
Index im Aufwind DAX schnuppert am Rekordhoch
Neue Zollhoffnungen beflügeln den DAX, der sich nahe seines Rekordhochs aus dem März bewegt. Zudem muss die Börse zahlreiche neue Quartalsergebnisse der Unternehmen verarbeiten.
Der DAX bleibt weiter auf allerhöchstem Niveau und wird dabei von neuen Zollhoffnungen getragen. Der Index ist in der Spitze heute bis auf 23.408 Punkte gestiegen, nur knapp unter seinem Rekordhoch aus dem März bei 23.476 Punkten. Am Nachmittag steht er aber wieder etwas darunter und gewinnt noch rund 0,7 Prozent. Der MDAX legt ein Prozent zu.
Gestern war der deutsche Leitindex vor dem Zinsentscheid der US-Notenbank Federal Reserve noch 0,6 Prozent tiefer bei 23.115 Punkten aus dem Handel gegangen.
Eine Ursache für den Anstieg heute ist die Tatsache, dass sich nach den Worten von US-Präsident Donald Trump die Vereinigten Staaten mit Großbritannien auf ein Handelsabkommen geeinigt haben. Für die US-Seite ist es der erste große Deal nach Trumps weitreichender Verhängung von Strafzöllen Anfang April, was bei den Marktteilnehmern Fantasie auslöst.
"Trump rudert bei Zöllen teilweise zurück, etwa bei Autoimporten. Gleichzeitig zeigt China vorsichtige Gesprächsbereitschaft im Handelsstreit. Für den exportstarken DAX sind das durchaus positive Signale. Eine Entschärfung globaler Handelsrisiken würde sich überdurchschnittlich positiv auf deutsche Aktien auswirken", meint Maximilian Wienke, Marktanalyst bei eToro.
"Die Gespräche mit China und ein möglicher Deal mit Großbritannien, dessen Abschluss über Nacht durchsickerte, könnten den Unternehmen etwas Luft verschaffen", heißt es von den Marktbeobachtern bei Index Radar.
Neben dem Zoll-Dauerthema erreicht die Berichtssaison der Unternehmen heute auch hierzulande einen weiteren Höhepunkt. Allein aus dem DAX stehen sechs Unternehmen mit Quartalszahlen im Blick: Heidelberg Materials, Siemens Energy, Henkel, Infineon, Rheinmetall und Qiagen. Zudem müssen die Anleger eine Fülle an Zahlen von Unternehmen aus MDAX und SDAX verarbeiten.
Damit aber nicht genug, wie immer ist natürlich der gestrige Zinsentscheid der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) ein Thema. Die Notenbanker um Fed-Chef Jerome Powell hatten dabei am Vorabend den Leitzins wie erwartet in der Spanne von 4,25 bis 4,50 Prozent belassen.
Die Fed will mehr Klarheit darüber, wie sich der Zollkonflikt in den USA auswirkt. Bislang zeigten sich noch keine großen wirtschaftlichen Auswirkungen in den Daten, betonte Powell. Perspektivisch könne es zu Zinssenkungen oder auch zu einer Beibehaltung des jetzigen Niveaus kommen, je nachdem, wie sich die Wirtschaft entwickele.
Laut dem Analysten Jochen Stanzl von CMC Markets hat Powell Trump die Grenzen aufgezeigt. "Dass die Fed gestern Abend die Zinsen nicht gesenkt hat, war weder eine Überraschung noch ein Beweis von Starrköpfigkeit, sondern eine sorgfältig abgewogene Reaktion auf die aktuellen Konjunktur- und Inflationsdaten", so Stanzl. "Die Notenbank agiert nach ihrem Mandat, Preisstabilität und Vollbeschäftigung zu fördern, nicht nach politischen Launen."
Die Hoffnungen auf Zinssenkungen bleiben berechtigt, sodass der Zinsentscheid letztlich positiv aufgenommen wurde. Noch immer zeige die Zentralbank zwar keine Eile, die Zinsen zu senken, die Tür stehe aber offen, heißt es von den Fachleuten der Helaba.
Gefallen dürften den Anlagern die frischen Export- und Industriedaten. Die deutsche Wirtschaft hat ihre Produktion im März so kräftig gesteigert wie seit dreieinhalb Jahren nicht mehr. Industrie, Bau und Energieversorger stellten zusammen 3,0 Prozent mehr her als im Vormonat, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Ein stärkeres Wachstum gab es zuletzt im Oktober 2021. Außerdem sind die Exporte vor den von US-Präsident Donald Trump verkündeten Zöllen den fünften Monat in Folge gewachsen.
Alexander Krüger, Chefvolkswirt bei Hauck Aufhäuser Lampe, bleibt aber skeptisch: "Die Produktion profitiert offenbar von zollbedingten Vorzieheffekten in den USA. Der Effekt wird sich im April verkehrt haben, sodass die Produktion unter Wasser bleibt. Ein Aufwärtstrend ist weiterhin nicht erkennbar", lautet seine Einschätzung.
Der Devisenmarkt reagiert heute kaum auf die neuen Konjunkturdaten, zumal der Zinsentscheid der Fed so erwartet worden war. Der Euro handelt wenig verändert bei 1,1307 Dollar.
