
Gegenbewegung bei Dow & Co. Wall Street macht wieder Boden gut
Die US-Märkte haben ihre Verluste vom Vortag wieder wettgemacht, wobei robuste Firmenbilanzen halfen. Im Fokus bleibt aber die ungeklärte Rolle von Notenbankchef Powell, die für Unsicherheit sorgt.
Nach dem jüngsten Ausverkauf ging es an der Wall Street heute wieder kräftig nach oben. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte schloss bei 39.186 Punkten um 2,66 höher. Der breiter gefasste S&P 500 notierte am Ende bei 5.287 Zählern um 2,51 Prozent besser und der Index der Technologiebörse Nasdaq gewann 2,71 Prozent auf 16.300 Zähler. Auch der Auswahlindex Nasdaq 100 legte 2,63 Prozent zu.
Die jüngste Verbalattacke von US-Präsident Donald Trump auf Fed-Chef Jerome Powell hatte die führenden Börsenbarometer am Vortag deutlich belastet und um jeweils rund 2,5 Prozent ins Minus gedrückt.
Eine Erholung beim Leitindex Dow Jones war dringend notwendig, denn Ende März, vor der Zollflut des US-Präsidenten gegen praktisch die ganze Welt, hatte der Dow noch bei 42.000 Punkten notiert. Nach kurzer Zwischenerholung rückte zuletzt wieder das Monatstief leicht über 36.600 Punkten in den Fokus.
"Im Moment ist das einfach die normale Gegenbewegung nach Kursverlusten", sagte Ryan Dykmans, Chefstratege beim Investitionsberater Dunham & Associates. Doch der Experte zeigte sich vorsichtig: "Ich messe den Rückgängen ehrlich gesagt mehr Bedeutung bei als der Erholung. Es gibt nach wie vor viele offene Fragen, und das verheißt kurzfristig nichts Gutes für den Markt."
Auf Trab hielten die Börsianer etwa Sorgen über die US-Handelspolitik. Dabei sei es weiterhin ungewiss, wo sich die Zölle letztlich einpendeln würden, sagte Eric Sterner vom Vermögensverwalter Apollon.
Hinter den Kursbewegungen diesseits und jenseits des Atlantiks steckt derzeit primär die Sorge der Anleger um die Unabhängigkeit der Notenbank Federal Reserve (Fed), die ein hohes Gut darstellt und bei Investoren schon immer für viel Vertrauen sorgte.
Aber Trump gefällt der Kurs von Fed-Chef Powell und seinen Kollegen im Zinsausschuss FOMC nicht, die in Anbetracht der weiterhin erhöhten Inflation sowie der unklaren Folgen des von Trump selbst ausgelösten Zollchaos die Füße still halten. Trump forderte zuletzt von der Notenbank abermals eine Zinssenkung und bezeichnete Powell als einen "großen Loser", weil dieser die Zinsen wegen Inflationsrisiken vorerst nicht senken will.
"Der Druck von Präsident Trump auf den Fed-Chairman Powell nimmt zu", schrieb Felix-Antoine Vezina-Poirier, Marktstratege von BCA Research. Eine Ablösung Powells wäre aus rechtlicher Sicht allerdings schwierig und würde zudem die Märkte erschüttern.
"Mit der Kritik an Jerome Powell entfacht Donald Trump ein zusätzliches Feuer der Unsicherheit", sagt Thomas Altmann von QC Partners. Anleger verließen sich darauf, dass die Fed unabhängig agiere, um im Rahmen ihres Mandats die besten Entscheidungen für Vollbeschäftigung und Preisstabilität zu treffen.
In diesem Umfeld stieg der Goldpreis zuletzt erstmals in der Geschichte über die Marke von 3.500 US-Dollar. Zwar drückten Gewinnmitnahmen den Kurs heute wieder, auf Jahressicht hat sich Gold dennoch bereits um mehr als 30 Prozent verteuert.
Andererseits sähen die Fundamentaldaten an den Märkten nach wie vor sehr gut aus, wenn man über die US-Zölle hinwegsehen könne, sagte Experte Sterner. "Die Gewinne der Unternehmen sollen im ersten Quartal im Schnitt um zehn Prozent steigen. Das zeigt, dass ihre Ertragskraft weiterhin sehr robust ist."
US-Finanzminister Scott Bessent hat Medienberichten zufolge eine baldige Deeskalation im Zollstreit mit China in Aussicht gestellt. Bessent habe Investoren bei einem Treffen hinter verschlossenen Türen gesagt, dass die Zölle auf dem derzeitigen Niveau nicht haltbar seien, berichtete unter anderem der US-Sender CNBC unter Berufung auf einen Teilnehmer.
