
Migrationskurs Dobrindt hat nicht aus seinen Fehlern gelernt
Kaum im Amt hat der neue Bundesinnenminister Dobrindt verschärfte Grenzkontrollen angeordnet, mit der Möglichkeit Schutzsuchende zurückzuweisen. Eine falsche Entscheidung - auf mehreren Ebenen.
Alexander Dobrindts Vorgehen ist rechtlich fragwürdig und politisch fahrlässig. So sollte ein neuer Bundesinnenminister nicht ins Amt starten. Ja, CDU und CSU haben im Wahlkampf mehr Grenzkontrollen und Zurückweisungen angekündigt, und zwar ab Tag Eins. Insofern können Innenminister Dobrindt und Bundeskanzler Friedrich Merz sagen: "Wir haben das versprochen, wir sind gewählt worden, jetzt setzen wir das um."
Nur - was markig klingt, nach "Basta!", nach "Jetzt geht’s los!" - dürfte für neue Probleme sorgen. So gibt es erhebliche rechtliche Risiken. Für die alte Bundesregierung war klar: Zurückweisungen von Asylsuchenden an den deutschen Grenzen - das geht nicht! Dazu kommen entsprechende Aussagen der EU-Kommission und Gerichtsentscheide.
Unklare Weisung an die Bundespolizei
Am Dienstag hat Dobrindt den Amtseid abgelegt und geschworen, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes zu wahren und zu verteidigen. Die rechtlichen Warnungen seiner Vorgänger - sie sollten Dobrindt zumindest zu denken geben. Das Mindeste wäre es gewesen, sich mit den vielen Juristinnen und Juristen in seinem Ministerium ausführlich zu beraten.
Doch dafür hat er sich keine Zeit genommen. Nur wenige Stunden nach seinem Einzug im Ministerium, hat Dobrindt bereits verkündet, dass ab sofort auch Schutzsuchenden die Einreise verweigert werden kann. Kann - und das ist das nächste Problem. Die Weisung an die Bundespolizei ist vage.
Letztlich liegt es, nimmt man den Bescheid beim Wort, im Ermessen der Bundespolizei, wer einreisen darf und wer nicht. Doch wie soll das in der Praxis umgesetzt werden? Was bedeutet es, wenn an einem Grenzübergang vielleicht anders verfahren wird als am nächsten? Der Verdacht drängt sich auf: Dobrindt und Merz hoffen darauf, dass es eine Weile dauern wird, bis sich Betroffene finden, die klagen. Und dann noch mal eine Weile, bis es Gerichtsentscheide gibt… und dann mal sehen.
Dobrindt erlitt schon bei Maut Bruchlandung
Alexander Dobrindt war mal Verkehrsminister. Vor vielen Jahren trieb er die Pkw-Maut voran, hörte auch damals nicht auf rechtliche Bedenken. Die Bruchlandung für Deutschland bei der Maut ist bekannt. Es wirkt so, als habe er aus dieser Lektion zu wenig gelernt.
Zu den rechtlichen Fragezeichen kommen aber auch noch politische hinzu. CDU, CSU und SPD haben im Koalitionsvertrag angekündigt, Zurückweisungen in Abstimmung mit den europäischen Partnern durchzuführen. Nur für diese Abstimmungen hat sich Dobrindt offenbar nicht die nötige Zeit genommen. Nur so ist zu erklären, wie verärgert Länder wie Polen und die Schweiz auf seine Ankündigungen reagiert haben.
Gerade angesichts der neuen US-Politik muss Deutschland, muss die neue Bundesregierung alles dafür tun, Europa zu stärken. Unsere Nachbarn gleich zu Beginn so vor den Kopf zu stoßen: Das ist politisch fahrlässig.