
Ölpreise schnellen hoch Abwärtstrend im DAX verschärft sich
Die Furcht vor einer weiteren Eskalation im Nahen Osten lässt die Anleger bei Aktien Reißaus nehmen. Der DAX schließt über 1.400 Punkte unter seinem Rekordhoch - und auch die steigenden Ölpreise mahnen zur Vorsicht.
Die Investoren an den Finanzmärkten bleiben nervös - die Unsicherheit über die weiteren Entwicklungen im Nahen Osten ist hoch. Der deutsche Aktienmarkt ist daher auch im Feiertagshandel unter Druck geblieben.
Der DAX verabschiedete sich mit einem Minus von 1,1 Prozent bei 23.057 Punkten aus dem XETRA-Handel. Zum Vergleich: Vor gerade einmal zwei Wochen hatte der deutsche Leitindex noch bei 24.479 Zählern ein Rekordhoch markiert.
Mit dem Rutsch unter die alten Ausbruchsmarken bei 23.300/23.400 Punkten haben sich die mittelfristigen Aussichten für das deutsche Börsenbarometer nunmehr deutlich eingetrübt.
In der kurzfristigen Perspektive verheißt die Tatsache, dass der DAX nahe seines Tagestiefs aus dem Handel gegangen ist, nichts Gutes für den morgigen Handelstag. Zumal der Freitag aus statistischer Sicht geradezu prädestiniert ist für Kursverluste. Hinzu kommt: In der aktuellen geopolitischen Lage könnten einige Investoren davor zurückschrecken, übers Wochenende investiert zu bleiben.
Auf Impulse von der Weltleitbörse in New York mussten die Anleger heute verzichten. An der Wall Street fand kein Handel statt. Die USA begingen wie jedes Jahr am 19. Juni den "Juneteenth" - einen Gedenk- und Feiertag zur Erinnerung an die Befreiung der afroamerikanischen Bevölkerung der Vereinigten Staaten aus der Sklaverei.
Mit Blick auf den morgigen Handelstag bleibt die Lage an den globalen Finanzmärkten angespannt: Anleger befürchten, dass sich die USA an den israelischen Angriffen auf den Iran beteiligen könnten. Einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge bereiten sich die USA auf einen möglichen Angriff auf den Iran in den kommenden Tagen vor.
"Ein solches Szenario würde das Risiko eines größeren regionalen Konflikts erhöhen - mit Auswirkungen auf die globale Energieversorgung und wahrscheinlich auch auf das Wirtschaftswachstum", sagte Kyle Rodda von Capital.com.
Der gestrige Zins-Entscheid der US-Notenbank Federal Reserve ließ die Anleger hingegen weitgehend kalt, hatte er doch kaum Überraschungen geliefert: Die Währungshüter tasteten den Leitzins nicht an.
US-Präsident Donald Trump feuerte daraufhin eine weitere verbale Breitseite gegen den Notenbankchef ab. In einem Beitrag auf seiner Online-Plattform Truth Social teilte Trump heute mit: "Jerome Powell kostet unser Land Hunderte von Milliarden Dollar … Wir sollten 2,5 Punkte niedriger liegen." Wenige Stunden vor dem Zinsentscheid hatte Trump den Fed-Chef eine "dumme Person" genannt.
Derweil lockerte die Schweizerische Nationalbank (SNB) heute angesichts von Deflationssorgen ihre Geldpolitik erneut und senkte ihren Schlüsselsatz zum sechsten Mal in Folge. Der SNB-Leitzins liegt nun bei null Prozent. "Das Risiko ist hoch, dass die Notenbanker den Leitzins künftig noch in negatives Terrain treiben werden", betonte Brian Mandt von der Luzerner Kantonalbank.
Eine Überraschung für die Märkte hielt unterdessen die die Norwegische Notenbank parat: Sie senkte den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf 4,25 Prozent und signalisierte eine weitere Lockerung im Jahresverlauf. Viele Experten hatten eine Senkung erst für das nächste Quartal auf dem Schirm. Die norwegische Krone gab nach dem Zinsentscheid zum Euro nach.
Die Bank of England (BoE) hielt indes wie erwartet die Füße still und beließ ihren Leitzins bei 4,25 Prozent.
Die türkische Zentralbank hat ihre wichtigsten Zinssätze heute ebenfalls nicht angetastet. Sie beließ den Schlüsselsatz für kurzfristige Kredite - also Tagesgeld - bei 49,0 Prozent. Experten hatten hier mit einer Absenkung auf 47,5 Prozent gerechnet. Der Leitzins verharrte wie von Ökonomen erwartet bei 46,0 Prozent.
An den Devisenmärkten trieb die Angst vor einer weiteren Eskalation im Nahen Osten die Anleger in den Dollar. Parallel dazu fiel der Euro um 0,1 Prozent auf 1,1467 Dollar. Angesichts der rapide zunehmenden geopolitischen Spannungen kann der Dollar seinen Status als sicherer Hafen allmählich wieder zurückgewinnen.
Gold konnte von der anziehenden Risikoaversion der Anleger dagegen heute nicht profitieren. Die Feinunze Gold kostete am Abend 3.368 Dollar und damit 0,2 Prozent weniger als am Vortag. Anfang der Woche war das als sicherer Hafen beliebte Edelmetall noch bis auf 3.452 Dollar gestiegen.