Demnach soll Bessent mit Blick auf China auch gesagt haben, dass es nicht das Ziel von US-Präsident Trump sei, sich abzuschotten. Bessent habe betont, dass die Verhandlungen noch nicht begonnen hätten, eine Einigung aber möglich sei, so der Finanznachrichtendienst Bloomberg über das Treffen in der US-Hauptstadt Washington.
Neben den ständigen Einflüssen durch die Politik der Trump-Regierung ging heute auch die Berichtssaison der Unternehmen in den USA weiter. So manches Schwergewicht legte seine Quartalszahlen vor, unter anderem der Telekom-Rivale Verizon und der Mischkonzern 3M aus dem Dow Jones, aber auch Rüstungsriese Lockheed. Meist wurden die Zahlen positiv aufgenommen, was den Markt zusätzlich stützte.
Überraschend starke Zahlen ermunterten Anleger zum Einstieg beim US-Mischkonzern 3M. Die Papiere des Herstellers von Klebeband, Post-it-Notizzetteln und Elektrowerkzeugen zogen kräftig um 8,1 Prozent an. Wegen der neuen US-Zölle kappte das Dow-Jones-Unternehmen zwar seine Jahresprognose um 20 bis 40 Cent je Aktie. Dennoch verzeichnete 3M im ersten Quartal einen Gewinn von 1,88 Dollar je Aktie, während Analysten im Schnitt von 1,77 Dollar ausgegangen waren. Auch der Umsatz übertraf trotz eines Rückgangs die Expertenprognosen.
Nach den Preiserhöhungen zum Jahreswechsel haben überraschend viele Nutzer dem US-Mobilfunkanbieter Verizon den Rücken gekehrt. Im abgelaufenen Quartal sei die Zahl der Vertragskunden um 289.000 gesunken, teilte der T-Mobile US-Konkurrent vor Börsenstart mit. Analysten hatten lediglich mit einem Minus von rund 166.000 gerechnet. Im März hatte Verizon wegen zahlreicher Rabattaktionen der Konkurrenz bereits vor einer schwachen Kundenentwicklung gewarnt.
In den vergangenen Wochen habe sich das Geschäft aber wieder erholt, betonte Verizons Privatkunden-Chef Sowmyanarayan Sampath, was die Aktie stabilisierte und ihr einen Tagesgewinn von 0,61 Prozent bescherte. Daher bekräftigte Verizon die Ziele für das Gesamtjahr: Die Firma peilt einen Anstieg des operativen Ergebnisses um zwei bis 3,5 Prozent an. Der Free Cash Flow, der als Gradmesser für die Dividendenhöhe gilt, werde 17,5 bis 18,5 Milliarden Dollar erreichen.
Aus den Depots flogen dagegen die Titel des Rüstungskonzerns Northrop Grumman. Die Papiere des Lockheed Martin-Rivalen rutschten um 12,66 Prozent ab. Der Gewinn halbierte sich im ersten Quartal auf 3,32 Dollar je Aktie, wie das Unternehmen mitteilte. Grund seien gestiegene Kosten wegen der Ausweitung der Produktion von Northrops Tarnkappenbomber B-21.
Der Kursrutsch bei Northrop drückte auch Lockheed. Die Aktie des Konkurrenten aus Maryland rückte nach überraschend starken Zahlen zeitweise um fast drei Prozent vor. Zuletzt pendelte sie sich bei einem Plus von 0,8 Prozent ein.
Tesla hat das vergangene Quartal nach einem Modellwechsel und Kontroversen um die politische Rolle von Firmenchef Elon Musk mit deutlichen Rückgängen bei Umsatz und Gewinn abgeschlossen.
Die Erlöse fielen im Jahresvergleich um neun Prozent auf gut 19,3 Milliarden Dollar. Unterm Strich brach der Gewinn im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 71 Prozent auf 409 Millionen Dollar ein. Da bereits schwächere Absatzzahlen eine schwierigere Entwicklung signalisiert hatten, reagierte die Wall Street nachbörslich gelassen.
Mit seinen Gedankenspielen über eine mögliche Ablösung von Notenbankchef Jerome Powell hat US-Präsident Trump an den Börsen der Welt eine neue Front eröffnet, die bei den ohnehin verunsicherten Anlegern für zusätzliche neue Unruhe sorgt.
