Gerade weil der Roboter "Pepper" so niedlich aussieht, bauen Mitarbeiter leicht einen Bezug zu ihm auf.

Rheinland-Pfalz Uni Trier erforscht, wie Roboter Gefühle wecken

Stand: 03.06.2025 08:59 Uhr

In manchen Restaurants in der Region Trier bringen Roboter inzwischen das Essen. Doch wie kommt das bei den Kollegen an? Forscher haben dazu etwas Überraschendes herausgefunden.

Von Christian Altmayer

Sebastian Kiy beugt sich zu Gina herunter und streichelt sie zwischen den Katzenohren. Der Roboter gibt ein dankbares "Miau" von sich und rollt wieder los zum nächsten Tisch im Restaurant.

Seit gut drei Jahren bedient "Gina" die Gäste im Landal-Ferienpark auf dem Leiwener Sonnenberg. Vor allem Kinder bekommen große Augen, wenn der Roboter vorbei gleitet.

Seit gut drei Jahren bedient "Gina" die Gäste im Landal-Ferienpark auf dem Leiwener Sonnenberg. Vor allem Kinder bekommen große Augen, wenn der Roboter vorbei gleitet.

Seit 2022 sind die vier Robo-Katzen im Landal Ferienpark in Leiwen an der Mosel im Einsatz. Und Park-Manager Sebastian Kiy will sie nicht mehr missen: "Sie kann acht Gerichte gleichzeitig tragen, dazu müsste eine Servicekraft mindestens drei Mal laufen."

Sebastian Kiy stammt aus Schwollen im Hunsrück. Nach vielen Stationen in anderen Ländern hat er jetzt den Landal Ferienpark in Leiwen an der Mosel übernommen.

Sebastian Kiy stammt aus Schwollen im Hunsrück. Nach vielen Stationen in anderen Ländern hat er jetzt den Landal Ferienpark in Leiwen an der Mosel übernommen.

Weil Gina das übernimmt, können die Kellner und Kellnerinnen ihre ganze Zeit den Kunden widmen. "Anfangs war da schon ein bisschen Skepsis dabei", sagt Kiy. Mittlerweile beobachtet der Chef aber immer öfter, wie auch seine Kollegen Gina über den Kopf streicheln.

Menschen verhalten sich Robotern gegenüber irrational

Eigentlich ist das ein unlogisches Verhalten. Der Roboter spürt ja nichts. Doch das sei typisch für den Umgang mit den Maschinen, sagt der Betriebswirtschaftler Jonas Ossadnik von der Universität Trier: "Die Evolution hat uns nicht auf die Interaktion mit Technologie vorbereitet." Also behandeln wir Technik, als wäre sie lebendig.

Das kenne jeder aus seinem Alltag, sagt der 28-Jährige: "Wer schon mal eilig was drucken wollte und der Drucker hat das nicht gemacht, ist ganz schnell dabei, dem Gerät eine böse Absicht zu unterstellen. Der Drucker wird angebettelt oder verflucht."

Jonas Ossadnik hat als Werkstudent bereits erste Erfahrungen mit humanoiden Robotern gesammelt. Für seine Doktorarbeit beschäftigt sich der 28-Jährige jetzt wieder mit dem Thema.

Jonas Ossadnik hat als Werkstudent bereits erste Erfahrungen mit humanoiden Robotern gesammelt. Für seine Doktorarbeit beschäftigt sich der 28-Jährige jetzt wieder mit dem Thema.

Ältere Frau erkannte in Roboter ihren Enkel

Dieses Muster konnte Jonas Ossadnik kürzlich auch beim Umgang mit einem Serviceroboter nachweisen. Das Ausmaß hat ihn aber überrascht. Für eine Studie hat der Wissenschaftler seinen Roboter "Pepper" für sechs Wochen in der Mensa der Trierer Universität getestet. Das Kerlchen nahm Bestellungen entgegen und brachte das Essen.

Viele der Servicekräfte haben dabei eine regelrechte emotionale Beziehung zu "Pepper" aufgebaut. "Das liegt daran, wie er spricht und wie er aussieht", sagt Ossadnik: "Der entspricht so ein bisschen dem Kindchenschema. Eine ältere Mitarbeiterin hat uns erzählt, der Roboter hätte sie an ihren Enkel erinnert."

