Die Meistermannschaft des 1. FC Kaiserslautern 1998

Rheinland-Pfalz Deutscher Meister 1998: Der größte Tag der FCK-Vereinsgeschichte

Stand: 02.06.2025 14:16 Uhr

Am 2. Juni 2025 feiert der 1. FC Kaiserslautern seinen 125. Geburtstag. SWR Sport schaut zurück auf den wohl größten Tag der Vereingeschichte: Den Gewinn der Meisterschaft im Jahr 1998.

Von SWR

Es war das wohl größte Fußball-Wunder in der knapp 60-jährigen Geschichte der Bundesliga: Der 1. FC Kaiserslautern düpierte in der Saison 1997/1998 mit einer eingeschworenen Truppe, dem Taktik-Fuchs Otto Rehhagel auf der Bank und fantastischen Fans die Elite des deutschen Fußballs und wurde Deutscher Meister - und das als Aufsteiger. In den heutigen Zeiten, in denen der Fußball vollständig durchkommerzialisiert ist, Unsummen aus verschiedenen Töpfen für ein Ungleichgewicht in den Wettbewerben sorgen und hierzulande der Großteil der letzten Meistertitel allesamt an den FC Bayern gingen, scheint eine solche Leistung nicht mehr wiederholbar. 1998 schrieb der FCK Fußball-Geschichte.

Zurück in der Beletage des deutschen Fußballs

Hinter dem FCK lagen bewegte Jahre: Bundesligaabstieg, DFB-Pokalsieg, Wiederaufstieg. Rund um den Betzenberg und in der Stadt herrschte eine große Euphorie. Alle freuten sich endlich wieder da zu sein, wo man dem eigenen Selbstverständnis nach hingehörte: In der Beletage des deutschen Fußballs.

Gleich am ersten Spieltag kam es zu einem pikanten Duell: Der deutsche Meister Bayern München empfing den Aufsteiger Kaiserslautern. Für FCK-Trainer Otto Rehhagel war es die Rückkehr an den Ort, wo er im April 1996 entlassen worden war.

Michael Schjönberg mit dem goldenen Treffer gegen die Bayern

Die Roten Teufel sorgten direkt für einen Paukenschlag. Sie gewannen beim deutschen Rekordmeisters dank einer taktischen Meisterleistung und eines Kopfballtreffers des dänischen Abwehrspielers Michael Schjönberg mit 1:0 und sorgten dafür, dass die Euphorie rund um den Betzenberg nicht nur erhalten blieb, nein, sie steigerten sie sogar noch. Erst am achten Spieltag, mit einer 1:3-Heimpleite gegen Werder Bremen, setze es die erste Niederlage, doch da war der FCK bereits seit Wochen Tabellenführer.

Viele Protagonisten im Formhoch

Der Lauf hatte einiges deutlich gemacht: Die Roten Teufel waren wieder da - und wie! Sie hatten eine eingespielte Truppe, waren schwer zu bespielen und noch schwerer war es, Tore gegen sie zu erzielen. Die Abwehr mit Libero Miroslav Kadlec sowie den beiden Manndeckern Harry Koch und Michael Schjönberg stand sicher. Auch die Außenbahnspieler Martin Wagner (links) und Andreas Buck (rechts) arbeiteten nach hinten mit, machten aber auch ständig Druck nach vorne.

In der Mittelfeldzentrale war der Schweizer Ciriaco Sforza der Chef, er dirigierte das FCK-Spiel sowie seine Mitspieler. Der Brasilianer Ratinho sorgte für das kreative Element im Offensivspiel, vorne lauerten die beiden Angreifer Olaf Marschall und Pavel Kuka auf verwertbare Zuspiele. Mit Jürgen Rische hatte der FCK einen torgefährlichen Joker, die Youngster Marco Reich und Michael Ballack brannten auf Einsätze. Mit Oliver Schäfer, Axel Roos, Marian Hristov und anderen gab es zahlreiche weitere Spieler, die in der Saison 1997/1998 in verschiedenen Rollen sehr wertvoll wurden. Sie alle einte ein Formhoch, dass sie praktisch von Beginn an durch die Spielzeit trug.

Social-Media-Beitrag auf YouTube von SWR Sport Fußball : "1998: Der FCK wird Meister, Kaiserslautern im Ausnahmezustand | SWR Sport"

Sensationelle Ausbeute

25 Punkte aus zehn Spielen lautete die sensationelle Zwischenbilanz. Das Rehhagel-Team zog bis zur Winterpause durch: 39 Zähler zur Halbzeit - und das als Aufsteiger. Zum Start in die Rückrunde (in der Saison 1997/1998 bereits Anfang Dezember) kamen wieder Bayern auf den Betzenberg. Das Spiel fand an einem Freitagabend unter Flutlicht statt, der FCK hätte den Betzenberg mehrmals ausverkaufen können, so groß war die Nachfrage nach Karten. Das Spiel elektrisierte die Massen weit über die Pfalz hinaus.

FCK zieht den Bayern den Zahn

Kaiserslautern gewann mit 2:0 und hatte somit nach 18 Spieltagen sieben Punkte Vorsprung auf den ersten Verfolger, der Jubel in der Pfalz war grenzenlos. Immer mehr glaubten sie beim FCK an das eigentlich unmögliche: Den Titelgewinn.

Auch für Coach Rehhagel war der zweite Erfolg gegen Bayern ein Meilenstein auf dem Weg zur späteren Meisterschaft. "Wir haben ja etwas geschafft, was keiner mehr schafft. Wenn man Meister werden will, muss man Bayern im ersten Spiel und im Rückspiel schlagen", so der mittlerweile 86-Jährige im Gespräch mit SWR Sport. "Die Euphorie und die Begeisterung waren danach groß."

Trapattonis legendäre Wutrede

Der Start ins neue Jahr glückte ebenfalls. Der FCK blieb in den ersten sieben Spielen ungeschlagen und baute seinen Vorsprung in der Tabelle aus. Während bei den Bayern Unruhe herrschte. Diese kulminierte am 25. Spieltag nach einer 0:1-Niederlage auf Schalke in der berühmten Wutrede von Trainer Giovanni Trapattoni. Die Münchner hatten zwar den nahmhafteren, auf dem Papier besseren Kader, aber auch immer wieder Nebenkriegsschauplätze. Dem FCK sollte es recht sein.

Der Vorsprung schmolz plötzlich

Am 28. Spieltag setzte es dann einen herben Dämpfer - 0:3-Heimpleite gegen Bayer Leverkusen. Es folgten drei Remis, der Vorsprung auf die Bayern war drei Runden vor dem Saisonende auf zwei Zähler zusammengeschmolzen. Plötzlich wandelte sich die allgemeine Euphorie rund um die Roten Teufel in Bangen und Zittern. Die Sensation, die so lange greifbar nah schien, drohte zu platzen.

Am 32. Spieltag wartete auf den FCK dann ein Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach. Erneut war das Fritz-Walter-Stadion ausverkauft, auf die Fans wartete ein Flutlichtspiel am Freitagabend. Die Anspannung auf dem Betzenberg war förmlich greifbar, alle hofften auf ihre Mannschaft - und waren gleichzeitig verunsichert.

Ein Fußballwunder auf dem Betzenberg

in denn 33. und somit vorletzten Spieltag ging der FCK mit weiterhin zwei Zählern Vorsprung am 02. Mai 1998. Die Roten Teufel empfingen Wolfsburg, während die Münchner beim MSV Duisburg vor einer Pflichtaufgabe standen. Doch der FCB tat sich in einem zähen Spiel schwer, während Kaiserslautern zuhause sein "Fußball-Wunder" perfekt machte.

"Ein Meer in Rot und Weiß!"

Nach Treffern von zweimal Marschall, Wagner und Jürgen Rische triumphierte der FCK mit 4:0 gegen Wolfsburg, während die Bayern über eine Nullnummer bei den Zebras nicht hinauskamen. Die letzten Minute, die letzten Sekunden waren dann Geschichte. "Hören Sie den Jubel? 17:15 Uhr und 14 Sekunden - der 1. FC Kaiserslautern ist zum vierten Mal deutscher Fußballmeister", so SWR-Sportreporter Jens-Jörg-Rieck in der legendären ARD-Hörfunkkonferenz. "Jetzt werden sie die Tore öffnen und der Platz wird gestürmt werden. Ein Meer in Rot und Weiß!"

Rehhagel: "Wir haben Fußballgeschichte geschrieben"

Ein unglaublicher Erfolg für den 1. FC Kaiserslautern. "Wir haben Fußballgeschichte geschrieben", ordnete Coach Rehhagel den Triumph frühzeitig ein. Und nichts anderes war es. Und in welch überzeugender Manier: An 32 von 34 Spieltagen stand der FCK an der Tabellenspitze, ab dem vierten Spieltag ununterbrochen.

Danach war Ausnahmestimmung in der Pfalz. Ganz Kaiserslautern feiert damals den vierten Meistertitel der Vereinsgeschichte. Zur improvisierten inoffiziellen Meisterfeier kamen am Samstagabend weit über 30.000 Fans in die Stadt. Die Kneipen und Cafés hatten die ganze Nacht geöffnet. Die Pfalz feierte eine unfassbar emotionale Party. Noch heute bekommen FCK-Fans Freudentränen in die Augen, wenn sie sich an diesen 02. Mai 1998 erinnern.

Meisterschale in Hamburg - Feier in Kaiserslautern

Am 34. Spieltag durfte der FCK dann als Meister zum letzten Spiel nach Hamburg reisen. Das Spiel endete 1:1, doch das Ergebnis war letztlich allen egal, der Titel wurde immer noch zelebriert - nun schon seit acht Tagen. Für Weltmeister Andreas Brehme endete eine große Karriere. Am Tag danach war die große Meisterfeier in Kaiserslautern, die Mannschaft wurde vor dem Rathaus empfangen. Rehhagel dankte seinen Spielern: "Ich möchte der Mannschaft gratulieren. Wir freuen uns, dass dieses Märchen in Erfüllung gegangen ist. Es ist ja unglaublich, was hier in den letzten beiden Jahren passiert ist.

Seit 1998 kein weiterer Titel in der Vereinschronik

Was damals keiner ahnte: Es war bis heute der letzte Titel des 1. FC Kaiserslautern. Rehhagel führte das Team in den beiden Folgejahren noch zweimal auf Rang fünf, bevor er nach schwachem Saisonstart Ende September 2001 und "Otto raus"-Rufen seitens der Fans seinen Hut nahm. Danach ging es mit dem FCK endgültig bergab. 2006 und 2012 stieg man noch zweimal aus der Bundesliga ab, 2018 sogar aus der 2. Liga, in die man erst 2022 zurückkehrte.

Eines aber kann dem FCK keiner nehmen: das Wunder vom Betzenberg 1998. Ein Stück Fußballgeschichte das, so paradox es klingt, im Abstieg 1996 seinen Anfang nahm. Ein Absteiger wurde dann Pokalsieger, stieg wieder auf und triumphierte ein Jahr später als Deutscher Meister.

Sendung am Mo., 2.6.2025 13:00 Uhr, Der Nachmittag, SWR1 Rheinland-Pfalz