Dem konnte sich heute auch der DAX lange nicht entziehen, auch wenn die Verluste nicht so hoch ausfielen wie gestern an der Wall-Street. Die US-Märkte erholten sich aber heute, so dass der DAX in deren Sog zulegte und noch den Sprung in die Gewinnzone schaffte.
Am Ende lag der DAX 0,41 Prozent höher bei 21.293 Punkten. Am vergangenen Donnerstag war der deutsche Leitindex 0,5 Prozent schwächer bei 21.205,86 Punkten aus dem Handel gegangen, hatte aber ein deutliches Wochenplus erreicht. Der MDAX der mittelgroßen Werte schloss bei 27.278 Zählern um 0,48 Prozent höher.
"An den Finanzmärkten herrscht Unsicherheit vor, auch wenn es zuletzt zu einer gewissen Stabilität gekommen ist" schreiben die Marktbeobachter der Helaba. "Das Schlagzeilenrisiko bleibt erhöht und der von Trump ausgelöste Handelskonflikt und die massiven Folgen an den Finanzmärkten stecken den Marktteilnehmern in den Knochen."
Auch am Devisenmarkt gab es heute eine Gegenbewegung. Die Gemeinschaftswährung handelte zuletzt im US-Handel bei 1,1428 Dollar deutlich schwächer, nachdem zuletzt Kurse von deutlich über 1,15 Dollar bezahlt worden waren. Insgesamt hat der Dollar aber seit den von Donald Trump angezettelten Handelskonflikten kräftig verloren, noch Anfang Januar wurden im Hoch nur 1,02 Dollar für den Euro bezahlt.
"Der Trump-Trade ist längst zum Sell-America-Trade geworden", stellt Jochen Stanzl fest, Marktexperte bei CMC Markets. "Fallen Aktien, Dollar und Staatsanleihen gleichzeitig, stimmt etwas grundlegend nicht."
Fundamentaler Gegenwind für den Euro kam von den Verbrauchern. Denn deren Stimmung im Euroraum hat sich im April überraschend stark eingetrübt. Das Barometer für das Konsumklima sank um 2,2 Zähler auf minus 16,7 Punkte, wie aus der heute veröffentlichten Umfrage der EU-Kommission hervorgeht. Das ist der niedrigste Wert seit anderthalb Jahren und der zweite Rückgang in Folge. Von Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einem Rückgang auf minus 15,5 Zähler gerechnet.
Gründe für die negative Entwicklung wurden nicht genannt. In Deutschland hatte die Angst vor steigender Arbeitslosigkeit zuletzt die Stimmung der Konsumenten belastet.
Der Internationale Währungsfonds rechnet angesichts der aggressiven Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump mit einer globalen Wachstumsflaute und senkt auch die Prognose für Deutschland. Der Fonds mit Sitz in Washington geht in diesem Jahr für die Bundesrepublik von einem Nullwachstum aus, wie aus den Daten der neuen Konjunkturprognose hervorgeht. Das sind 0,3 Prozentpunkte weniger als noch im Januar angenommen.
Der IWF hat auch seine Vorhersage für die Weltwirtschaft gesenkt. Sie soll mit 2,8 Prozent deutlich langsamer wachsen als noch im Januar prognostiziert (minus 0,5 Prozentpunkte). Die Weltwirtschaft werde auf eine "harte Probe" gestellt, schreibt IWF-Chefvolkswirt Pierre-Olivier Gourinchas mit Blick auf die Handelsstreitigkeiten. Es handle sich um eine "neue Ära", das globale Wirtschaftssystem werde neu justiert.
Geringere Kosten für den Konzernumbau haben SAP zum Jahresauftakt einen überraschend deutlichen Gewinnsprung beschert. Das wichtige Cloud-Wachstum blieb allerdings leicht hinter den Erwartungen zurück. Christian Klein, der Chef des größten europäischen Software-Konzerns, äußerte sich bei einer Pressekonferenz am Abend nach US-Börsenschluss dennoch zufrieden. "Angesichts des makroökonomischen Umfelds hat SAP sehr gut abgeschnitten." Das Walldorfer Unternehmen sei widerstandsfähiger denn je.
Das bereinigte operative Ergebnis stieg den Angaben zufolge im ersten Quartal um 58 Prozent auf 2,46 Milliarden Euro. Gleichzeitig legten die Cloud-Erlöse um 26 Prozent auf 4,99 Milliarden Euro zu. Vom Unternehmen befragte Analysten hatten mit 2,22 beziehungsweise 5,06 Milliarden Euro gerechnet.
