Der kurdisch-syrischen Familie droht die Abschiebung nach Bulgarien.

Saarland Familie in Homburg droht Abschiebung nach Bulgarien

Stand: 20.06.2025 20:58 Uhr

Am 20. Juni ist Weltflüchtlingstag. Auch die kurdisch-syrische Familie Youssef hat ihr Heimatland verlassen. Seit einem Jahr lebt sie im Saarland, Teile der Familie sollen nun aber nach Bulgarien abgeschoben werden.

Julia Berdin / Onlinefassung: Anne Staut

Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen erinnert jedes Jahr am 20. Juni daran, dass Millionen von Menschen gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen. Im vergangenen Jahr waren laut UN rund 122 Millionen Menschen auf der Flucht – das sei die größte Zahl an Vetriebenen, die je registriert worden sei. Auch Familie Youssef gehört dazu. Sie floh aus Syrien.

Seit gut einem Jahr lebt die kurdisch-syrische Familie Youssef in Homburg, die Kinder gehen hier zur Schule, haben auch schon Freunde gefunden. Doch nun sollen die Eltern und ihre drei minderjährigen Kinder nach Bulgarien abgeschoben werden.

Schlechte Bedingungen in Bulgarien

Dort haben sie schon drei Monate in einem Flüchtlingscamp gelebt – unter schwierigen Bedingungen und bei schlechter medizinischer Versorgung. "Als ich ihm sagte, dass meine Mutter ihre Medikamente brauche, meinte der Arzt wörtlich: Wir werden Ihnen die Medikamente nicht geben“, erzählt eine der Töchter, Roujin Youssef.

Als der Asylantrag der Familie durch gewesen sei, seien sie jeden Tag aufgefordert worden, das Camp zu verlassen. "In Deutschland gibt es viele Hilfsorganisationen, wie die Caritas, an die man sich wenden kann, um Hilfe zu bekommen. In Bulgarien gibt keinen Ort, wo wir hätten hingehen können."

Kritik vom saarländischen Flüchtlingsrat

In diesem Fall greift das so genannte Dublin-Abkommen, wonach Geflüchtete nur in dem Land einen Schutzstatus genießen, in dem sie erstmals Asyl beantragt haben – also Bulgarien im Fall der Familie Youssef. Der Saarländische Flüchtlingsrat kritisiert Abschiebungen dorthin scharf.

Die Zustände der Unterbringung seien dort menschenunwürdig, so Tobias Schunk vom Flüchtlingsrat. "Die Menschen haben keinen Zugang zu Schulbildung. Die hygienischen Bedingungen in den Aufnahmezentren sind absolut mangelhaft und nach der Anerkennung des Schutzgesuches werden die Familien in die Obdachlosigkeit entlassen. Es findet eine Null-Integrations-Politik statt. Man macht den Menschen ganz deutlich, wir wollen euch hier nicht. Geht zurück oder reist weiter innerhalb Europas."

Kein Verstoß gegen Grundrechtecharta

Doch das Verwaltungsgericht des Saarlandes urteilte bereits mehrfach, dass sowohl zu erwartende große Armut als auch Mängel bei Integrationsprogrammen im zuständigen Mitgliedsstaat keine Verstöße gegen die Grundrechtecharta darstellen – also dorthin abgeschoben werden darf, was offenbar auch immer öfter passiert.

2019 wurden im Saarland insgesamt 200 Personen abgeschoben. Nach einem – vermutlich Corona-bedingten – Rückgang, stieg die Zahl 2024 auf 202. Auffällig dabei: ein deutlicher Zuwachs bei den Dublin-Überstellungen. Im vergangenen Jahr machten sie mit 116 mehr als die Hälfte der Abschiebungen aus.

Gesundheitsprobleme reichen nicht für Härtefall

Gesundheitlich seien sowohl der 60-jährige Vater der Familie Youssef als auch die 51 Jahre alte Mutter stark angeschlagen. Eine Härtefall-Regelung greife aber nicht.

"Wir fordern bereits seit Längerem, dass die Härtefallkommission für diese Drittstaatenfälle, wo Menschen in anderen Ländern bereits eine Anerkennung haben, aber sich hier aufhalten, sich hier integriert haben oder besonders vulnerabel sind, geöffnet wird", so Schunk.

Jost: "Ich bin an diese Entscheidung auch gebunden"

Der saarländische Innenminister Reinhold Jost (SPD) verwies auf die Verbindlichkeit der Gerichtsentscheidung. Er könne und werde keine solchen Fälle in die Härtefallkommission nehmen. Das würde dazu führen, dass man das System auseinander dränge und außerhalb des rechtsstaatlichen Verfahrens ein eigenes implementiere.

"Ein Gericht hat entschieden, dass diese Familie hier kein Bleiberecht hat. Ich bin an diese Entscheidung auch gebunden. Wir setzen Recht und Gesetz um. Das mag dem Flüchtlingsrat nicht gefallen, aber dazu sind wir verpflichtet", sagte Jost.

Familie wird getrennt

Der älteste Sohn der Familie hat selbst Kinder. Er darf mit seiner Familie in Deutschland bleiben, weil seine Kinder teilweise noch nicht im schulfähigen Alter sind.

Sollten die Eltern und die jüngeren Geschwister abgeschoben werden, würde nicht nur die Familie auseinander gerissen, sondern ihnen droht in Bulgarien schlimmstenfalls die Obdachlosigkeit. Zurück nach Syrien wollen sie wegen ihrer kurdischen Wurzeln nicht.

Über dieses Thema hat auch der aktuelle bericht am 20.06.2025 im SR Fernsehen berichtet.

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