Maschine werden Gefühle zugeschrieben

Und sie war nicht die Einzige, die in "Pepper" mehr gesehen hat als einen kalten Automaten. "Dem Roboter wurde ein eigener Wille zugesprochen", sagt Ossadnik. Manche der Befragten hatten Angst, der Roboter "wolle" sie ersetzen und verfolge sein eigenes Interesse. Manche Mitarbeiter hätten den Forscher nach Abschluss des Experimentes aber auch gebeten, "Pepper" zu grüßen.

Entspricht dem Kindchenschema: Weil er aussieht wie ein kleiner Junge, war "Pepper" für die Kollegen anschlussfähig, sagt Wissenschaftler Jonas Ossadnik.

Entspricht dem Kindchenschema: Weil er aussieht wie ein kleiner Junge, war "Pepper" für die Kollegen anschlussfähig, sagt Wissenschaftler Jonas Ossadnik.

Wenn Roboter Menschen zu ähnlich werden, wirkt es unheimlich

Der Mensch entwickelt vor allem dann Gefühle für Roboter, wenn sie ihm ähnlich sind, sagt Ossadnik: "Das Gesicht macht schon was aus. Und dann blinzelt das Gesicht auch mal, und es ist noch eine Stimme dabei. Und je mehr von diesen Eigenschaften da sind, desto anschlussfähiger ist so ein Gerät."

Wenn Roboter zu menschlich aussehen, wirken sie gruselig: So wie bei "Kodomoroid", einem Androiden des japanischen Wissenschaftlers Hiroshi Ishiguro.

Wenn Roboter zu menschlich aussehen, wirken sie gruselig: So wie bei "Kodomoroid", einem Androiden des japanischen Wissenschaftlers Hiroshi Ishiguro.

Doch es gibt einen Punkt, an dem allzu menschliches Aussehen oder Verhalten unheimlich wird. In der Wissenschaft ist dieser Effekt als "uncanny valley", auf Deutsch etwa: gruseliges Tal, bekannt. Ein realistischer Androide als Kollege, der genauso aussieht und arbeitet wie ein Mensch  – das bleibt für die meisten eine Horrorvorstellung.

Roboter noch nicht in der Lage, Jobs zu übernehmen

Davon sind die aktuellen Modelle aber ohnehin noch weit entfernt, sagt Jonas Ossadnik: "Es ist nicht realistisch, dass ein Roboter einen Menschen und seinen ganzen Job ersetzen kann. Diese Dystopie sehe ich aktuell nicht."

Ossadnik glaubt aber schon, dass die Technik Fortschritte machen und günstiger werden wird. Derzeit ist ein Exemplar ab 15.000 Euro aufwärts zu haben - die laufenden Ausgaben, zum Beispiel für die Wartung, nicht mitgerechnet.

Bislang noch kaum Serviceroboter in der Region Trier

Kein Wunder also, dass es zum Beispiel in der Region Trier noch nicht mal ein Dutzend Firmen gibt, die auf humanoide Roboter setzen. In Japan, China und Südkorea zum Beispiel ist das allerdings anders. Hier haben sich Roboter in der Gastronomie, im Einzelhandel und in der Pflege durchgesetzt. Viele Kunden haben sich an sie gewöhnt.

Das beobachtet Sebastian Kiy auch im Landal-Ferienpark in Leiwen. Vor allem die kleinen Gäste sind von Gina begeistert - wenn sie ihnen etwa zum Geburtstag ein Ständchen singt: "Die Kinder freuen sich wahnsinnig. Das ist natürlich witzig und was Besonderes."

Wer mehr über humanoide Roboter erfahren will, kann am 11. Juni den Wissenschaftsdialog in der Wittlicher Synagoge besuchen. Dort werden auch Jonas Ossadnik und sein Roboter Pepper auftreten.

Sendung am Di., 3.6.2025 6:00 Uhr, SWR4 RP am Morgen, SWR4 Rheinland-Pfalz