Luftaufnahme des leeren Campingplatzes.

Schleswig-Holstein Kleine Camping-Stellplätze in SH kämpfen gegen Campingverbot

Stand: 21.04.2025 05:00 Uhr

Seit den 1960er-Jahren säumten in jedem Sommer Zelte und Wohnwagen die privaten Grundstücke hinter dem Ostsee-Deich von Kronsgaard. Doch seit 2023 ist das Camping dort verboten.

Von Bastian Pöhls

"Meine Kinder sind hier groß geworden", sagt Eve Asmussen, während sie die alten Gehwegplatten betritt, auf denen ihr Wohnwagen elf Sommer lang stand. Von 2013 bis 2023 verbrachte sie mit ihrem Mann und den zwei Kindern hier in Kronsgaard ihre freie Zeit, jedes Jahr von April bis September. In direkter Nachbarschaft stand der Camper der Familie ihrer Schwester. Diese Ära ist nun vorbei.

Hinter dem Deich bot eine Grünfläche fünf Stellplätze für Wohnanhänger. Wer so einen Platz hatte, gab ihn so schnell nicht wieder her. Und das möchte Eve Asmussen auch jetzt noch nicht. Doch das neue Landesnaturschutzgesetz schränkt Camping auf zugelassene Flächen ein.

In einer leeren Camping Parzelle stehen Eve Asmussen und das Ehepaar Gerd und Ingrid Groth.

Eve Asmussen und das Ehepaar Gerd und Ingrid Groth haben mit ihren Familien jeden Sommer in Kronsgaard gecampt.

Gesetzesänderung blieb lange unbemerkt

Bereits 2016 untersagte die Landesregierung sogenannte Kleinstcampingplätze, also Flächen mit maximal fünf Stellplätzen für Zelte, Wohnwagen oder Wohnmobile. Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) und Umweltminister Robert Habeck (Grüne) änderten damals das Landesnaturschutzgesetz, wohl um wildes Kampieren einzudämmen und den Naturschutz zu stärken.

Die Auswirkungen dieser Änderung zeigten sich erst während der Corona-Pandemie 2020/2021. Als Campingurlaub durch Kontaktbeschränkungen immer beliebter wurde, füllten sich die Plätze, sowohl offizielle als auch inoffizielle. Die Regierungskoalition aus CDU, Grünen und FDP beschloss zunächst, Kleinstcampingplätze während der Pandemie zu dulden, das Verbot danach aber strikt durchzusetzen. Ende 2022 erfuhren die Stammcamper in Kronsgaard, dass die Saison 2023 ihre letzte sein wird.

Aufnahme von Gerd und Svenja Petersen.

Die Familie von Gerd und Svenja Petersen hat 1962 angefangen, die Fläche vor dem Wohnhaus an Campinggäste zu verpachten.

Camping seit den 1960er-Jahren

Neben dem Grundstück der Familie Asmussen befand sich ein weiterer ehemaliger Kleinstcampingplatz. Laut den Aufzeichnungen der Betreiberfamilie Petersen begann dort der Campingbetrieb 1962. Udo Petersen erinnert sich: "Es fing mit Zelten an. Da gab es zuerst eine Genehmigung für zehn Stellplätze, das wurde mit den Jahren auf fünf reduziert. Alle fünf Jahre wurde die Genehmigung verlängert. Und auf einmal war sie weg." Der Platz war nie die Haupteinnahmequelle.

Das macht man ja auch einfach, weil man mit dem Herzen dran hängt. Wir sind alle damit groß geworden und es war immer wie eine kleine Familie hier im Sommer."
— Svenja Petersen, Betreiberfamilie

Keine Ausnahmeregelung für Kronsgaard

Holger Hofmann sitzt für die Kommunale Wählergemeinschaft Kronsgaard in der Gemeindevertretung und leitet dort den Bauausschuss. Wenn die Gemeinde könnte, würde sie die Genehmigungen für Kleinstcampingplätze sofort wieder erteilen. "Wir sind auch recht enttäuscht darüber, dass das nicht mehr weitergeführt werden kann. Die Gemeinde Kronsgaard besitzt keine weiteren Campingplätze mehr, so dass das hier ein tolles Angebot war", so Hofmann. In Paragraph 37 des Landesnaturschutzgesetzes Schleswig-Holstein heißt es:

Holger Hofmann unterhält sich mit den Grundbesitzern.

Holger Hofmann, der Bauausschussvorsitzende von Kronsgaard, würde die Kleinstcampingplätze gerne wieder genehmigen.

Die Gemeinde kann außerhalb von Campingplätzen die Aufstellung und Benutzung von Zelten oder nach dem Straßenverkehrsrecht zugelassenen beweglichen Unterkünften für Gruppen von bis zu 35 Personen für einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten genehmigen."
— Landesnaturschutzgesetz Schleswig-Holstein

Camping wäre auf den Flächen in Kronsgaard also doch möglich, wenn zum Beispiel eine Jugendgruppe ein Zeltlager aufschlagen wollte. Weil Familie Asmussen und die vier weiteren Familien vom Fünfer-Platz aber keine geschlossene Reisegruppe sind, gibt es für sie keine Ausnahme. Weshalb die Bewohnerinnen und Bewohner von fünf Campingwagen die Umwelt stärker belasten sollen als eine 35 Personen starke Jugendgruppe, kann Eve Asmussen nicht verstehen. Zwei Jahre kämpft sie bereits um die Wiedereröffnung.

Es ist wirklich extrem frustrierend. Es ist wahnsinnig zeitintensiv. Ich mache das neben der Arbeit und neben zwei kleinen Kindern."
— Camperin Eve Asmussen

Gemeinde kann Bauordnung nicht ändern

Auf Anfrage teilt das Umweltministerium mit, dass Gemeinden grundsätzlich die Möglichkeit hätten, mit neuen Bebauungsplänen auch Kleinstcampingplätze zu genehmigen. Doch das habe keine Aussicht auf Erfolg, sagt Gemeindevertreter Holger Hofmann. Denn die Flächen um die es geht, liegen weniger als 150 Meter von der Ostsee entfernt. Und in diesem Küstenstreifen ist das Bauen untersagt. So steht es im Landesnaturschutzgesetz. Ein Prüfverfahren hat ergeben, dass ein neuer Bebauungsplan unter diesen Umständen höchstwahrscheinlich nicht rechtmäßig ist. Dabei wollen Verpächter und Pächter gar nichts Neues bauen, beteuern sie.

Leere Parzelle für Wohnwagen und Vorzelt.

Der Stellplatz für Wohnwagen und Vorzelt ist seit Herbst 2023 ungenutzt.

Petition im Landtag: Ausgang ungewiss

Eve Asmussen und andere Camper sowie Verpächter haben eine Petition im Landtag eingereicht, die Bewegung in die Angelegenheit bringt. Ende März war das Thema Kleinstcampingplätze Thema im Landtag. Tourismusminister Claus Ruhe Madsen (CDU) sagte im Gespräch mit NDR Schleswig-Holstein, dass zwei Herzen in seiner Brust schlagen: Einerseits wolle er mehr Touristen ins Land holen, aber das Campen außerhalb der großen Plätze dürfe aus Naturschutzgründen nicht überhandnehmen.

Mehrere Ausschüsse befassen sich aktuell damit und wollen Stellungnahmen von Sachverständigen auswerten. Ob die Entscheidung noch während der laufenden Campingsaison fällt, ist aktuell schwer vorherzusagen, heißt es aus dem Landtag in Kiel.

Dieses Thema im Programm:
Schleswig-Holstein Magazin | 21.04.2025 | 19:30 Uhr