Ein Händler an der Wall Street blickt auf Bildschirme
marktbericht

Trotz Konjunktursorgen April endet versöhnlich

Stand: 30.04.2025 22:19 Uhr

Neue Daten haben die Sorgen um die US-Konjunktur wieder aufleben lassen. Dennoch hielt der Dow Jones seine Gewinnserie. Auch der DAX beendete den turbulenten April mit dem siebten Gewinntag in Folge.

Ein Mix aus schwachen Wirtschaftsdaten und enttäuschenden Quartalsberichten drohte zur Wochenmitte die Gewinnserie an der Wall Street zu beenden. Nachdem die Aktienmärkte fast den ganzen Handelstag im Minus gelegen hatten, schnellten sie in den letzten Handelsminuten nach oben. Der Dow Jones verbuchte mit einem Plus von 0,35 Prozent auf 40.669 Punkte den siebten Gewinntag in Folge. Die Monatsbilanz des Leitindex bleibt mit einem Minus von fast vier Prozent dennoch negativ.

Auch die Technologietitel sprangen im späten Handel ins Plus. Der Nasdaq 100 schloss 0,13 Prozent höher bei 19.571 Punkten. Nach Börsenschluss legten Microsoft und Meta ihre mit Spannung erwarteten Quartalszahlen vor, die nach Umsatz und Gewinn über den Erwartungen lagen.

Die US-Wirtschaft ist in den ersten Monaten der Amtszeit von US-Präsident Donald Trump überraschend geschrumpft. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sank im ersten Quartal aufs Jahr hochgerechnet um 0,3 Prozent. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten dagegen mit 0,3 Prozent Wachstum gerechnet. Im Schlussquartal 2024 hatte es noch zu einem Anstieg von 2,4 Prozent gereicht.

Auch die aktuelleren Daten deuten auf eine schwächere wirtschaftliche Entwicklung hin. So hat die Privatwirtschaft in den USA im April mit 62.000 Stellen deutlich weniger Arbeitsplätze geschaffen als erwartet. Volkswirte hatten im Schnitt einen Anstieg um 115.000 erwartet. Auch der viel beachtete Chicagoer Einkaufsmanagerindex für April fiel mit 44,6 Punkten schlechter als erwartet aus. Die Konsumausgaben für den März überraschten dagegen mit einem Plus von 0,7 Prozent positiv.

Der US-Präsident reagierte sofort. Der Abschwung der US-Wirtschaft habe nichts mit seinen Zollkriegen zu tun, beteuerte Trump in einem Beitrag in den Sozialen Medien. Der Republikaner prognostizierte vielmehr einen Aufschwung: "Wenn der Boom beginnt, wird er beispiellos sein. HABT GEDULD!!!"

"Das von Trump ausgerufene goldene Zeitalter beginnt mit einem klaren Fehlstart", kommentierte Analyst Bastian Hepperle von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. Stephan Bales von der KfW erklärte: "Die ungeschönte Bremswirkung von Trumps Wirtschaftspolitik dürfte sich ab Mitte des Jahres noch viel deutlicher zeigen."

Lange hatte es auch beim DAX so ausgesehen, als würde seine Gewinnserie reißen. Am Ende reichte es doch noch für den siebten Tag mit Kursgewinnen. Nachdem der DAX zunächst um bis zu 0,8 Prozent auf 22.607 Punkte zugelegt hatte, wurde die Erholung von den enttäuschenden US-Daten jäh unterbrochen. Im Verlauf konnte der deutsche Leitindex den Einbruch aber wieder wettmachen und gewann letztlich 0,32 Prozent auf 22.496,98 Punkte.

Vor dem 1. Mai-Feiertag, an dem die hiesigen Börsen geschlossen bleiben, während in den USA gehandelt wird, hätten sich die Anleger aber etwas zurückgehalten, sagte ein Marktteilnehmer. Aber auch die zunehmenden Spannungen zwischen Indien und Pakistan sollten Anleger im Auge behalten.

"Heute geht ein geschichtsträchtiger Börsenmonat zu Ende", unterstrich Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets. Alles habe mit einer Papptafel vor dem Weißen Haus begonnen, erinnerte der Kapitalmarktstratege an die Verkündung der "reziproken Zölle" durch US-Präsident Trump am "Tag der Befreiung".

In der Folge rauschte der DAX bis auf 18.489 Punkte abwärts. Nur drei Wochen später notiert das deutsche Börsenbarometer über 4.000 Punkte höher. Der Leitindex beschloss den Monat 1,5 Prozent höher als Ende März. Im Hoch fehlten dem DAX heute nur noch 3,8 Prozent zu seinem Rekordhoch bei 23.476 Zählern von Mitte März.