Am Vormittag wurde die Gemeinschaftswährung nach einigen kleinen Schwankungen zu 1,1289 Dollar gehandelt und damit geringfügig unter dem Niveau vom Vorabend. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs zuletzt auf 1,1360 Dollar festgesetzt.
Fachleute gehen mittlerweile davon aus, dass die Fed den Leitzins frühestens im Herbst antasten dürfte. Einige sehen überhaupt keine Bewegung im laufenden Jahr. Diese Perspektive stützte den Dollar gegenüber allen anderen wichtigen Währungen.
Die britische Notenbank hat derweil ihren Leitzins wie erwartet gesenkt. Der Leitzins wurde um 0,25 Prozentpunkte auf 4,25 Prozent reduziert, teilte die Bank of England heute nach ihrer geldpolitischen Sitzung in London mit. Bankvolkswirte hatten überwiegend mit dieser Entscheidung gerechnet. Es gab jedoch viele abweichende Stimmen im geldpolitischen Ausschuss. Die Zollpolitik von US-Präsident sorgt für Unsicherheit.
"Der Inflationsdruck hat weiter nachgelassen, sodass wir die Zinsen heute erneut senken konnten", kommentierte Gouverneur Andrew Bailey in einer Erklärung zu dieser Entscheidung.
"Die letzten Wochen haben gezeigt, wie unberechenbar die Weltwirtschaft sein kann. Deshalb müssen wir an einem schrittweisen und vorsichtigen Ansatz festhalten." Bailey dürfte hier auf den Handelskrieg von US-Präsident Donald Trump angespielt haben. Das Pfund, das zuletzt gegen den Dollar stark zugelegt hatte, handelt aktuell leicht höher bei 1,3337 Dollar.
Mit Gewinnen starten die US-Börsen in den Tag. Während der Leitindex Dow Jones und der marktbreite S&P 500 rund ein halbes Prozent gewinnen, steigt die Nasdaq um rund 0,8 Prozent. Hier freuen sich die Anleger, dass die Trump-Regierung die unter dem Vorgänger Joe Biden beschlossenen Einschränkungen für den Export von KI-Technologie nicht in Kraft treten lassen wird. Für KI-Schwergewichte wie Nvidia eine gute Nachricht.
Rückenwind kommt auch vom Handelsabkommen mit Großbritannien, auf das die Märkte bereist im Vorfeld spekuliert hatten. "Die Details des Abkommens werden als mögliche Vorlage für Verhandlungen mit anderen Ländern von entscheidender Bedeutung sein", sagte Rajeev De Mello, Global Macro Portfolio Manager bei Gama Asset Management gegenüber Bloomberg. "Es ist positiv für die britischen Aktienmärkte und für das Pfund Sterling und möglicherweise für andere sehr enge Freunde der USA."
Derweil gibt es beim Vortagesthema China-Entspannung keine positiveren Vorzeichen. Trump lehnt eine Reduzierung der Zölle in Höhe von 145 Prozent auf chinesische Waren vor ersten Gesprächen mit Peking an diesem Wochenende ab. Dass die beiden Handelskontrahenten überhaupt hochrangig miteinander sprechen, hatte tags zuvor nach schwachem Wochenstart wieder für Kursgewinne gesorgt.
Unter den heimischen Einzelwerten lässt Siemens Energy derweil die Krisen der vergangenen Jahre immer weiter hinter sich und ist auf Kurs für ein solides Jahr.
Im abgelaufenen Quartal, Konzernchef Christian Bruch nennt es das erfolgreichste seit der Unabhängigkeit, machte der Energietechnikkonzern 501 Millionen Euro Gewinn nach Steuern. Das ist fast das Fünffache des Wertes aus dem Vorjahreszeitraum. Zwar drückt das Sorgenkind Siemens Gamesa noch immer auf die Zahlen, doch in den Bereichen jenseits der Windkraft lief es so gut, dass Energy jüngst seine Prognose deutlich anhob.
Die Aktien von Heidelberg Materials haben setzen heute nach Quartalszahlen ihre Rally mit einem Rekordhoch fort. In der Tagesspitze markierte die Aktie des Baustoffkonzerns im DAX bei bisher 185,95 Euro ein neues Rekordhoch. Zuletzt notierten sie ihrer Bestmarke rund 4,5 Prozent höher und stehen damit an der DAX-Spitze.
Die veröffentlichten Zahlen seien klar besser als erwartet, sagte ein Händler. Analysten bezeichneten das erste Quartal ebenfalls als stark - trotz widriger Wetterbedingungen auf der Nordhalbkugel, wie die Experten von Stifel bemerkten. Der Aktienkurs sei nun aber ausgereizt, hieß es. Heidelberg Materials haben seit Jahresbeginn rund 52 Prozent gewonnen und sind damit unter den besten Werten im DAX.
