwieriger sind die kommunalen Wahlbeamten. Es ist ziemlich verzwickt, was die Bürgermeister und Landräte angeht. Da muss man richtig viel recherchieren, denn es ist in jedem Bundesland anders. In Rheinland-Pfalz gibt es dafür schlicht und ergreifend keine Rechtsgrundlage. In Baden-Württemberg ist Elternzeit für Bürgermeister zum Beispiel möglich.

SWR Aktuell: Und wie ist es mit gewählten Abgeordneten im Landtag oder Bundestag?

Janda: Auch die Abgeordnetengesetze sehen das nicht vor. Man braucht immer ein Gesetz, was das erlauben würde. Man kann nicht einfach ohne gesetzliche Grundlage in Elternzeit gehen.

SWR Aktuell: Was habe ich als Bürgermeister oder Bürgermeisterin für Optionen, wenn ich keine Elternzeit nehmen kann?

Janda: In Ländern wie Rheinland-Pfalz, wo es offenkundig keine Regelung gibt, gibt es tatsächlich einfach keinen Weg. In dem Fall in Landau hat der Bürgermeister ja erst mal Urlaub genommen. Das geht, aber sonst haben wir da keine Möglichkeit.

SWR Aktuell: Das heißt, man müsste zurücktreten?

Janda: Im Grunde schon. Entweder man macht keine Elternzeit - oder man muss es auf diese komische Art und Weise machen, dass man das Kind überall hin mitbringt, was ja auch keine Elternzeit ist.

SWR Aktuell: Hält das nicht insbesondere Frauen davon ab, sich um solche Ämter zu bewerben?

Janda: Ich könnte mir das schon vorstellen. Ich bin mir nicht sicher, wie genau man sich, bevor man sich so eine Kandidatur überlegt, dann im Einzelnen mit der Rechtslage beschäftigt. Ich könnte mir auch vorstellen, dass manche im Amt dann überrascht werden von den fehlenden Möglichkeiten.

SWR Aktuell: Welche Veränderungen wären aus Ihrer Sicht möglich?

Janda: Das hat aus meiner Sicht alles seine grundsätzliche Berechtigung, wegen dieser starken Vertrauensbeziehung zu den Wählerinnen und Wählern. Aber ich finde, das ist auch ein bisschen aus der Zeit gefallen. Und vielleicht könnte man sich Kompromisse überlegen, das man nicht eine dreijährige Elternzeit ermöglicht, sondern eine etwas kürzere. Oder zumindest eine Teilzeit-Elternzeit. Das fände ich angemessen, da könnte man sein Amt weiter ausüben und hätte trotzdem das Vertrauen der Wähler nicht enttäuscht.

Weitere Informationen
Constanze Janda ist Professorin für Bürgerliches Recht, Medizinrecht, Deutsches und Europäisches Sozialrecht. Sie ist Inhaberin des Lehrstuhls für Sozialrecht und Verwaltungswissenschaft an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer.