
Sachsen Von Theater bis Polizeiruf – Friedhelm Eberle präsentiert seine Biografie
Der Leipziger Schauspieler Friedhelm Eberle wird in diesem Jahr 90 und hat seine Erinnerungen nun im Buch "Dem schönen Ziele zu" veröffentlicht. Er war 50 Jahre lang fest am Schauspiel Leipzig engagiert, spielte alle großen Rollen von Hamlet bis Othello. Mit dem Theater reiste er zu DDR-Zeiten oft in die BRD – Flucht kam ihm aber nie in den Sinn, sagt er. Eberles Buch ist mehr als eine Autobiografie, meint unser MDR KULTUR-Kritiker. Er war ein Kind, als er Eberle erstmals auf der Bühne sah. Nun hat er ihn zu Hause besucht.
- Schauspieler Friedhelm Eberle stellt sein Buch "Dem schönen Ziele zu" am Mittwoch im Schauspiel Leipzig vor.
- Darin beschreibt er lebendig seine Karriere, die ihn vom Ruhrgebiet in den Osten nach Plauen, Erfurt und Leipzig brachte.
- Das Buch ist mehr als eine reine Schauspielerbiografie – es erzählt auch deutsche Geschichte.
Der Schauspieler Friedhelm Eberle, der in diesem Jahr 90 Jahre alt wird, kehrt jetzt noch einmal an den Ort in Leipzig zurück, an dem er 50 Jahre lang fest engagiert war. Hier durfte er alles spielen, was für einen Schauspieler – wie es so schön heißt – gut und teuer ist. Er hat viele Rollen in seinem Leben gespielt und nun sein Leben aufgeschrieben. Daraus ist ein Buch geworden, das er im Leipziger Schauspielhaus erstmals der Öffentlichkeit vorstellt.
Er sei voller Vorfreude, die genauso wächst, wie das Lampenfieber, gesteht er mir bei sich zu Hause in Leipzig – und klärt erst einmal auf, wie das mit dem Buch eigentlich zustande gekommen ist: "Zunächst, ganz ursprünglich, sollte es ein Schrieb werden für meine Freunde, meine Familie." Er habe nie daran geglaubt, dass daraus ein Buch für die Öffentlichkeit werde.

Friedhelm Eberles Autobiografie "Dem schönen Ziele zu" ist im April 2025 im Leipziger Passage-Verlag erschienen.
Als West-Schauspieler nach Plauen, Erfurt und Leipzig
Mit Interesse und großer Freude habe ich die Erinnerungen von Friedhelm Eberle gelesen, als launige Lebensgeschichte eines Schauspielers, den auch ich in vielen Rollen erlebt habe – nicht nur als Kritiker. Weit vorher schon sah ich Eberle, in den Siebzigern, als ich – in den damals noch existierenden Leipziger Kammerspielen – als Kind das erste Mal in einem Theater für Erwachsene war. Das ließ mich nicht mehr los, ebenso wie dieser Mann da oben auf der Bühne.
Er war, was ich nicht wusste, und wovon er sehr lebendig schreibt, im Ruhrgebiet in Oberhausen aufgewachsen. Und er verliebte sich ins Theater – so sehr, dass er sich sogar von Basel aus, wohin er seinem Schauspiellehrer gefolgt war, in den Osten engagieren ließ. Zunächst kam er nach Plauen, dann nach Erfurt. Von dort ging er Anfang der 1960er-Jahre nicht wie viele seiner Kollegen nach Berlin, sondern nach Leipzig: ins Theaterkombinat von Karl Kaiser.

