Zahlreiche Drohnen formen am Nachthimmel eine überschäumenden Sektflasche

Rheinland-Pfalz Drohnen statt Feuerwerk in Mainz: Das sagen Macher, Befürworter und Skeptiker

Stand: 23.06.2025 00:53 Uhr

Zum Abschluss der Johannisnacht in Mainz soll es heute eine Drohnen-Licht-Show statt eines Feuerwerks geben. Wie funktioniert so eine Show?

Von Clara Holzhauser

Madlen Kronfeld und ihr Team stecken schon seit vielen Wochen in den Vorbereitungen. 200 Drohnen mit bunten Lichtern und unterschiedliche Flugformationen  – das bedeutet viel Organisation. Sie arbeitet bei dem hessischen Unternehmen Showmatrix GmbH, das die Drohnenshow veranstalten wird.

Drohnenshow statt Abschlussfeuerwerk – das ist eine Premiere bei der Mainzer Johannisnacht. Die Stadt hat ihre Entscheidung mit dem veränderten Zeitgeist begründet. "Bestimmte Dinge sind irgendwann aus der Zeit gefallen", sagt Festdezernentin Marianne Grosse. Laut der Stadt Mainz sind drei Dinge ausschlaggebend für die Abkehr vom Feuerwerk: die Stärkung des Tierwohls, bessere Luftqualität und Reduzierung von Müll. 

Show wird im Vorfeld programmiert

Besucher der Johannisnacht erwartet eine bunte Lichtershow mit Bildern, choreografiert von Drohnenformationen am Mainzer Nachthimmel. Dabei werden die Drohnen nicht einzeln von Hand während der Show gesteuert, sondern bereits vorher programmiert.

"Am Anfang besprechen wir mit den Kunden – wie zum Beispiel in diesem Fall mit der Stadt Mainz – was in der Show zu sehen sein soll. Dann werden die Szenen programmiert und passende Musik geschnitten. Die programmierte Show wird dann auf die Drohnen geladen", erklärt Kronfeld und weiter: "Jede Drohnenshow kann ihre eigene Geschichte mit unterschiedlichen Flugformationen erzählen."

Europäischer Markt noch am Anfang

Kronfeld ergänzt, dass auch Genehmigungen für den Luftraum eingeholt werden müssen. "Die Drohnen werden zum Veranstaltungsort gebracht und aufgebaut. Wir haben einen Piloten und einen Co-Piloten und die starten die Show und kontrollieren sie."

Sie sagt, dass der europäische Markt in diesem Bereich im Vergleich zu anderen Ländern noch am Anfang stehe: "In China fliegen bei Drohnenshows teils zwischen 9.000 und 10.000 Drohnen am Himmel." Also deutlich mehr als die 200 am Mainzer Nachthimmel. Madlen Kronfeld berichtet, dass sie die größte Drohnenshow Deutschlands geflogen hätten – mit 750 Drohnen bei einem Firmenevent. Das Unternehmen biete Shows ab 100 Drohnen an – nach oben hin seien keine Grenzen gesetzt, was die Anzahl der eingesetzten Drohnen betreffe.

Drohnenshow zur Feier des Neuen Jahrs 2025 in Nanjing in China.

Drohnenshow zur Feier des Neuen Jahrs 2025 in Nanjing in China.

Drohnenshow teurer als Feuerwerk

Die Stadt Mainz hatte nach eigenen Angaben zuletzt etwa 17.000 Euro für das Feuerwerk ausgegeben, die Drohnenshow kostet doppelt so viel. Der Start ist für 22:30 Uhr geplant. Die Drohnen sollen über dem Rhein auf Höhe des Kurfürstlichen Schlosses fliegen. Das Fest selbst startete am 20. Juni. Hunderttausende Besucher werden erwartet.

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Hoffnung beim Tierschutzbund

Der Tierschutzbund Rheinland-Pfalz begrüßt die Abkehr vom Feuerwerk bei der Johannisnacht. Auf SWR-Anfrage teilt die Erste Vorsitzende Anna-Lena Busch mit:"Seit Jahren kämpft der Deutsche Tierschutzbund für ein böllerfreies Silvester und dass dieser Schritt bei der für die in Mainz gefeierte Johannisnacht umgesetzt wird, weckt die Hoffnung, dass jetzt die Kehrtwende erfolgt."

Was ist verträglicher für Umwelt und Tierwelt?