Unterdessen setzten die Ölpreise ihren Anstieg fort. Der Preis für ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zog am Abend um 2,5 Prozent auf 78,64 Dollar an. Die Ölpreise hatten sich zuletzt als wichtiger Seismograf für die Ängste der Anleger mit Blick auf den Nahen Osten entwickelt. Schließlich ist der Iran unter den Mitgliedern der Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) der drittgrößte Produzent und fördert täglich etwa 3,3 Millionen Barrel Rohöl.
Im Fokus steht aber auch die Straße von Hormus - täglich passieren etwa 20 Prozent des weltweit gehandelten Öls diese Meerenge. Sollte Teheran die Straße von Hormus schließen, so würden enorme Versorgungsengpässe am Ölmarkt entstehen. Das würde die Ölpreise und damit die Inflation weltweit massiv nach oben treiben, was wiederum fatale Folgen für die Aktienmärkte hätte.
Unter den Einzelwerten im DAX war die Zalando-Aktie heute mit einem Minus von 4,4 Prozent der mit Abstand größte Kursverlierer. Für das laufende Börsenjahr liegt der Abschlag bereits bei rund 17 Prozent. Händler verweisen auf Unsicherheiten mit Blick auf die Entwicklung des privaten Konsums in Deutschland im zweiten Halbjahr.
Dagegen waren die Aktien von MTU im schwachen DAX ein Lichtblick. Papiere des Triebwerkbauers zogen nach einer Kaufempfehlung der Deutschen Bank gegen den Trend an und markierten bei 376,00 Euro ein Rekordhoch. 2025 sind sie bereits um fast 15 Prozent gestiegen. Noch bemerkenswerter war allerdings die Rally 2024 gewesen, als sich der Kurs in etwa verdoppelt hatte.
Auf der weltgrößten Luftfahrtmesse in Le Bourget bei Paris ist die große Flut an Flugzeugbestellungen ausgeblieben. Der europäische Hersteller Airbus gab von Montag bis Donnerstag zusammen mit seinen Kunden Aufträge und Vorverträge über 250 Maschinen bekannt, von denen ein paar schon vorher angekündigt oder verbucht waren. Der kriselnde Anbieter Boeing aus den USA meldete bis zuletzt keine Bestellung.
Führende deutsche Technologie-Konzerne haben sich nicht auf ein gemeinsames Konzept für eine europäische KI-Gigafabrik einigen können. Daher würden die Deutsche Telekom, der Cloudanbieter Ionos und die IT-Tochter der Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland) mit konkurrierenden Bewerbungen bei der EU antreten, berichtete der Fachdienst "Tagesspiegel Background Digitalisierung & KI".
Dividendenerhöhung treibt Deutsche Euroshop nach oben
Im SDAX verbuchten Aktien von Deutsche Euroshop ein Plus von 9,0 Prozent. Der Einkaufszentren-Betreiber will eine deutlich höhere Dividende auszahlen. Je Aktie sollen nun 2,65 Euro fließen und damit 1,65 Euro mehr als im Mai angekündigt. Die Anteilseigner sollen bei der Hauptversammlung am 27. Juni darüber abstimmen.
Auch die Medios-Aktie machte mit einem Kurssprung auf sich aufmerksam, sie schnellte um 7,3 Prozent empor. Das Spezialpharmaunternehmen will bis zu einer Million eigene Aktien zurückkaufen. Pro Anteilschein würden 12,50 Euro gezahlt, hatte das Unternehmen gestern Abend mitgeteilt.
Die auch an einer Übernahme der Commerzbank interessierte italienische Großbank Unicredit hat aus Brüssel grünes Licht für den Kauf ihrer Konkurrentin Banco BPM bekommen. Im Gegenzug muss die Unicredit in Italien 209 Bankstandorte veräußern, um Wettbewerbsbedenken auszuräumen. Ob die Unicredit an der Übernahme festhält, ist wegen des Widerstands aus der italienischen Regierung jedoch fraglich.
EuGH-Generalanwältin fordert Milliardenstrafe für Google
Im Rechtsstreit um die marktbeherrschende Stellung von Google bei Smartphones hat sich die Generalanwältin am Europäischen Gerichtshof (EuGH) der Forderung nach einer Milliardenstrafe angeschlossen. Generalanwältin Juliane Kokott empfahl in ihrer nicht bindenden Stellungnahme dem EuGH, die reduzierte EU-Kartellstrafe in Höhe von 4,1 Milliarden Euro gegen Google zu bestätigen.
Die Google-Tochter Waymo hat angekündigt, ihre Robotaxis ab Juli in New York anzubieten - einer Stadt, die für ihre Staus und chaotischen Verkehr berüchtigt ist. Die aktuellen New Yorker Regeln verbieten allerdings den Betrieb fahrerloser Fahrzeuge. Deshalb beantragte Waymo zunächst eine Genehmigung für autonome Fahrten mit Sicherheitsfahrern am Steuer.
Mit Informationen von Angela Göpfert, ARD-Finanzredaktion.