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marktbericht

Nächstes Rekordhoch im DAX Auf Zoll-Panik folgt Euphorie an den Börsen

Stand: 12.05.2025 13:25 Uhr

Der DAX steigt nach dem Handelsdeal zwischen den USA und China auf ein Rekordhoch. Nur wenige Wochen nach der Zoll-Panik und dem Kurssturz Anfang April hoffen Anleger nun plötzlich auf die beste aller Börsenwelten.

Die deutliche Entspannung im Zollstreit zwischen den USA und China beschert dem DAX zu Wochenbeginn ein frisches Rekordhoch. In der Spitze geht es im frühen Handel bis auf 23.912 Punkte aufwärts. Bis zur Mittagszeit bröckeln die Kursgewinne jedoch, das DAX-Plus schmilzt deutlich ab.

"Der Markt schüttelt die Zollpanik vollständig ab", kommentiert Analyst Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets das Marktgeschehen. Der zunehmende Risikoappetit der Anleger sei deutlich spürbar. Jetzt wolle niemand mehr den anrollenden Zug verpassen.

Tatsächlich dürfte die Angst, den nächsten Kursanstieg zu verpassen, ein ganz wesentlicher Treiber der Rally am deutschen Aktienmarkt sein. HSBC-Charttechnikexperte Jörg Scherer verweist zudem auf die zuletzt ausgeprägten "V-Formation" im DAX, welche ein rechnerisches Kursziel von rund 26.500 Punkten bereithalte.

Schub für den DAX kommt zu Wochenbeginn von positiven Signalen im Zollstreit. Die USA und China haben sich auf eine 90-tägige Pause sowie deutlich niedrigere Importabgaben geeinigt. US-Finanzminister Scott Bessent sagte heute in Genf, nach Verhandlungen mit China würden die gegenseitigen Zölle um mehr als 100 Prozentpunkte auf zehn Prozent gesenkt.

Ökonomen sehen darin einen wichtigen ersten Schritt zu einer Deeskalation des Handelskonflikts. Allerdings gebe es auch noch viele Unsicherheiten, zumal der Deal erst einmal nur für 90 Tage gelten soll.

Unterm Strich sinken mit dem Deal zwischen den USA und China jedoch ganz klar die globalen Rezessionsrisiken und zugleich auch die Inflationsgefahren. Das eröffnet Spielraum für weitere Zinssenkungen der großen Notenbanken dies- wie jenseits des Atlantiks.

Die Märkte steuern damit nach dem Panik-Crash Anfang April, als der DAX bis auf 18.489 Punkte abstürzte, auch für viele Marktbeobachter überraschend auf ein sogenanntes Goldlöckchen-Szenario zu aus niedrigen Zinsen, stabilem Wirtschaftswachstum und moderater Inflation zu - die beste aller Börsenwelten.

Dieses Szenario dürfte auch den großen US-Indizes ordentlich Auftrieb geben. Die Wall Street steuert auf einen positiven Handelsstart zu. Der Future auf den Leitindex Dow Jones gewinnt zur Stunde 1,1 Prozent, während es für den Nasdaq-100-Future um 2,0 Prozent nach oben geht.

Die Entspannung im Zollstreit zwischen den USA und China sorgt am Devisenmarkt für eine Dollar-Stärke. Im Gegenzug gibt der Euro kräftig nach und fällt bis auf 1,1099 Dollar. Das ist der tiefste Stand seit dem 10. April und mehr als einen Cent weniger als am Freitag.

Derweil bekommt der sichere Hafen Gold sowohl die nachlassende Risikoaversion der Anleger als auch den steigenden Dollar negativ zu spüren. Der Preis für die Feinunze Gold gibt um 1,6 Prozent auf 3.234 Dollar nach und nähert sich damit seiner zentralen Unterstützungszone bei 3.200 Dollar.

Am Rohstoffmarkt ziehen die Rohölpreise mächtig an. Die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee verteuert sich am Mittag um 3,2 Prozent auf 65,98 Dollar je Barrel (159 Liter). Dahinter steckt die Hoffnung, dass die jüngsten Entwicklungen im Handelsstreit zwischen den USA und China die Nachfrage nach Rohöl ankurbeln könnten.