"Solch einen Börsenmonat gibt es nur zwei Mal in zehn Jahren - die letzten sind uns noch von 2008 aus der Finanzkrise und 2020 aus der Corona-Krise in Erinnerung", betonte Börsenexperte Molnar.

Steigende Konsumausgaben und Investitionen haben der deutschen Wirtschaft im ersten Quartal zu einem Mini-Wachstum verholfen. Das Bruttoinlandsprodukt legte laut einer ersten Schätzung des Statistischen Bundesamts von Januar bis März um 0,2 Prozent zum Vorquartal zu. Eine technische Rezession wurde damit verhindert.

Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer bleibt dennoch skeptisch: "Viele Unternehmen vermissen in Deutschland einen wirtschaftspolitischen Neustart, der nach der jahrelangen Erosion der Standortqualität notwendig wäre. Außerdem schadet Trumps Protektionismus der wichtigen deutschen Exportwirtschaft."

Auch die Börsenbilanz Trumps fällt bisher verheerend aus. Seit seinem Amtsantritt am 20. Januar rauschte der marktbreite US-Börsenindex um 7,3 Prozent in die Tiefe. Laut der Finanzanalysefirma CFRA Research ist dies die zweitschlechteste Bilanz während der ersten 100 Tage eines US-Präsidenten. Nur 1973 lief die Wall Street noch schlechter, als der S&P 500 zu Beginn der zweiten Amtszeit von Richard Nixon um 9,9 Prozent einbrach.

An den Devisenmärkten hat sich der Dollar trotz der schwachen US-Daten stabilisiert. Der Ausverkauf der US-Währung legte eine Pause ein, während Händler die Aussichten auf eine Verhandlungslösung im Zollstreit abwägen. Der Euro gab bis zum Abend um 0,37 Prozent auf 1,1347 Dollar nach.

Die Ölpreise setzten ihre starken Verluste vom Vortag fort. Bis zum Abend verbilligte sich die Nordseesorte Brent um 3,3 Prozent auf 61,91 Dollar je Barrel (159 Liter). Im Rückgang der Ölpreise spiegelt sich die zunehmende Erwartung einer weltweiten Konjunkturabschwächung wider, die wiederum zu einer geringeren Nachfrage nach Rohöl führen würde.

Die US-Lagerdaten stützten die Notierungen nicht. So sind die Ölreserven der USA in der vergangenen Woche stärker als erwartet gefallen. Die Rohölvorräte fielen um 2,7 Millionen auf 440,4 Millionen Barrel. Analysten hatten im Schnitt mit einem Rückgang um 0,6 Millionen Barrel gerechnet.

Der Goldpreis reduzierte sein Verluste nach Vorlage der US-Daten. Am späten Abend kostete eine Feinunze mit 3.304 Dollar 0,3 Prozent weniger als am Dienstag.

An der Nasdaq standen vor allem Aktien aus dem Trendbereich Künstliche Intelligenz (KI) im Fokus. Laut einem Medienbericht prüft die US-Regierung eine Änderung der Exportregeln für KI-Chips. Einer der Verlierer könnte der Chip-Hersteller Nvidia sein, dessen Aktie zeitweise stark unter Druck geriet.

Bekannt für KI ist auch der Rechenzentren-Ausrüster Super Micro Computer, dessen Kurs um 16 Prozent abstürzte, nachdem vorläufige Geschäftszahlen unter den Schätzungen lagen. Anleger werteten dies als Anzeichen, dass der Comeback-Plan nur schleppend vorankommt. Zeitweise war das Unternehmen mit Vorwürfen hinsichtlich der Geschäftsführung konfrontiert. Kurssprünge wegen der Entlastung im Februar waren aber nur von kurzer Dauer.

Die Rüstungskonzerne Rheinmetall und Lockheed Martin wollen gemeinsam in Europa Raketen herstellen und vermarkten. Damit bauen die beiden Unternehmen ihre bereits enge Kooperation weiter aus. Die Regierungen Deutschlands und der USA müssen den Plänen aber noch zustimmen. Rheinmetall arbeitet unter anderem beim Kampfflugzeug F-35A bereits mit dem US-Partner zusammen.

Anleger honorierten die bestätigten Jahresziele von DHL. Die Deutsche-Post-Aktie gewann 1,5 Prozent. Mögliche Auswirkungen aus Änderungen der US-Zoll- und Handelspolitik bleiben bei den Zielen allerdings ausgeklammert. Im ersten Quartal schnitten die Bonner zudem überraschend gut ab, der auf die Aktionäre entfallende Gewinn stieg um gut sechs Prozent auf 786 Millionen Euro.

Die Zalando-Aktie war der größte DAX-Verlierer. Die US-Investmentbank Morgan Stanley hat das Papier mit einem unveränderten Kursziel von 28,50 Euro von "Equal-weight" auf "Underweight" abgestuft. Seit der US-Zollflut seien die Aktien per Saldo gestiegen, obwohl die Risiken zugenommen hätten, begründet Analyst Luke Holbrook seine Neubewertung.

