
Thüringen Integration mit Zirkel und Zettel: So unterstützt ein Gothaer Projekt Kinder mit Migrationshintergrund
Ein Projekt der Diakonie in Gotha hift Kindern mit Migrationshintergrund beim Lernen: Junge Erwachsene geben den Kindern Nachhilfeunterricht. Besonders Mathe und Deutsch sind gefragt.
Hausaufgaben machen oder für die nächste Klausur lernen und dabei auch noch Spaß haben? Das funktioniert sehr gut beim Nachhilfeprojekt des Jugendmigrationsdiensts der Diakonie in Gotha.
Nachhilfe zweimal die Woche
Jeden Dienstag und Donnerstag geben hier Abiturienten Nachhilfe für 15 bis 20 Kinder mit Migrationshintergrund. Die Atmosphäre ist locker und freundschaftlich. Es wird aber auch gelernt. Vor allem die Fächer Mathe und Deutsch stehen hoch im Kurs.
Eigentlich hat es angefangen unter dem Titel 'Aufholen nach Corona'. Damals habe ich gemerkt, dass die Kinder durch das Homeoffice einige Defizite hatten und die Eltern nicht helfen konnten. Petra Ng'uni | Diakonie Gotha
Das Nachhilfeprojekt in Gotha bietet der Jugendmigrationsdienst bereits seit 2022 an. Projektarbeitern Petra Ng'uni erzählt: "Eigentlich hat es angefangen unter dem Titel 'Aufholen nach Corona'. Damals habe ich gemerkt, dass die Kinder durch das Homeoffice einige Defizite hatten und die Eltern nicht helfen konnten." Das Projekt habe direkt eine große Resonanz gehabt, sodass es bis heute weiterläuft.
Sechs junge Erwachsene geben Nachhilfe
Anfangs war geplant, dass pensionierte Lehrer die Nachhilfe geben. Dann hatte sich Ng'uni aber für junge Erwachsene ab der 10. Klasse entschieden, die selbst noch zur Schule gehen. "Das macht sehr viel aus, denn sie können sich noch besser in die Lage der Kinder hineinversetzen", sagt die Projektarbeiterin der Diakonie.
Insgesamt sechs junge Erwachsene geben den Kindern Nachhilfe. Dafür bekommen sie etwas Geld von der Diakonie. Mit dabei sind auch Jugendliche, die selbst Migrationshintergrund haben.

Samer Alabdullah (rechts) hilft bei den Englisch-Hausaufgaben.
Beispielsweise Samer Alabdullah aus Syrien. Er ist 23 Jahre alt und macht gerade sein Abitur am Wirtschaftsgymnasium. Er hilft gerne den Kindern bei den Hausaufgaben, denn er hatte es früher selbst schwer in der Schule, nachdem er nach Deutschland kam. Weil er die Sprache nicht richtig konnte, habe er anfangs auch keine guten Noten geschrieben.
"Ich habe gesehen, dass die Kinder hier genau die gleichen Umstände erleben, die ich erlebt habe. Deswegen möchte ich den Kindern helfen, diese Schwierigkeiten zu bewältigen, damit sie in Zukunft auch gut Deutsch sprechen und ihre Hausaufgaben selbst erledigen können", so der 23-Jährige.
Auch Grundschüler kommen
Eigentlich sollte die Nachhilfe erst für Kinder ab der fünften Klasse angeboten werden. Mittlerweile seien auch viele Grundschüler dabei, erzählt Petra Ng'uni. "Das hat sich so entwickelt. Die Kinder kommen ja nicht erst ab der fünften Klasse in die Schule. Es ist wichtig, dass sie von Anfang an Hilfe bekommen beispielsweise bei den Hausaufgaben. Damit das mit der Sprache und der Integration auch besser klappt", so die Projektarbeiterin.
Deswegen wird die Nachhilfe jetzt bereits für Kinder ab sieben Jahren bis circa 15 Jahren angeboten. Die meisten kämen ursprünglich aus Somalia, Eritrea, Syrien und Afghanistan, heißt es. In drei Gruppenräumen werden die Kinder aufgeteilt - je nach Alter und Wissensstand.
Rund anderthalb Stunden wird dabei geholfen, wo Hilfe benötigt wird. Egal ob beim Satzbau in Deutsch, bei Geometrie in Mathe oder beim Lernen der Sehenswürdigkeiten von London. In den Ferien gibt es zwar keine Nachhilfe, aber dafür einmal pro Woche Ferienspiele unter anderem mit kleinen Ausflügen. Für die Familien ist das Angebot kostenlos.

Junge Erwachsene ab der 10. Klasse geben den Kindern Nachhilfe. Sie bekommen von der Diakonie dafür ein Honorar. Pro Nachhilfestunde werden die Kinder in drei Gruppen eingeteilt - je nach Alter.
Auch Cyntia Vogel (16 Jahre) hilft den Kindern bei den Hausaufgaben oder beim Lernen. "Mir ist das selbst in der Schule schon aufgefallen, dass andere Schüler Hilfe brauchen. Dann habe ich eben geholfen. Es macht mir einfach Spaß zu sehen, wie sich die Kinder freuen, wenn man sie unterstützt", sagt die 16-Jährige. Vor allem bei Mathe-Aufgaben oder in Deutsch müsse unterstützt werden. Heute war Englisch sehr gefragt bei den Kindern.
Manche Kinder bringen sogar ihre Zeugnisse mit und erzählen, wie sie sich verbessert haben. Manche überlegen sogar auf das Gymnasium zu gehen. Petra Ng'uni | Diakonie Gotha
Erfolgsgeschichten gibt es auch, erzählt Petra Ng'uni. "Zum Halbjahr machen wir immer eine kleine Abschlussfeier und da frage ich oft auch nach, wie es in der Schule läuft. Manche Kinder bringen sogar ihre Zeugnisse mit und erzählen, wie sie sich verbessert haben. Manche überlegen sogar auf das Gymnasium zu gehen. Und gerade bei den Kindern, die erst sehr neu sind und noch kaum sprechen, die tauen recht schnell auf."
Noch mehr Angebote
Neben dem Nachhilfeprojekt bietet der Jugendmigrationsdienst in Gotha auch noch das Format "Mütter in Austausch" immer mittwochs an. Dabei können sich junge Mamas austauschen, deren Kinder noch nicht in einer Kita sind, erklärt die Bereichsleiterin des Jugendmigrationsdiensts, Isabelle Mühr. Montags werde zudem ein Nähcafé angeboten.
MDR (caf)