
Rheinland-Pfalz Kiefer, Fichte, Eiche: Interaktive Karte zeigt mögliche Folgen des Klimawandels in Wäldern von RLP
Der Klimawandel hat schon jetzt enorme Auswirkungen auf die Wälder. Eine neue Studie zeigt erstmals, was sich verändern könnte, wenn der Golfstrom kollabiert.
Wer heute einen Spaziergang durch den Pfälzerwald macht, wird wohl im ersten Moment nichts Ungewöhnliches bemerken. Das größte zusammenhängende Waldgebiet Deutschlands ist ein Mischwald aus überwiegend Buchen, Kiefern und Eichen.
Erst bei genauerem Hinschauen werden die Folgen des Klimawandels und der Trockenjahre sichtbar, sagt Förster Philipp Hannemann von Landesforsten Rheinland-Pfalz. Er und seine Kollegen beobachten immer mehr tote oder geschwächte Bäume, darunter auch die Kiefer. "Solche Beobachtung stimmen uns Forstleute insofern nachdenklich, da die Kiefer im gesamten Pfälzerwald eine der absolut dominierenden Hauptbaumarten ist", sagt er.
Försterinnen und Förster müssen sehr weit vorausdenken. "Alle Entscheidungen, die wir jetzt treffen, werden später einmal unsere Enkel und Urenkel betreffen", sagt Hannemann. Das Schwierige: Wie extrem sich das Klima verändern wird und welche Ansprüche nachfolgende Generationen an den Wald haben ist schwer einzuschätzen.
"Der Klimawandel ist ein Unsicherheitsfaktor, weil man nicht weiß, worauf man sich einstellen muss", sagt der Landschaftsökologe Allan Buras. Gemeinsam mit zwei Wissenschaftlerinnen der TU München und der ETH Zürich hat er in einer neuen Studie die Auswirkungen der Klimakrise auf 24 europäische Baumarten untersucht. Sie erschien im Fachjournal "Global Change Biology".
Erstmals haben die Forschenden dabei auch die Folgen eines möglichen Zusammenbruchs der Atlantischen Meridionalen Umwälzströmung (AMOC) der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts betrachtet. In diesem Szenario würde das Klima in Europa nicht heißer, sondern kälter und trockener werden – Bedingungen wie sie heute etwa in Mittelkanada vorherrschen.
Was zunächst wie die Lösung der Klimakrise klingt, ist tatsächlich ein fatales Szenario. Denn ausgelöst würde der AMOC-Kollaps hauptsächlich durch die klimawandelbedingte Eisschmelze – das bedeutet bevor es abkühlen würde, würde es zunächst heißer werden.
Die Folgen für europäische Wälder wären gravierend: In Nordwestskandinavien verschwände der Wald nahezu komplett. In den verbleibenden Waldgebieten Südskandinaviens wären Wachstumsphasen kürzer und dadurch die Fähigkeit CO2 zu binden deutlich niedriger. Die Artenvielfalt würde noch stärker zurückgehen. Die Studien-Autor:innen sprechen von voraussichtlich "katastrophalen ökologischen Konsequenzen".
Die Studie zeigt: In den untersuchten Szenarien schrumpft der klimatisch geeignete Lebensraum der aktuell häufigsten Baumarten in Rheinland-Pfalz– Buche, Eiche, Fichte und Kiefer – in den kommenden Jahrzehnten teils drastisch. Verbleibende Bestände weichen vor dem zunehmend heißen und trockenen Klima nach Nordeuropa und Skandinavien.
Ein Zusammenbruch der AMOC würde Temperatur und Niederschlag in Europa abrupt senken. In Rheinland-Pfalz würden die klimatischen Bedingungen für Kiefer, Buche und Eiche zwar wieder besser werden, bestehende Verluste könnten aber nicht vollständig zurückgewonnen werden.
Wahrscheinlichstes Szenario: 2,7 Grad bis 2100
Die Studie fokussiert sich auf das Szenario, das eine globale Erwärmung von 2,7 Grad bis 2100 vorhersagt, da es laut aktuellen Prognosen am wahrscheinlichsten sei. Ob es zu einem AMOC-Kollaps kommen wird, ist allerdings ungewiss. Zuletzt erschien eine Studie in der Fachzeitschrift "Nature", die einen Zusammenbruch in diesem Jahrhundert für sehr unwahrscheinlich erklärt.
In welche Richtung soll der Waldumbau also gehen? Mediterranes Klima oder kalte Temperaturen wie in Kanada? Förster Hannemann und sein Team setzen in jedem Fall auf Naturverjüngung. Alte und kranke Bäume werden abgeholzt, um jüngeren Bäumen Platz zu machen. "Die Idee dabei ist, dass sich junge Bäume besser an die neuen Klimabedingungen anpassen können als ihre älteren Artgenossen", sagt Hannemann.
Klar ist: Die Wälder in Rheinland-Pfalz würden sich auch ohne das AMOC-Kollaps-Szenario stark verändern: Die Gemeine Fichte findet schon heute nur in bestimmten Lagen passende klimatische Bedingungen. Laut der 2,7-Grad-Vorhersage könnte sie zum Ende des Jahrhunderts fast nirgends mehr wachsen. Auch die Rotbuche würde in Rheinland-Pfalz deutlich seltener gute Bedingungen finden.
Noch am besten könnte trotz großer Einbußen der Stieleichen-Bestand überleben, da diese Art im Vergleich zu Fichte und Buche etwas besser mit Trockenheit klarkommt. Mediterrane Arten wie Steineiche und Seekiefer, die heute in Rheinland-Pfalz eher selten sind, könnten sich bei einer Erwärmung um 2,7 Grad hingegen ausbreiten.
Wie genau der Wald der Zukunft aussehen wird, hängt aber von mehr als nur den klimatischen Bedingungen ab. Der Boden und die Konkurrenz unter den Bäumen spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. "Ich glaube, dass auch in hundert Jahren der Pfälzerwald als Waldgebiet erhalten bleibt", sagt Förster Philipp Hannemann. "Aber wir werden uns mit den Gedanken abfinden müssen, dass er sicherlich anders aussehen wird als wir ihn aktuell vorfinden."