Volkswagen ist nach dem schwachen Vorjahr auch 2025 mit einem Gewinneinbruch gestartet. Unter dem Strich ging der Gewinn von Europas größtem Autobauer im ersten Quartal im Jahresvergleich um knapp 41 Prozent auf 2,19 Milliarden Euro zurück, wie das Unternehmen in Wolfsburg mitteilte.

Mercedes-Benz hat im ersten Quartal angesichts eines Absatzrückgangs in China einen Gewinneinbruch verzeichnet. Im ersten Quartal sackte der Gewinn des DAX-Konzerns um knapp 43 Prozent auf 1,73 Milliarden Euro ab. Wegen der unklaren US-Zollpolitik kann Mercedes zudem keinen Jahresausblick mehr geben.

Der europäische Flugzeugbauer Airbus hat im ersten Quartal 2025 operativ mehr umgesetzt und verdient. Der Umsatz stieg um sechs Prozent auf 13,5 Milliarden Euro, das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) stieg um acht Prozent auf 624 Millionen Euro, wie Airbus nach Börsenschluss mitteilte. Der Nettogewinn erhöhte sich um ein Drittel auf 793 Millionen Euro. Der französisch-deutsche Konzern bestätigte die Erwartungen für das laufende Jahr. Die Auswirkungen von Zöllen seien dabei aber ausgeklammert, betonte Airbus.

Gute Auftragszahlen gaben der Erholungsrally der Aixtron-Aktie zur Wochenmitte einen kräftigen Schub. Die Papiere des Chipausrüsters gewannen 4,3 Prozent und waren damit der größte Gewinner im MDAX. Der Analyst Veysel Taze von der Privatbank Metzler attestierte den Westfalen solide Quartalsgewinne und einen starken Auftragseingang.

Größter MDAX-Verlierer war Wacker Chemie. Eine weiterhin schwache Entwicklung im Geschäft mit Solarsilizium und eine träge Bauwirtschaft machen dem Unternehmen unverändert zu schaffen. Unter dem Strich fiel im ersten Quartal ein Verlust von 3,4 Millionen Euro an - nach einem Gewinn von 48,4 Millionen vor einem Jahr. Die Jahresziele bestätigte das Unternehmen zwar, verwies aber auch auf die Unwägbarkeiten durch die US-Handelskonflikte.

Im SDAX haussierte die Fielmann-Aktie nach der Vorlage von Geschäftszahlen mit einem Plus von über 13 Prozent. DZ-Bank-Experte Thomas Maul verwies insbesondere auf die hohe Profitabilität im Europa-Geschäft. Für das laufende Jahr geht das Unternehmen von einem fortgesetzten Wachstum aus.

Die Hamburger Container-Reederei Hapag-Lloyd hat von Januar bis März mehr Container transportiert. Gestiegene Frachtraten trugen ebenfalls zu der positiven Entwicklung bei. Deutschlands größte Container-Reederei steigerte ihren Umsatz um knapp ein Fünftel auf 5,1 Milliarden Euro. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) nahm um rund ein Viertel auf eine halbe Milliarde Euro zu. Aufgrund der Unsicherheiten über die Entwicklung des Welthandels erwartet das Management unverändert ein rückläufiges Jahresergebnis.

Apple wartet nach Worten von US-Handelsminister Howard Lutnick nur auf die Entwicklung präziser Roboter-Arme, um iPhones auch in den USA zusammenzubauen. Konzernchef Tim Cook habe ihm kürzlich gesagt, dass Apple gar nicht so viele Leute im Ausland beschäftigen wolle, sagte Lutnick in einem Interview des US-Wirtschaftssenders CNBC.

Der Verfall der Ölpreise hat TotalEnergies einen überraschend deutlichen Gewinnrückgang eingebrockt. Außerdem belaste der knapp 60-prozentige Einbruch der Margen im Raffineriegeschäft die Bilanz, teilte der französische Öl- und Gaskonzern mit. Der Grund hierfür sei Billigkonkurrenz aus Asien und Afrika. Das Nettoergebnis schrumpfte im ersten Quartal um 18 Prozent auf 4,2 Milliarden Euro.

Eine neue Version des KI-Chatbots ChatGPT ist mit einer ungewöhnlichen Begründung zurückgezogen worden: Sie war zu nett zu den Nutzern. Die erst vor wenigen Tagen herausgebrachte Variante des Modells GPT-4o habe sich übertrieben schmeichelhaft geäußert und sei auch als unterwürfig beschrieben worden, begründete die Entwicklerfirma OpenAI den Schritt.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 30. April 2025 um 09:05 Uhr.