Katha Jansen aus der SWR-Umweltredaktion ordnet ein, dass zumindest für die Umwelt vor Ort eine Drohnenshow in jedem Fall das geringere Übel ist. "Für Natur und Tierwelt ist ein Feuerwerk schon ein ordentlicher Eingriff in ihre Ungestörtheit. Da geht’s zum Beispiel um Lautstärke und Licht. Lautes Knallen, zuckende Lichtblitze, grelle Farben – das löst bei den Tieren Stress aus und kann zu Panikreaktionen führen."

Das zweite Problem: "Das, was vom Feuerwerk übrig bleibt, also Feinstaub in der Luft, Müll in der Natur und leider teils auch giftige Stoffe, die von Farben und Effekten zurückbleiben." Außerdem sei bei Feuerwerk in den trockenen Sommermonaten auch Brandgefahr ein Thema.  

Die Expertin erklärt, dass Drohnen hingegen wiederverwendet werden können, die Shows in der Regel selbst mit Musik deutlich leiser sind und auch die Lichteffekte weniger weit strahlen.

CO2-Bilanz bei Feuerwerken und Drohnenshows

Doch wie verhält es sich mit der CO2-Bilanz bei Feuerwerken und Drohnenshows? "Feuerwerk verbrennt, sieht also nach viel CO2-Ausstoß aus. Eine Drohne wird in der Regel mit einem Akku betrieben. Wird der mit Strom aus Erneuerbaren geladen, dann müsste doch die Drohne klar die klimafreundlichere Lösung sein?! Ganz so einfach ist es aber nicht", ordnet Jansen ein.

Deswegen hat sie sich den CO2-Ausstoß von Drohnen und Feuerwerken über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg angeschaut - also wie viel CO2 bei der Produktion, dem Transport und der Entsorgung jeweils anfällt. Es hänge auch stark davon ab, wie und wo die Drohne produziert werde, sagt die Expertin. Jansen führt eine Untersuchung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt an. Diese komme zu dem Ergebnis: Eine kleinere Drohne verursacht über ihren Lebenszyklus hinweg in etwa so viel CO2, wie eine 1.000 Kilometer lange Autofahrt.

Sie erklärt, dass sich für Feuerwerkskörper keine gut vergleichbaren Berechnungen finden lassen. "Das CO2, das beim Abbrennen des Feuerwerks entsteht, hat laut Umweltbundesamt aber nur eine geringe Bedeutung. Es macht gerade mal 0,00013 Prozent unserer gesamten Treibhausgasemissionen aus." Jansen bilanziert, dass es aktuell gar nicht möglich sei, die CO2-Bilanzen zu bewerten: "Dazu bräuchten wir mehr Daten und selbst dann hängt es einfach stark vom Einzelfall, den Produktionsbedingungen und so weiter ab."

Sorge bei Schausteller

Marco Sottile, Erster Vorsitzender der Mainzer Schausteller und Marktkaufleute, ist dagegen nicht komplett von der Neuerung überzeugt. Er ist mit dem Traditionsfest eng verbunden. Seine Eltern und Großeltern waren Mitbegründer des Johannisfests. Er betreibt bei der Johannisnacht unter anderem Kinderkarusselle.

"Ich bin nicht zu 100 Prozent dafür, dass statt eines Feuerwerks eine Drohnenshow stattfinden soll. Ein Feuerwerk lockt erfahrungsgemäß immer viele Zuschauer an. Ob das auch bei einer Drohnenshow der Fall sein wird, werden wir sehen." Er macht sich Sorgen, dass der Abschlusstag nicht gut genug besucht wird und die Schausteller nicht den gewünschten Umsatz machen können.

Schwierig für Drohnenstart: Regen und Wind

Bis die Drohnenshow am Montag tatsächlich starten wird, stehen Madlen Kronfeld und ihr Team noch vor einigen Herausforderungen. Die größte sei, den Bereich über den geflogen wird, frei von Menschen zu halten: "Nur so kann die Sicherheit für alle gewährleistet werden. Außerdem können die Drohnen nicht bei jedem Wetter starten, wenn es regnet und windig ist, wird es schwierig." Die Temperaturen seien im Prinzip egal – außer, dass der Akku von Drohnen in der Kälte schneller leer gehe. 

Hommage an Gutenberg

Welche Formationen die Drohnen am Montag fliegen sollen, ist eine Überraschung. Oberbürgermeister Nino Haase verrät in einer Pressemitteilung nur so viel: "Mit der Show möchten wir eine Hommage an Gutenberg sowie seine Stadt Mainz in den Himmel schreiben."

Sendung am Sa., 21.6.2025 19:30 Uhr, SWR Aktuell Rheinland-Pfalz, SWR RP