Rheinmetall hat dank des Rüstungsboom im ersten Quartal unter dem Strich deutlich mehr verdient. Der Gewinn nach Steuern verdoppelte sich auf 108 Millionen Euro von 54 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum. "Wir müssen und werden liefern", erklärte Rheinmetall-Chef Armin Papperger. "Dabei erleben wir ein Wachstum, wie wir es im Konzern noch nie hatten und kommen unserem Ziel, ein globaler Defence-Champion zu werden, näher."
Rheinmetall hatte bereits Ende April auf Basis vorläufiger Zahlen ein Umsatzplus von 46 Prozent auf 2,3 Milliarden Euro verkündet. Allein im militärischen Geschäft schnellten die Erlöse um rund 73 Prozent in die Höhe. Das operative Ergebnis stieg im Konzern um 49 Prozent auf 199 Millionen Euro.
Die US-Zollpolitik und der in der Folge deutlich schwächere US-Dollar machen dem Chiphersteller Infineon einen Strich durch die Jahresrechnung. Das Unternehmen senkte für das Geschäftsjahr 2024/25 (per Ende September) seine Prognose. So dürfte der Umsatz leicht sinken, teilte Infineon mit. Zuvor war der Chiphersteller von einem stabilen bis leicht steigendem Umsatz ausgegangen. Noch zum Jahresauftakt hatte Infineon die Umsatzprognose wegen der damaligen Dollar-Stärke erhöht.
Der Konsumgüterkonzern Henkel ist auch wegen der schlechten Stimmung der Verbraucher in den USA mit einem Umsatzrückgang ins Jahr gestartet. Der Umsatz sei im ersten Quartal um 1,4 Prozent auf 5,2 Milliarden Euro geschrumpft. Seine Jahresprognose bekräftigte Henkel-Chef Carsten Knobel. Die schwache Konsumstimmung etwa in den USA laste auf dem stark in den Vereinigten Staaten vertretenen Anbieter von Marken wie Pritt, Schwarzkopf, Syoss oder Persil. Henkel erwartet indes 2025 weiter ein Umsatzwachstum zwischen 1,5 und 3,5 Prozent.
Der Labordienstleister und Diagnostikspezialist Qiagen rechnet nach einem unverhofft starken Jahresstart auch im zweiten Quartal mit Auftrieb. Nachdem der Konzern bereits im April sein Gewinnziel für dieses Jahr angehoben hat, macht Finanzchef Roland Sackers nun auch Hoffnung auf eine baldige Anpassung der Umsatzziele. In einer Videokonferenz kündigte er heute zudem "beizeiten" eine Überarbeitung der Mittelfristziele bis 2028 an - noch will das Management aber die weiteren Entwicklungen etwa rund um die Zölle abwarten.
Die Aktionäre sollen vom starken Lauf des DAX-Konzerns aber kräftig profitieren: Neben der erstmaligen Zahlung einer Dividende ist ein weiterer sogenannter synthetischer Aktienrückkauf von bis zu 500 Millionen Dollar geplant. Das Unternehmen hatte bereits am Mittwochnachmittag angekündigt, erstmals eine Dividende zahlen zu wollen und künftig jährliche Ausschüttungen zu planen. Die erste Dividende soll sich auf 25 Cent je Aktie belaufen.
An der Börse kamen die Nachrichten gut an, das Papier notiert mit rund 1,0 Prozent im Plus. Die Zahlen zum ersten Quartal seien weitestgehend im Rahmen der vor Wochen vorgelegten positiven Eckdaten ausgefallen, schrieb Jan Koch von der Deutschen Bank.
Ein geringerer Absatz bei gleichbleibenden Fixkosten hat den Solarkonzern SMA Solar zum Jahresauftakt belastet. Bei einem Umsatzrückgang auf 327,7 (Vorjahr: 361,8) Millionen Euro brach das operative Ergebnis (Ebitda) im ersten Quartal auf 24,6 (49,9) Millionen Euro um knapp die Hälfte ein.
Die Zollpläne von US-Präsident Donald Trump treffen den weltgrößten Autobauer Toyota Motor hart. Der japanische Konzern teilte mit, er erwarte für das bis März 2026 laufende Geschäftsjahr gut ein Fünftel weniger Gewinn. Stärker als von den US-Einfuhrzöllen selbst werde Toyota dabei von der neuen Schwäche des US-Dollar zum Yen getroffen, die die Margen im Exportgeschäft aufzehrt. Dass die Details der Zölle noch unklar seien, mache es noch schwieriger, mit dem Problem umzugehen, sagte Vorstandschef Koji Sato: "Ob diese Zölle dauerhaft sind und was passieren wird, ist nichts, was wir entscheiden können."
Pläne von Apple für KI-getriebene Suchfunktionen bei seinem Webbrowser Safari haben die Aktie von Google gestern deutlich ins Minus getrieben. Wie Reuters von einem Insider erfuhr, gab der hochrangige Apple-Manager Eddy Cue bei einem Kartellverfahren gegen die Google-Mutter Alphabet entsprechende Überlegungen bekannt. Zudem wolle der iPhone-Hersteller KI-Anbieter wie OpenAI und Perplexity künftig als Suchoptionen hinzufügen. Cue gab weiter bekannt, dass Suchanfragen über Safari im vergangenen Monat erstmals zurückgegangen seien.