Aktien aus dem Pharmasektor geraten zu Wochenbeginn schwer unter Druck wegen Sorgen um die Profitabilität im US-Geschäft. US-Präsident Donald Trump will die Preise für verschreibungspflichtige Medikamente in den USA senken und nimmt damit die ganze Branche ins Visier.

Im europäischen Handel erwischte es Sanofi und Novo Nordisk mit Abschlägen von fast sechs Prozent besonders stark. In London stehen Titel von AstraZeneca und GSK unter Druck, in Zürich trifft es Roche und Novartis. In New York wird die Pfizer-Aktie vorbörslich über zwei Prozent im Minus gehandelt.

Bessere Geschäfte mit Tierfuttereiweiß sowie fortgesetzte Sparbemühungen haben Evonik im ersten Quartal zu einem Gewinnanstieg verholfen. Zudem liefen die Geschäfte mit Produkten für die Farben- und Beschichtungsindustrie sowie mit Pharmawirkstoffen besser. Unter dem Strich blieben 233 Millionen Euro hängen nach 156 Millionen vor einem Jahr. Der Vorstand bekräftigte die Prognose.

Im SDAX springt die Aktie von Borussia Dortmund nach dem überraschenden Auswärtserfolg des BVB beim Vorjahresmeister Bayer Leverkusen um elf Prozent nach oben. Mit dem 4:2 Erfolg in Leverkusen wahrte sich der BVB die Chance, die insgesamt enttäuschende Saison mit der so wichtigen Champions-League-Teilnehme noch versöhnlich abzuschließen.

Aktien von ProSiebenSat.1 ziehen sogar um über 17 Prozent an. Der tschechische Großaktionär PPF bietet für einen Teil des Medienkonzerns 7 Euro je Aktie und will so seine Beteiligung von aktuell knapp 15 auf bis zu 29,99 Prozent etwa verdoppeln. Damit bliebe PPF knapp unter der Schwelle von 30 Prozent, ab der eine Offerte für den gesamten Konzern Pflicht wäre.

Auch für United Internet und deren Internetdienst-Tochter Ionos geht es nach oben. Zwar drückten Kosten für den Netzausbau bei der Tochter 1&1 bei United Internet das Ergebnis im Auftaktquartal, doch das Jahresumsatzziel wurde leicht angehoben.

Die Tochter Ionos wurde unterdessen aufgrund besserer Geschäfte in der kleineren Sparte AdTech rund um digitale Werbung und Domain-Handel ergebnisseitig optimistischer für das laufende Jahr.

Bei den Kölner Ford-Werken kommt es erstmals zu einem Streik. Die Protestaktion gegen einen geplanten Stellenabbau an dem Standort mit 11.500 Beschäftigten soll am Mittwochmorgen beginnen und bis zum Ende der Nachtschicht am Donnerstagmorgen dauern, wie die IG Metall mitteilte.

Der italienischen Großbank UniCredit ist während ihres Ringens um die Commerzbank ein überraschend guter Jahresstart gelungen. Nachdem das umworbene Frankfurter Geldhaus am Freitag seinen höchsten Quartalsgewinn seit 2011 verkündet hatte, gab das Mailänder Institut heute einen Quartalsüberschuss von 2,8 Milliarden Euro und damit den höchsten Gewinn seiner Geschichte bekannt.

Mexiko hat Google wegen der Umbenennung des gesamten Golfs von Mexiko in "Golf von Amerika" auf seinem Kartendienst verklagt. Google sei sogar über das Dekret zur Namensänderung von US-Präsident Donald Trump hinausgegangen, sagte die mexikanische Präsidentin Claudia Sheinbaum. Unklar blieb zunächst, ob die Klage in Mexiko oder in den USA eingereicht wurde und wann.

Mit Informationen von Angela Göpfert, ARD-Finanzredaktion.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 12. Mai 2025 um 09:00 Uhr.