Schauspieler Friedhelm Eberle auf der Bühne: Er spielte 1978 Franz Moor in "Die Räuber" von Friedrich Schiller.
Als Hamlet und Faust auf westdeutsche Bühnen
Karl Kaiser war ein Alleinherrscher mit Theaterblut in den Adern und Sitz im Zentralkomitee der SED. Davon profitierten auch Friedhelm Eberle – der übrigens niemals Parteimitglied war – und seine sage und schreibe 80 Kolleginnen und Kollegen im Leipziger Ensemble, wie er sich erinnert: "Wir waren zwei, drei, – manchmal, nicht jedes Jahr – vier Mal im Jahr im Westen gastieren, immer so für eine Woche, zehn Tage." 1965 habe das angefangen.
"Und es war für mich etwas Besonderes, dass ich bei den Ruhrfestspielen in Recklinghausen den Hamlet und den Faust spielen konnte. In Recklinghausen! Im Festspielhaus!" Dort habe er bereits als 16-Jähriger die großen deutschen Schauspieler erlebt. Und nun durfte er selbst dort stehen, in der alten Heimat, die er, so kurz nach dem Mauerbau, wieder besuchen konnte.
Ich weiß nicht, ob ein Theater im Westen mich so mit Rollen verwöhnt hätte, wie ich in Leipzig verwöhnt worden bin. Ich durfte ja alles hier spielen – vom Hamlet angefangen, Othello bis zu König Lear. Friedhelm Eberle, Schauspieler |

Friedhelm Eberle in der Hauptrolle in "Hamlet" von William Shakespeare: 1971 gab er erfolgreich den Prinzen Hamlet.
Eberles Buch erzählt auch DDR-Geschichte
Beim Thema Gastspiele in Westdeutschland weitet sich der Horizont des Buches weit hinaus über das, was man von der Autobiographie eines Schauspielers erwartet. Es wird zum deutsch-deutschen Geschichtsbuch. Geschrieben, und das macht es lesenswert, aus der Lebensperspektive eines Mannes, der sich nicht wichtig nimmt, sondern uns mit seiner ganz persönlichen Sicht auf die Dinge vertraut macht. Offen und ehrlich.
Zum Beispiel auch bei der Frage, wieso er nicht die Chance genutzt hat, im Westen zu bleiben. "Das bin ich oft gefragt worden", erzählt er. "Erstens hatte ich Familie, das war der erste Grund." Und zweitens wisse er nicht, ob ein Theater im Westen ihn so mit Rollen verwöhnt hätte, wie er in Leipzig verwöhnt worden sei. "Ich durfte ja alles hier spielen – vom Hamlet angefangen, über Othello bis zu König Lear. Auch die ganzen modernen Stücke, die dann kamen, die Perestroika-Stücke. [...] Ich glaube nicht, dass ich im Westen die Chance gehabt hätte."

Im Polizeiruf 110 spielte Friedhelm Eberle Hauptmann Wolfgang Reichenbach, Petra Hinze verkörperte Helga Reichenbach.
Karriere nach der Wende in Film und Fernsehen
Friedhelm Eberle nutze seine Chance dann auch nach der Wende. Bis 2007 war er in Leipzig fest engagiert. Er entdeckte das Musiktheater für sich, tourte mit Kurt Masur und dem Gewandhausorchester durch die Welt. Er war in Film und Fernsehen zu sehen, verfasste eigene Programme und Stücke und war auch im Rundfunk aktiv. Nun hat er das Buch seines Lebens geschrieben.
Ich könnte mir heute nicht vorstellen, einen anderen Weg gegangen sein zu wollen. Friedhelm Eberle, Schauspieler |

Eberle als Dr. Jürgen Schneider in "Der Herr der Häuser oder die Wahrheit über Dr. Jürgen Schneider" am Schauspiel Leipzig im Jahr 1998.
Alles sei immer mit der Glücksgöttin an seiner Seite geschehen, schreibt Eberle in seinem Buch – wohlwissend, dass man nicht alles selbst in der Hand hat, aber schon selbst Hand anlegen muss. "Ich könnte mir heute nicht vorstellen, einen anderen Weg gegangen sein zu wollen", so der Schauspieler. "Dem schönen Ziele zu" hat Friedhelm Eberle sein Buch genannt. Ein Zitat aus dem Sprecherziehungsbuch, das ihm ganz am Anfang seiner Karriere auf die Sprünge geholfen hat.
Informationen zum Buch
Friedhelm Eberle: "Dem schönen Ziele zu"
Autobiografie
Erscheinungsdatum: 11. April 2025
Buchvorstellung: 16. April 2025 um 20 Uhr im Schauspiel Leipzig, Eintritt frei
Verlag: Passage-Verlag
248 Seiten, gebunden, 17,50 Euro
ISBN: 978-3-95415-164-6
redaktionelle Bearbeitung: sg, lk