Das Unternehmen bekräftigte außerdem seine Gesamtjahresziele. Es peilt Cloud-Umsätze zwischen 21,6 und 21,9 Milliarden Euro sowie einen Betriebsgewinn von 10,3 bis 10,6 Milliarden Euro an. Bei Investoren kamen die aktuellen Zahlen gut an. Die in den USA notierten SAP-Titel stiegen im nachbörslichen Geschäft der Wall Street um gut sechs Prozent.
Mercedes will mit mehr Infotainment und neuen Produkten in China wieder stärker Fuß fassen. "Wir werden die effizientesten und intelligentesten Autos vorstellen, die wir je gebaut haben", sagte der Vorstandsvorsitzende von Mercedes-Benz, Ola Källenius, in Shanghai. Er sprach dabei von "Supercomputern auf Rädern". China sei der wichtigste Markt für die Schwaben und wichtig für technische Neuerungen, sagte Källenius. Bei seinem Treffen mit Staats- und Parteichef Xi Jinping habe er betont, dass China und Mercedes eine "tiefe Freundschaft" verbinde.
Volkswagen erwartet mit der zunehmenden Konkurrenz großer Tech-Unternehmen auf dem chinesischen Automarkt verschärften Wettbewerb. "Das macht uns das Leben nicht leichter", sagte Volkswagen-Vorstandmitglied für China, Ralf Brandstätter, in Shanghai. VW sehe sich aber mit seinem Stand der Technik für China gegen die Konkurrenz gut aufgestellt und in der Lage, seinen Teil des Marktes zu übernehmen.
Die Volkswagen-Gruppe, zu dem auch die Marken Audi und Porsche gehören, hatte für die am Mittwoch beginnende Automessen in Shanghai eine große Produktoffensive angekündigt. Am Vorabend zeigte der Konzern fünf Weltpremieren. Drei Fahrzeuge stellt VW in Shanghai als "Showcars", also seriennahe Fahrzeuge, vor.
Darunter war ein SUV als sogenannter Range Extender, also ein Auto mit Elektroantrieb, bei dem ein Verbrennermotor die Batterie lädt und so mehr Reichweite garantiert. Daneben stellte VW ein vollelektrisches Auto vor, sowie ein Auto im sehr umkämpften Kompaktklasse, das auch preislich der chinesischen Konkurrenz die Stirn bieten soll.
Die Preise in China seien ein Problem, sagte VW-Markenchef Stefan Mecha. Die Fahrzeuge der Konkurrenz hätten alles an Technik, aber nicht zu einem realistischen Preis. Für ein realitätsnahes Bild müssten die Autos eigentlich das Doppelte kosten.
Als Folge des US-Zollkonflikts liefert der Bonner Logistikkonzern DHL ab sofort keine Pakete mehr an Privatleute in dem nordamerikanischen Staat aus, die einen Wert von mehr als 800 Dollar haben. Diese vorübergehende Maßnahme dauere voraussichtlich nur einige Tage, sagte eine Firmensprecherin. Begründet wurde dies mit den geänderten Zollbestimmungen der USA, durch die der Grenzwert für ein formelles Einfuhrverfahren von 2.500 Dollar auf 800 Dollar gesenkt worden war. Diese Regelung habe einen hohen Mehraufwand zur Verzollung verursacht.
OpenAI wäre an einer Übernahme von Googles Webbrowser Chrome interessiert, sollte der US-Konzern im laufenden Kartellverfahren zum Verkauf gezwungen werden. Der Produktchef von ChatGPT, Nick Turley, machte diese Aussage heute vor Gericht in Washington im laufenden Kartellverfahren gegen Google.
Das US-Justizministerium fordert von der Alphabet-Tochter Google weitreichende Maßnahmen zur Wiederherstellung des Wettbewerbs in der Internetsuche. Der Richter, der den Prozess in Washington beaufsichtigt, urteilte im vergangenen Jahr, dass Google ein Monopol bei der Online-Suche und der damit verbundenen Werbung hat. Das Unternehmen hat Chrome bislang nicht zum Verkauf angeboten und will gegen das Urteil in Berufung gehen.
Die beiden Schweizer Versicherer Baloise und Helvetia wollen sich zusammenschließen. Beide Verwaltungsräte stimmten für eine Fusion unter Gleichen, wie die Unternehmen am Dienstag mitteilten. Die neue Gesellschaft soll den Namen "Helvetia Baloise Holding AG" erhalten. Mit einem gemeinsamen Marktanteil von 20 Prozent in der Schweiz würde die zweitgrößte Versicherungsgruppe des Landes entstehen.