
Sachsen Dresden: Hygiene-Museum sucht nach der Freiheit
Was bedeutet Freiheit? Wo fängt sie an, wo hört sie auf? Und was wird aus ihr in Zeiten des Erstarkens autoritärer Regime? Mit dieser Frage beschäftigt sich ab dem 20. Juni eine neue Ausstellung im Deutschen Hygiene-Museum in Dresden. Sie wagt einen Blick zurück und rollt die Geschichte der Freiheit sozusagen von hinten auf. Und sie fragt nach der individuellen Freiheit, die auch in Zeiten von Klimawandel und Nachhaltigkeitsdebatten nur ungern eingeschränkt werden will.
- Eine neue Ausstellung im Dresdner Hygiene-Museum widmet sich dem Thema Freiheit.
- Dabei geht es unter anderem um die Demokratiebewegungen in Mittel- und Osteuropa in den 70er- und 80er-Jahren.
- Den Bogen in die Gegenwart spannt die Frage nach dem Zusammenhang von Freiheit und Solidarität.
Freiheit – ein großes Wort. Der Wunsch danach beschäftigt die Menschheit schon seit Jahrtausenden. Wo also beginnt man diese Geschichte? Im Deutschen Hygiene-Museum in Dresden hat man sich auf zwei Erzählstränge konzentriert: Einmal sind es Symbole der Freiheit, beginnend mit einer Radierung von 1789, auf der die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte zu lesen ist. Die ist immerhin ein zentrales Dokument der Französischen Revolution.

Der Anfang der modernen Freiheitsbewegung: die Französische Revolution.
Von der Französischen Revolution zur Friedlichen Revolution
Parallel dazu taucht man ein in ein Archiv der Freiheitsbewegungen der ČSSR, der Volksrepublik Polen und der DDR in den 1970er- und 1980er-Jahren. Dieser Fokus lag für Museumsdirektorin Iris Edenheiser auf der Hand. Von Dresden aus ergebe es Sinn, in den Osten zu schauen. Außerdem sei man der Ansicht, "dass gerade diese Befreiungsbewegung heute auch noch sehr stark nachhallt und aktuell auch wieder sehr stark vereinnahmt wird und ihre Botschaft verdreht wird".
Damit lädt die Sonderausstellung "Freiheit. Eine unvollendete Geschichte" ein, sich daran zu erinnern, was für eine fundamentale Errungenschaft politische Freiheit ist und welchen Weg die Freiheitsbewegten dafür gegangen sind. Als Handwerkzeug bezeichnen es Kuratorin Viktoria Krason und ihr Kollege Philipp Bürger und setzen an den Anfang das Kapitel "Gedanken".
Václav Havel und die Opposition in der DDR
In dieser Station konzentriere man sich auf Václav Havel und andere Intellektuelle in der ČSSR in der Phase nach der Niederschlagung des Prager Frühlings 1968. Diese Phase habe damit begonnen, "dass es gelang, in dieser Gruppe von Dissidentinnen und Dissidenten auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen", erklärt Krason. Über Musik und Literatur, also die Kultur, sei es gelungen, Menschen miteinander zu verbinden, auch wenn "die unterschiedlicher politischer Ansicht waren, über die Konzentration auf die Wahrung der Menschenrechte." In die Geschichte eingegangen ist diese Bürgerbewegung als Charta 77.

Der spätere tschechische Staatspräsident Václav Havel (rechts) und andere Oppositionelle.
Die fünf anderen Ausstellungskapitel erzählen anhand von zahlreichen Dokumenten, Interviews und Fotografien aus den drei Ländern von "Gemeinschaft", "Flucht", "Aktion", "Verhandlungen" und "Wohlstand". Inszeniert sind sie auf einer Seite des Raumes als überdimensionale Drehkreuze, die durch ihre Papp-Optik an Archive erinnern.
Auf der anderen Seite sind die Symbole der Freiheit aufgereiht und korrespondieren inhaltlich mit Solidarność-Bewegung, DDR-Opposition und der Charta 77. Einen großen Raum nehmen dabei künstlerische Positionen ein. So sind zum Beispiel Wolfgang Mattheuer, Gabriele Stötzer und Josef Čapek vertreten.

Auch moderne Protestbewegungen werden in der Dresdner Ausstellung thematisiert.
Zusammenarbeit zwischen Dresden, Wrocław und Gdańsk
Iwona Bigos vom Nationalmuseum in Wrocław steht vor einer Arbeit des polnischen Künstlers Krzysztof Bednarski. Er hat mehrere Karl-Marx-Köpfe zu einer Säule gestapelt. In den Hinterköpfen befinden sich Löcher mit kleinen Sitzstangen – sie werden so zu Vogelhäuschen.
Das Museum in Wrocław gehört zusammen mit dem Europäischen Solidarność-Zentrum in Gdańsk und der Nationalgalerie Prag zu den Kooperationspartnern bei dieser Ausstellung. Iwona Bigos sagt, sie finde sehr gut, dass die Ausstellung zeige, was "nach der Wende mit dem Freiheitsgedanken geschehen ist, in welche Richtung sich das entwickelt hat", dass die Menschen mittlerweile immer mehr nur an sich dächten und dass Freiheit auch mit Konsum zusammenhänge.

Die Ausstellung im Hygienemuseum stellt große Fragen.
Ausstellung über Freiheit und Solidarität
Die Ausstellung werfe die Fragen auf, so Bigos, "was wir mit dieser Freiheit getan haben" und wie wir weiter damit verfahren sollten. Passend dazu thematisiert der Epilog auch das Thema Solidarität. Denn ohne die gibt es keine Freiheit. Das wussten zumindest die Befreiungsbewegungen in der DDR, der Volksrepublik Polen und der ČSSR.

"Der Nachbar, der will fliegen" von Wolfgang Mattheuer zeigt eine fantastische Seite der Freiheit.
Insofern hofft Kuratorin Viktoria Krason, mit der Ausstellung Besucherinnen und Besucher auch zu inspirieren: "Gerade wenn man sich diese Geschichten anschaut aus einer Unterdrückung heraus, wie viel gewagt und geschafft wurde in dieser Zeit, finde ich, kann man daraus sehr viel ziehen." Vor allem ein Gedanke fasziniere sie, nämlich "dass Freiheit eigentlich etwas ist, das mit einem Menschen allein nicht getan ist, sondern dass sie aus der Interaktion heraus funktioniert. Das ist etwas, was uns in Zukunft sehr viel bringen kann."
Mehr Informationen zur Ausstellung:
"Freiheit. Eine unvollendete Geschichte"
20. Juni 2025 bis 31. Mai 2026
Öffnungszeiten
Dienstag bis Freitag | 9-12 und 13-14 Uhr
Adresse
Deutsches Hygiene-Museum
Lingnerplatz 1
01069 Dresden
Redaktionelle Bearbeitung: tis, hki