Auf einem Handydisplay ist die Abbildung einer Handgeste zu sehen, bei der Daumen und Zeigefinger zu einem Kreis geschlossen und die restlichen Finger gerade abgespreizt werden.

Schleswig-Holstein Verdacht auf Rechtsradikale Jugendliche: Das können Eltern und Lehrer tun

Stand: 06.06.2025 14:54 Uhr

Seit 2023 suchen vermehrt Lehrer und Eltern Hilfe in regionalen Beratungszentren gegen Rechtsextremismus. Schon bei einem kleinen Verdacht sollten betroffene Erziehungsberechtigte sich an Experten wenden.

Von Jonas Salto

Ein Handzeichen, das auf den ersten Blick wie ein "alles gut" oder "ok" aussieht, ist in der rechtsradikalen Szene zum Erkennungszeichen geworden: Daumen und Zeigefinger an den Spitzen aufeinander gepresst, die drei anderen Finger gerade nach oben gestreckt. Das Symbol steht für "White Power". Strafrechtlich ist es - anders als beispielsweise der Hitler-Gruß - nicht verfolgbar.

Verunsicherung bei Lehrern und Eltern

Jugendliche posieren damit teils auf Klassenfotos und auf Party-Fotos. Sprechen Eltern und Lehrer ihre Schüler und Kinder darauf an, bekommen sie nach Angaben von Lasse von Bargen vom Beratungszentrum gegen Rechtsextremismus in Kiel oft Antworten wie:

"Das ist nur Spaß."
"Wieso? Das soll alles in Ordnung bedeuten."

"Die Kinder sind vielleicht keine strammen Nazis", sagt Lasse von Bargen. "Aber sie spielen bewusst mit der rechten Symbolik und haben keine Berührungsängste mit rechtsradikalen Gruppen und Weltanschauungen."

Einfacher Zugang zur rechten Szene durch soziale Medien

Früher mussten junge Menschen abends beispielsweise zu Treffen einer Kameradschaft gehen, um Zugang zur rechten Szene zu erhalten. Heutzutage können sie in sozialen Medien über Hashtags wie dem Adler-Emoji oder der Deutschlandfahne schnell in Kontakt treten und einer rechtsradikalen Gruppe angehören.

 im Interview.

Lasse von Bargen bekommt immer häufiger Besuch von hilfesuchenden Lehrkräften und Eltern.

"Ich habe sofort eine Gemeinsamkeit und kriege sofort ein Feedback, ständig und schnell. Das ist hoch attraktiv", erklärt Nils Stühmer vom Verein "Kieler Antigewalt und Sozialtraining", kurz KAST e.V., der Aussteigern hilft. "Ich kriege sofort ein Angebot für Idealität. Wer bin ich, zu wem gehöre ich? Gegen wen sind wir?" Social Media sei nicht dafür da, zu differenzieren, sagt Nils Stühmer. Die jungen Menschen bekämen stattdessen klare, vermeintlich einfache Antworten auf Fragen, die eigentlich gar nicht in schwarz und weiß zu beantworten sind.

Schülervertreter: "Nazi-Parolen in Schulklassen salonfähig"

"Es fehlt vielen Schülerinnen und Schülern an Medienkompetenz", sagt der Landesschülervertreter der Gemeinschaftsschulen, Thilo Rackow. "Die fallen so leicht auf Propaganda bei TikTok und YouTube rein." Schülerinnen und Schüler mit rechtsextremem Gedankengut treten laut Thilo Rackow inzwischen immer offener auf. "Hakenkreuz-Schmierereien hat es schon immer gegeben", sagt er.

Neu ist, dass einige Schülerinnen und Schüler einfach den Hitlergruß zeigen, wenn zum Beispiel die Lehrkraft ins Klassenzimmer kommt. "Das wird als Spaß versucht und so wird versucht, das zu normalisieren", sagt der Landesschülervertreter. Auch Lasse von Bargen berichtet von ähnlichen Fällen, die ihm Lehrkräfte zutragen.

Nicht zögern, professionelle Hilfe zu holen

Nils Stühmer im Interview.

Nils Stühmer hilft Aussteigerinnen und Aussteigern aus der rechten Szene.

Wenn Eltern bei ihrem Kind feststellen, dass es möglicherweise rechtsradikale Weltansichten teilt, rät Nils Stühmer dazu, eine zweite Meinung einzuholen. Erziehungsberechtigte könnten beispielsweise jemanden fragen, der das Kind auch sehr gut kennt, ob diese Person denselben Eindruck hat. Wenn das so sei, sagt Nils Stühmer: "Nicht zögern, professionelle Hilfe zu suchen. Die gibt es bei uns, bei KAST e.V., oder auch in einem regionalen Beratungsteam".

Der Ausstiegsberater sagt, man solle in solchen Fällen keine Verbote aussprechen, die man nicht auch überprüfen könne und keine vertrauenszerstörenden Maßnahmen wie heimliche Zimmerdurchsuchungen durchführen. "Eher offen, transparent vorgehen. Wir machen jetzt was. Wir machen uns Sorgen. Wir holen Unterstützung. Die ist für dich und nicht gegen dich."

Hier finden Sie Hilfe in Schleswig-Holstein:

  • KAST e.V., Neumünster, 0170/5494484 oder 0176/62435578
  • zebra – Zentrum für Betroffene rechter Angriffe e.V., Kiel, 0431/30140379
  • Regionales Beratungsteam Flensburg, 0461/48065160
  • Regionales Beratungsteam Kiel, 0431/26068-70 (-72 und -73)
  • Regionales Beratungsteam Itzehoe, 04821/7796012
  • Regionales Beratungsteam Lübeck, 0451/29690995

Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | Schleswig-Holstein Magazin | 05.06.2025 | 19:30 Uhr